Vor Dutzenden Leichen

Wagner-Chef fordert Munition – kündigt Rückzug an

Ausland
05.05.2023 09:45

Der Chef der Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ist in einem Video, das gerade in sozialen Medien die Runde macht, ausfällig gegenüber der russischen Führung geworden. In dem Clip, der ihn vor Dutzenden seiner getöteten Söldner zeigt, fordert er Munition und erhebt schwere Vorwürfe: „Ihr Abschaum sitzt da in euren teuren Clubs, eure Kinder machen sich ein feines Leben und nehmen ihre kleinen YouTube-Videos auf! Diese Männer kamen als Freiwillige hierher, und sie sterben, damit ihr in euren Büros aus reichem Mahagoni fett werden könnt“, so der Wagner-Chef. Er will seine Drohung, seine Truppen aus Bachmut zurückzuziehen, in wenigen Tagen wahr machen und nannte dafür ein konkretes Datum.

Prigoschin ist zwar nicht gerade dafür bekannt, dass er sich ein Blatt vor den Mund nimmt, aber die deutlichen, scharfen Worte gegen die Führung in Moskau sind dann aber doch ungewöhnlich. Im Hintergrund des aktuell kursierenden Videos sieht man blutverschmierte Leichen, die laut Prigoschin alle am Donnerstag bei Kämpfen rund um Bachmut ihr Leben verloren hatten. „Das Blut ist noch immer frisch!“, erklärt der Söldner-Chef, als er auf die Toten zeigt.

„Wo ist die verdammte Munition?“, brüllt Prigoschin in die Kamera. Während sich die Eliten und ihr Nachwuchs ihr Leben genießen würden, würden seine Kämpfer fünfmal weniger Munition bekommen. Die getöteten Söldner seien als Freiwillige gekommen und würden nun dafür sterben, dass die Militärführung einen Freifahrtschein bekäme, so der Wagner-Chef. Er sieht die Schuld an hohen Sterbezahlen in seinen Reihen vor allem Verteidigungsminister Sergey Schoigu und dem ranghöchsten General des Landes, Generalstabschef Walery Gerasimov sowie den „bürokratischen Eliten“.

„Abschaum wird seine verdammten Eingeweide in der Hölle fressen
Es ist ein erneuter Höhepunkt in dem Streit zwischen dem Wagner-Chef und dem Kreml. Erst Anfang der Woche forderte Prigoschin 300 Tonnen Artilleriemunition (das entspricht etwa 6400 Schuss) täglich, um die letzten Gebiete Bachmuts einnehmen zu können. Laut einem weiteren Video auf Telegram erklärte er vor wenigen Tagen, dass für das Vorankommen um 120 Meter in der umkämpften Stadt 86 Soldaten ihr Leben verloren hätten. Insgesamt sollen Zehntausende Kämpfer auf beiden Seiten bei den Kämpfen in Bachmut gestorben sein. „Das sind die verdammten Väter von jemandem. Jemandes Söhne. Und dieser Abschaum, der [uns] die Munition nicht gibt, wird seine verdammten Eingeweide in der Hölle fressen“, so Prigoschin.

Aber auch Prigoschin selbst soll den Tod vieler seiner Soldaten mit seiner Militärtaktik in Kauf nehmen. So würden des Öfteren nur leicht bewaffnete Kämpfer in Richtung ukrainischer Stellungen geschickt werden - ohne nennenswerte Unterstützung durch gepanzerte Fahrzeuge. Damit wolle man die Stellungen des Gegners offenlegen, erleide aber andererseits hohe menschliche Verluste. Nach einem Beschuss der Stellungen könnten weitere Wagner-Kämpfer vorrücken. 

Rückzug aus Bachmut am 10. Mai
Jeder zweite Soldat der Söldnertruppe soll laut Schätzungen von Experten sein Leben am Schlachtfeld der Ukraine verlieren - stimmen diese Vermutungen, so wäre die Sterberate in der Gruppe weitaus höher als in anderen Kampfverbänden. Prigoschin sprach kürzlich von „stapelweise tausend Leichen“ pro Tag. Er drohte bereits zuvor mit dem Abzug seiner Truppen aus Bachmut, sollte sich an der Versorgungslage nichts ändern, am Freitag nannte er nun auch ein geplantes Datum für diesen Rückzug: Am 10. Mai will er diesen nun umsetzen. Das ist nur ein Tag nach den Feiern zum Sieg der Roten Armee über Nazi-Deutschland am 9. Mai. Die Feierlichkeiten in der russischen Hauptstadt schließen unter anderem eine prestigeträchtige Militärparade ein. 

Kremlsprecher: „Das haben wir natürlich in den Medien gesehen“
„Ich ziehe die Wagner-Einheiten aus Bachmut ab, denn ohne Munition sind sie dem sinnlosen Tod geweiht“, verkündete Prigoschin am Freitag auf seinem Telegram-Kanal. Er behauptete, alles bis auf 2,5 Quadratkilometer des insgesamt 45 Quadratkilometer großen Gebiets von Bachmut seien bereits erobert. „Wenn ihr uns keine Granaten gebt, bringt ihr nicht uns um den Sieg, ihr bringt das russische Volk um den Sieg.“ Er ergänzte: „Wenn Russland in Gefahr sein wird, werden wir erneut zur Verteidigung kommen.“ Kremlsprecher Dmitri Peskow gind auf die Drohung nicht besonders ein: „Wir haben das natürlich in den Medien gesehen. Aber ich kann das nicht kommentieren, weil es den Verlauf der militärischen Spezialoperation betrifft“, erklärte er.

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