'Er litt unter Flucht'
Vertrauter spricht über Gadafis letzte Tage in Sirte
Gadafi war laut Mansur Dhao Ibrahim bis zum Schluss immer bewaffnet, habe aber nie einen Schuss abgefeuert. Außerdem schilderte er, dass der einstige Machthaber nie verstanden habe, warum sich die Libyer gegen ihn erhoben haben.
Kontakt zur Außenwelt hatte Gadafi zum Schluss nur über sein Satellitentelefon, mit dem er TV- oder Radiosender anrief, so sein Vertrauter. Immer wieder habe Gadafi in der zerschossenen Stadt Sirte, in der er häufig die Häuser wechselte, geklagt: "Warum gibt es keinen Strom? Warum gibt es kein Wasser?"
Flucht endete in Abwasserrohren
In einem anderen Interview berichtete Mansur Dhao Ibrahim, wie die letzten Getreuen am vergangenen Donnerstag versucht haben, die Stadt in einem Konvoi zu verlassen. Gadafi soll in einem Toyota Land Cruiser gesessen sein und während der Fahrt nur wenig gesagt haben. Nach etwa einer halben Stunde hätten NATO-Kampfflugzeuge den Konvoi ausgemacht und beschossen, schilderte der Gadafi-Vertraute die Ereignisse. Er selbst wie auch Gadafi seien bei dem Angriff verwundet worden.
Da sich die Lage mehr und mehr zuspitzte, habe er versucht, gemeinsam mit Gadafi zu fliehen. Zunächst versuchten sie eine Farm zu erreichen, dann eine größere Straße und schließlich die Abwasserrohre, in denen Gadafi später gefunden wurde. Dhao Ibrahim wurde beim Fluchtversuch erneut getroffen und brach ohnmächtig zusammen. Erst im Krankenhaus ist er eigenen Angaben zufolge wieder aufgewacht.
Übergangsrat bedauert Gadafi-Tod
Unterdessen erklärte Libyens neue Führung, den Tod des langjährigen Machthabers zu bedauern. Er hätte Gadafi lieber vor Gericht gesehen, sagte der Chef der Übergangsregierung, Mahmud Jibril, dem britischen Sender BBC am Samstag. Dort hätte Gadafi erklären sollen, warum er das libysche Volk mehr als 40 Jahre unterdrückt habe.
Jibril fügte hinzu, dass die Übergangsregierung zu einer vom UNO-Menschenrechtskommissariat geforderten Untersuchung der Todesumstände bereit sei und dazu auch internationale Beobachter zulassen werde. Nach wie vor ist unklar, unter welchen Umständen Gadafi ums Leben kam.
Unterschiedliche Angaben über Todesumstände
Gadafi wurde am Donnerstag in einem Wasserrohr unter einer Straße in der Nähe seiner Heimatstadt Sirte entdeckt und lebend gefangen genommen. Nach Darstellung des Übergangsrates starb Gadafi später in einem Krankenwagen. Der Fahrer des Wagens sagte allerdings der Nachrichtenagentur Reuters, Gadafi sei bereits tot gewesen, als er den Körper in Empfang genommen habe.
Ein Sprecher des Übergangsrates erklärte daraufhin, Gadafi sei ins Kreuzfeuer seiner Anhänger und der Regierungstruppen geraten und dabei getötet worden. Dagegen behauptete ein junger Mann in einem im Internet veröffentlichten Video, Gadafi getötet zu haben.
Welche Geschichte der Wahrheit entspricht, ist derzeit nicht nachzuvollziehen. Nach einer Autopsie ist nun allerdings klar, dass Gadafi einer Schussverletzung erlegen ist, wie ein mitwirkender Arzt am Sonntag bestätigte. Die Leichen Gadafis und seines Sohnes Mutassim wurde in einem Kühlraum in der Stadt Misrata zur Schau gestellt.
Streit um Leichnam beigelegt?
Der bizarre Streit um Gadafis Leichnam scheint inzwischen ein Ende gefunden zu haben. Ursprünglich wollte der Übergangsrat die Leiche an einem geheim gehaltenen Ort in der Wüste verscharren, damit kein Wallfahrtsort entstehen kann. Dann forderte aber der Stamm Gadafis, ebenso wie seine Witwe, die Herausgabe der Leichen des ehemaligen Machthabers und seines Sohnes Mutassim.
Nun könnten beide Leichen tatsächlich an Angehörige übergeben werden. "Seine Familie kann entscheiden, wo und wann sie ihn begraben will", sagte Jibril am Samstagabend dem britischen Sender BBC. Nach islamischer Tradition werden Tote normalerweise binnen 24 Stunden beigesetzt.
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