„Krone Vorarlberg“-Autor Harald Petermichl begibt sich in der neuesten „Ach, übrigens...“-Kolumne nach Usbekistan. Genauer gesagt zur Amateurbox-Weltmeisterschaft nach Taschkent. Dort treiben sich einige Herren mit deutschen Pässen herum. Die aber nichts mit dem deutschen Boxverband zu tun haben sollen. Verwirrend!
Waren das noch Zeiten, als wegen Faustkämpfen wie „Rumble in the Jungle“ in Kinshasa (Foreman vs. Ali) oder „Thrilla in Manila“ (Ali vs. Frazier) in Quezon City (beide um 4 Uhr MEZ) sehr früh aufgestanden oder sehr spät zu Bett gegangen wurde, um den Spektakeln telemedial beiwohnen zu können. Beim Amateurboxen war das schon immer unspektakulärer, aber immerhin war es früher der Sportberichterstattung noch eine Meldung wert, wenn irgendwo eine Weltmeisterschaft ausgetragen wurde. Das ist heute ein wenig anders, denn die International Boxing Association (IBA) ist unter der Leitung ihres sinister-halbseidenen russischen Präsidenten Umar Kremlew (sic!) mittlerweile derart in Verruf geraten, dass selbst IOC-Chef Thomas Bach (und das will wirklich was heißen) darüber nachdenkt, Olympische Spiele künftig ohne Boxwettbewerbe durchzuführen. Für 2028 ist dies sogar schon beschlossene Sache.
Daher findet die derzeit ausgetragene WM im usbekischen Taschkent weitgehend im Verborgenen statt, zumal auch der eine oder andere Nationalverband davon Abstand genommen hat, sich an einem Turnier unter Federführung der zwielichtigen IBA zu beteiligen, übrigens auch der Deutsche Boxverband DBV. Und deshalb ist man bass erstaunt, in der Ergebnisliste auf einen Kampf Andrei Zaplitini (MDA) gegen Youssef Lazar (GER) zu stoßen und in der Liste der Akkreditierungen die Namen des Boxers Devrim Gökduman (GER) und des Trainers Pascal Stern (GER) zu finden. Sollte der deutsche Boxverband, wie Karl May es ausgedrückt hätte, etwa „mit gespaltener Zunge“ sprechen?
Davon könne keine Rede sein, hat der DBV umgehend verlautbaren lassen: „Wir legen Wert auf die Tatsache, dass es sich bei den Athleten und dem Trainer um eine Reisegruppe von Privatleuten mit deutschen Pässen handelt, die keinesfalls Deutschland oder unseren Verband repräsentieren“. Achsoistdas! Hochinteressant und es birgt, auf den Fußball angewendet, durchaus Potenzial für die Zukunft. Oder auch Zündstoff, ganz wie man will. Denn was spricht schon dagegen, dass sich zur FIFA-WM 2026 eine gutgelaunte Reisegruppe aus dem Villgratental (AUT) mit einem Bus von Schmidhofer Reisen auf den Weg macht, um unter Umgehung der lästigen Qualifikation zwischen Seattle und Miami für Furore zu sorgen? Immerhin gab es Vergleichbares schon 1992, als das dänische Nationalteam sonnengebräunt und leicht übergewichtig aus dem Urlaub zur EM anreisen musste und prompt den Titel holte. Da sage noch jemand, die IBA sei kein gutes Vorbild. Kannstenochwaslernen.
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