Wirbel in Italien:
„Bevölkerungslücke nicht mit Ausländern füllen“
Der Schwager der italienischen Ministerpräsidentin, der als Agrarminister in der Regierung sitzt, hat mit Aussagen zum Geburtenrückgang im Mittelmeerland für große Empörung gesorgt. Francesco Lollobrigida warnte davor, Migration als Lösung für die demografischen Probleme Italiens zu betrachten, und sprach von einem „Bevölkerungsaustausch“.
Italien verzeichnet die niedrigste Zahl an Geburten seit dem Jahr 1861. Wie das nationale Statistikinstitut (Istat) mitteilte, zählte das EU-Mitglied am 1. Jänner 2023 rund 58,851 Millionen Einwohner, 179.000 weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Todesfälle betrug 713.000, die der Geburten 393.000, ein neuer historischer Tiefstand, erklärte Istat. Im Jahr 2022 sei die Zahl der Geburten zum ersten Mal seit der Einheit Italiens im Jahr 1861 unter 400.000 gesunken, teilte die Behörde weiter mit.
Diese Entwicklung hat natürlich negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Pensionssystem. Lollobrigida erklärte am Dienstag bei einem Gewerkschaftertreffen in Rom: „Der Weg besteht darin, ein Wohlfahrtssystem aufzubauen, das es den Menschen ermöglicht, zu arbeiten und Familien zu gründen. Wir dürfen nicht der Idee des ethnischen Ersatzes nachgeben: Die Italiener bekommen weniger Kinder, also ersetzen wir sie durch Ausländer.“ Das sei nicht der richtige Weg, so der Spitzenpolitiker der postfaschistischen Regierungspartei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens).
Opposition entsetzt: „Die Worte sind ekelhaft“
Die Opposition zeigte sich fassungslos: „Die Worte von Minister Lollobrigida sind ekelhaft, sie sind inakzeptabel für jemanden in seiner Position. Sie versetzen uns zurück in die 1930er-Jahre, es sind Worte, die den Beigeschmack von weißem Suprematismus haben. Ich hoffe, dass Meloni und die Regierung sich von diesen Äußerungen distanzieren werden“, protestierte Oppositionschefin Elly Schlein.
Der sozialdemokratische Senator Filippo Sensi kommentierte auf Twitter: „Ein Minister, der zu dem ernsten und zentralen Thema des Geburtenrückgangs die Pseudo-Doktrin der ethnischen Substitution beschwört, ist seines Amtes nicht würdig. Ich glaube, mehr gibt es nicht zu sagen. Ich schäme mich für ihn.“
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