Stars in Wien

Keira Knightley als “Dunkle Begierde” für Freud und Jung

Kino
09.11.2011 16:28
Wien als Wiege der Psychoanalyse: In David Cronenbergs Film "Eine dunkle Begierde" wandeln Viggo Mortensen, Michael Fassbender und Keira Knightley auf den Spuren des intellektuellen Dreigestirns Sigmund Freud, C. G. Jung und Sabina Spielrein. Ein fulminanter Ritt durch Abgründe, Versuchungen und Verrat.

Die Seele ist ein weites Land. Wer sie bereist, folgt einem inneren Kompass - und ist doch nicht davor gefeit, sich zu verirren. In der vom Fortschrittsglauben geprägten Epoche vor dem Ersten Weltkrieg machen sich Sigmund Freud und C. G. Jung an die Erforschung der dunklen Seite des Ichs und der nicht selten zerstörerischen Natur der Begierde - und verstricken sich in einem kollegialen Disput rund um Psychoanalyse und Analytische Psychologie.

An dem tiefgründig-intensiven Briefwechsel zwischen den beiden brillanten Psychiatern, die sich bald schon hinsichtlich experimenteller Behandlungsmethoden freundschaftlich austauschen, ist eine Patientenakte nicht ganz unschuldig: der Fall Sabina Spielrein, der für C. G. Jung zunehmend delikat wird, fühlt er sich doch von der als Hysterikerin eingestuften, kaum zwanzigjährigen Russin, die ihn mit wacher Intelligenz und sinnlicher Aura betört, rettungslos angezogen.

Als der knapp dreißigjährige Jung dieser dunklen Begierde nachgibt und eine leidenschaftliche Affäre mit Sabina Spielrein beginnt, gerät nicht nur seine berufliche Integrität in Schieflage, sondern auch seine Ehe - und die Verbundenheit mit Sigmund Freud. In einem Machtkampf intellektueller Eitelkeiten werden aus Kollegen erbitterte Gegenspieler.

Pikante Dreiecksbeziehung
Eine pikante Dreiecksbeziehung rund um Versuchung, Verführung und Verrat, in der bald der psychoanalytische Geist, bald sadomasochistisches Begehren Oberhand gewinnt, festgehalten in delikater Korrespondenz, die zum historischen Zeitdokument wird - und bereits in dem Theaterstück "The Talking Cure" von Christopher Hampton, das mit Ralph Fiennes in der Rolle des Jung sehr erfolgreich am National Theatre in London spielte, Gestalt annahm.

Ein Stoff, der auch den bekennenden Regie-Provokateur David Cronenberg ("Crash", "A History of Violence", "Eastern Promises") faszinieren sollte. Mit "A Dangerous Method - Eine dunkle Begierde" offeriert er uns ein von sexuellen Obsessionen durchwobenes Drama über die wechselvolle Beziehung zwischen Sigmund Freud und C. G. Jung und dessen verbotener Liebe zu einer Patientin. Ein fulminanter Ritt durch Abgründe und Ambivalenzen von Analytikerseelen, der die Götter der Psychoanalyse als Menschen zeigt, die zum Teil selbst den Zwängen unterworfen sind, welche sie analysieren.

Viggo Mortensen analysiert als Freud
Ein Fest für den geneigten Kinobesucher ist allein schon die Besetzung: Sigmund Freud wird von Viggo Mortensen ("Herr der Ringe"-Trilogie, "Eastern Promises") gespielt, den Part des C. G. Jung übernahm ein sensationeller Michael Fassbender ("Inglourious Basterds", "X-Men: Erste Entscheidung"). Keira Knightley ("Abbitte", "Stolz und Vorurteil") brilliert als die verführerische und hypersensible Sabina Spielrein. Erotisch aufgeladen jener Moment, wenn sich Jung der auf dem Bett lockenden masochistisch veranlagten Sabina, deren von patriarchaler Autorität und Erniedrigung geprägte Kindheit er in langen Gesprächstherapien freilegte, mit der Peitsche nähert, um ihr ihre dunkle Begierde auszutreiben.

Extrem fesselnd der Zugang Cronenbergs, wenn er die Koryphäen der Psychologie wie durch ein Brennglas beäugt. Regisseur Cronenberg: "Die zu heilende Sabina Spielrein - und Frau des Anstoßes -, war jemand, der stark zu den Theorien Freuds und Jungs, zwei der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts, beigetragen hat. Lange Zeit wusste das niemand, bis dann eine Reihe von Briefen gefunden wurde: ihre Korrespondenz an die beiden wie auch persönliche Tagebücher und deren Briefe an die hochbegabte Russin. Ein faszinierendes Dreigestirn, das von der intimen Dynamik seiner Verflechtungen profitierte!"

Dreh in den Belvedere-Gärten
Viel Zeitkolorit, die exquisite Ausstattung und die Dreharbeiten an Wiener Originalschauplätzen machen Cronenbergs filmisches Historiengemälde zu einem veritablen Schauvergnügen. So wurde etwa in Freuds Wohnhaus, dem heutigen Freud-Museum in der Berggasse 19, oder in den Gärten des Schlosses Belvedere gedreht. Ja, sogar Freuds original Schreibtischstuhl kam als Requisite zum Einsatz. Stimmige Außenaufnahmen am Bodensee doubelten den Zürichsee, an dessen Gestaden C. G. Jung gearbeitet hatte.

Es ist letztlich Sabina Spielrein, die aus der befruchtenden Dreiecksbeziehung als Gewinnerin hervorgeht. Als Jung sie verlässt, spielt sie ihn gegen den "Konkurrenten" Freud aus, studiert bei diesem, vervollständigt ihr Wissen. Sie wird zu einer der ersten weiblichen Psychoanalytiker überhaupt, und in der Folge zu einer Pionierin auf dem Gebiet der Kinderpsychologie. Ein letztes Treffen Spielreins mit Jung gerät zur bittersüßen Bestandsaufnahme zweier Menschen, die wissen, dass große Seelen schwer zu durchschauen, zu durchmessen sind.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele