Was heißt „A.E.I.O.U“?

Historisches Rätsel wurde nach 500 Jahren gelöst

Steiermark
30.03.2023 10:21

Im gesamten Gebiet des ehemaligen Habsburgerreiches prangt das Kürzel „A.E.I.O.U.“ auf unzähligen Gebäuden. Doch wofür stehen diese Buchstaben eigentlich? Seit Jahrhunderten haben Forscher dazu die unterschiedlichsten Theorien entwickelt. Doch nun scheint das Rätsel über das Kürzel, das seinen Ursprung in Graz hat, gelöst.

Der deutsche Historiker Konstantin Moritz Langmaier präsentierte Mittwochabend in Graz die Ergebnisse seiner neuesten Forschungen zu „A.E.I.O.U.“, mit denen er nach 500 Jahren ein historisches Rätsel wohl endgültig gelöst haben dürfte. 

Die Vorgeschichte
Als der spätere Kaiser Friedrich III. (1415 - 1493) im Jahre 1424 als Kind die Herzogswürde der Steiermark, Kärntens und Krains erbte, war noch nicht absehbar, dass er später zum römisch-deutschen König mit der längsten Regierungszeit (1440 - 1493) und zum letzten in Rom gekrönten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden würde.

Bereits in seiner Zeit als steirischer Herzog, der in der Grazer Burg residierte, begann Friedrich, die Buchstabenfolge „A.E.I.O.U.“ zu verwenden - der Schriftzug wurde erstmals für 1437 nachgewiesen, bis heute prangen diese Buchstaben nicht nur auf der Grazer Burg und dem Grazer Dom, sondern zieren von Triest bis Wien viele historische Gebäude in ehemals habsburgisch beherrschten Gebieten Mitteleuropas.

Was steckt dahinter?
Die Frage, was mit „A.E.I.O.U.“ gemeint ist, ist fast so alt wie dessen Verwendung durch Friedrich III. selbst. Von „Austria erit in orbe ultima“ über „Alles Erdreich ist Österreich untertan“ bis zum sarkastisch-fatalistischen „Aller erst ist Österreich verloren“ sind über die Jahrhunderte rund 300 bekannte Interpretationen entstanden, Generationen von Historikern haben zum Ursprung geforscht.

Als Lösung des historischen Rätsels greift Langmaier auf eine der ältesten, allerdings wenig bekannte überlieferte Variante zurück. „A.E.I.O.U.“ steht demnach für „Amor Electis Iniustis Ordinor Ultor“. Die Wortfolge, die zu Deutsch in etwa „Geliebt von den Erwählten, gefürchtet von den Ungerechten“ lautet, ist in zeitgenössischen Schriftstücken von und über Friedrich III. zu finden: „En, amor electis, iniustis ordinor ultor; Sic Fridericus ego mea iura rego.“

Der steirische Herzog Friedrich verwendet diesen Satz - auf Deutsch „Seht, ich bin geliebt von den Erwählten, ich bin gefürchtet von den Ungerechten, also regiere ich, Friedrich, rechtmäßig“ - demnach bereits in jungen Jahren zur Herrschaftslegitimation. Mit seinem - durch unerwartete Todesfälle in anderen Familienzweigen der Habsburger begünstigten - Aufstieg zum Senior des gesamten „Hauses Österreich“ und in weiterer Folge zum langjährigen Oberhaupt des Reiches fand das „A.E.I.O.U.“ des steirischen Herzogs Verbreitung weit über Friedrichs anfängliches Herrschaftsgebiet hinaus.

Lösung war eigentlich schon lange bekannt
Dass diese Deutung des „A.E.I.O.U.“ bisher in der historischen Forschung zwar bekannt war, aber nicht zu den „Favoriten“ zählte, hat auch mit der Geschichtswissenschaft selbst zu tun: Alfons Lhotsky, Doyen der österreichischen Mittelalterforschung im 20. Jahrundert, hat in seinen Arbeiten zum „A.E.I.O.U.“ dieses sogenannte „En-amor-Distichon“ als eine Erfindung des mährischen Notars Nikolaus Petschacher, eines vermeintlichen Rates von Kaiser Friedrich III., qualifiziert.

„Langmaier weist nun durch seine Forschungen schlüssig nach, dass es sich bei Lhotskys Erkenntnis um einen Forschungsirrtum handelte“, betont Landesarchivdirektor Gernot Peter Obersteiner. Damit und durch den Nachweis, dass die En-amor-Wortfolge bereits ab 1437 in Handschriften von Herzog Friedrich selbst genutzt wurde, lege Langmaier eine überzeugende These vor. „Die Erkenntnisse sind für die A.E.I.O.U.-Forschung bahnbrechend. Langmaier schlägt keine neue, bisher völlig unbekannte Interpretation vor, sondern weist stringent nach, dass das En-amor-Distichon lange Zeit zwar als zeitgenössisch wahrgenommen, aber zu Unrecht als externe Zuschreibung fehlinterpretiert wurde“, unterstreicht Obersteiner.

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