zu wenig lehrer

Klassenzimmer kämpfen mit vielen Baustellen

Burgenland
28.03.2023 18:58

Gut ausgebildete Lehrer, die eine gute Ausbildung und eine individuelle Förderung der Schüler gewährleisten - so sieht für viele die Idealvorstellung von Schule aus. Von der Realität ist dies jedoch oft weit entfernt.

In den Klassenzimmern stehen mittlerweile immer öfter noch nicht fertig ausgebildete Lehramtsstudenten oder Quereinsteiger. 4,4 Prozent beträgt der Anteil jener, die österreichweit unterrichten, obwohl sie noch keinen entsprechenden Abschluss haben. Im Burgenland ist der Anteil deutlich höher, wie Christoph Windisch, Vorsitzender Zentralausschuss Pflichtschullehrer, erklärt. Rund 20 Prozent aller neu angestellten Lehrer im Burgenland in den vergangenen zwei Jahren hätten ohne Abschluss zu unterrichten begonnen, so Windisch.

Bankmanager als Mathe-Lehrer
Österreichweit gesehen handelt es sich vor allem um Quereinsteiger. Das sind Personen, die ein facheinschlägiges Studium abgeschlossen und Berufserfahrung haben. Ein Dolmetscher kann beispielsweise als Englischlehrer anfangen, ein Lektor kann Deutsch unterrichten, ein Qualitätsmanager im Bankbereich Mathematiklehrer werden. Sie müssen nur innerhalb von fünf Jahren einen eigens geschaffenen Hochschullehrgang absolvieren.

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Es braucht dringend Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Schulen über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen, um Schülern die bestmögliche Bildung und Unterstützung zu bieten.

Christoph Windisch, Vorsitzender Zentralausschuss

Gesuchte Fächer: Physik, Chemie, Musik
Windisch will diesen angehenden Lehrern keineswegs die Befähigung absprechen, sieht allerdings kritisch, dass nicht voll ausgebildete Kräfte die Schüler unterrichten, um personelle Lücken zu stopfen. „Es reicht nicht, einfach jemanden in die Klasse zu stellen. Es muss ausgebildetes Personal sein“, so Windisch. Doch es fehlt an Personal. Besonders in den Mittelschulen sei der Bedarf hoch. Es brauche Chemiker, Mathematiker, Musiklehrer und Physiker. Doch der Beruf des Lehrers habe an Attraktivität verloren.

Viel Bürokratie, kein Sekretariat
Zusätzlich steigt die Bürokratie, mit der sich die Bildungseinrichtungen herumschlagen müssen. Die administrativen Tätigkeiten würden viel Zeit verschlingen. Im Pflichtschulbereich hätten die meisten Einrichtungen jedoch kein Sekretariat, die Arbeit bleibt vor allem bei den Schulleitern hängen. „Wir wissen von Schulleitern, die ihre Funktion zurücklegen und nur mehr Lehrer sein wollen, weil sie sonst ausbrennen würden“, sagt Windisch. Hinzu komme, dass es neben dem Unterricht oft noch Dutzende Nebenprojekte zu bewältigen gebe, so Manuel Sulyok, Vorsitzender Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Das reiche vom Wandertag über Kinderpolizei, Girls Day bis hin zu verschiedenen Gütesiegeln, die erfüllt werden müssen.

Mehr Personal, mehr Sozialarbeiter
Für Windisch und Sulyok ist klar, dass es dringend Maßnahmen von der Politik braucht, um wieder mehr Menschen für den Beruf Lehrer zu begeistern. Dabei gehe es aber nicht um mehr Geld, sondern um Entlastung. Das bedeute etwa die Bereitstellung von Fachpersonal, das sich um die administrativen Aufgaben kümmert, aber auch mehr Schulsozialarbeiter. Derzeit gebe es landesweit lediglich acht solcher Sozialarbeiter, so Sulyok. Doch die Zahl der Verhaltensauffälligkeiten bei den Schülern würden steigen. Wichtig sei auch eine Doppelbesetzung in der Schuleingangsphase, sprich in den ersten und zweiten Klassen Volksschule.

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Wir fordern Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen auf, mehr Ressourcen für die Bildung bereitzustellen, um zu gewährleisten, dass Schulen in der Lage sind, qualifizierte Fachkräfte einzustellen und zu halten.

Manuel Sulyok, Vorsitzender der GÖD Burgenland

Noch unterrichten keine Quereinsteiger
Seitens der Bildungsdirektion heißt es auf Nachfrage, dass im Burgenland derzeit 11 Quereinsteiger gemeldet worden sind. Keiner davon sei aber bis dato im Schuldienst tätig. Auch der Anteil der Lehrer ohne Abschluss wird relativiert. Die genannten 20 Prozent würden sich nur das Schuljahr 2022/23 betreffen. Bezogen auf die insgesamt 2513 Landeslehrer liege die Quote hingegen deutlich unter einem Prozent. Betont wird auch, dass keine Klasse ohne Lehrer ist. Man greife vermehrt auf Studierende zurück, weil Nachbesetzungen mit erfahrenem Personal unterjährig sehr schwierig seien. Es würden aber nur angehende Lehrer im fortgeschrittenen Studium herangezogen.

Pensionswelle steht bevor
Der Blick in die Zukunft bereitet jedenfalls Sorgen: Die Situation um den befürchteten Lehrermangel werde sich in den kommenden Jahren zuspitzen, heißt es aus der Bildungsdirektion. Laut Sulyok steht nicht nur bei den Lehrern, sondern auch bei der Pflege, der Polizei, der Landesverwaltung stehe eine Pensionierungswelle bevor. In den nächsten zehn Jahren würden 60 Prozent aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Pension gehen, meint der Gewerkschafter.

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