Es ist der vorläufige juristische Schlusspunkt in einer bewegenden Causa. Weil er im Mai des Vorjahres ein Mädchen (1) mit seinem Kleintransporter überrollt hatte, stand ein Postbediensteter (57) am Donnerstag in Hallein (Salzburg) vor Gericht. Das Kleinkind erlag seinen schweren Verletzungen. Der sichtlich mitgenommene Angeklagte fasste eine Geldstrafe in der Höhe von 4510 Euro aus.
„In Millionen von Fällen gehen solche Situation gut aus. In diesem Fall ist der maximale Schaden eingetreten“, folgerte der Richter am Ende der kurzen Verhandlung, in der keine Zeugen zu Wort kamen. Den Tennengauer Postzusteller verurteilte er wegen der fahrlässigen Tötung des knapp zweijährigen Mädchens zu einer Geldstrafe von 110 Tagessätzen in der Höhe von 41 Euro.
„Auf einmal hörte ich einen ,Tuscher‘“
Was war passiert? Der 57-Jährige steuerte am 3. Mai 2022 gegen 8.20 Uhr sein Zustellfahrzeug an den Straßenrand einer Gemeindestraße in Annaberg (Tennengau/Salzburg). Dort standen die Brüder (9 u. 4 Jahre alt) des späteren Opfers. „Das Mädchen stand an der Schwelle zum Haus und drehte mir den Rücken zu“, erinnerte sich der sichtlich bewegte Angeklagte zurück. „Dann habe ich in eine Kiste auf der Beifahrerseite gegriffen und den beiden Kindern die Post gegeben. Das mache ich öfter so“, erzählte der Postbedienstete weiter. Nach einem kurzen Gespräch schloss er demnach das Fenster, schaute sich um und fuhr los. Den Tränen nahe gab er weiter zu Protokoll: „Auf einmal hörte ich einen ,Tuscher'. Ich blieb stehen und schaute in den Spiegel. Dann lag die Kleine da.“
Kann mir nur vorstellen, dass sie (das getötete Mädchen, Anm. d. Red.)I in der Zeit als ich mit den anderen Kindern gesprochen habe, vorbeigelaufen ist.
Der Angeklagte vor Gericht
Mädchen war auf der Stelle tot
Rettungsdienst und Notarzt konnten dem Kleinkind nicht mehr helfen. Der rechte Vorderreifen des Kleintransporters hatte den Kopf des Mädchens überrollt. Sachverständiger Gerhard Kronreif kam zum Schluss: Der Mann konnte das Kind vom Fahrersitz aus nicht sehen.
Angeklagter dachte, das Mädchen wäre ins Haus gegangen
Auf die Frage, warum der Angeklagte nicht ausgestiegen sei um nachzuschauen, antwortete dieser: „Ich dachte, sie sei ins Haus gegangen. Wenn ich vermutet hätte, dass sie vor dem Auto sein könnte, wäre ich nicht losgefahren.“ Tatsächlich dürfte sich das Kind aber in einem unbeobachteten Moment vom Haus mit einem Bobycar in den toten Winkel des Lieferfahrzeugs bewegt haben.
Freispruch gefordert
Rechtsanwalt Lukas Kofler forderte einen Freispruch: „Es wäre eine Überdehnung des Sorgfaltsmaßstabs, wenn man davon ausgeht, dass ein maßgerechter Durchschnittsmensch in so einer Situation aussteigen würde, bevor er anfährt.“ Am Schluss beteuerte der Angeklagte, der sich nicht schuldig bekannte: „Ich kann nur sagen, dass mir die ganze Sache unendlich leid tut.“
Hinsichtlich des Sachverhaltes gibt es nicht viel zu sagen. Ein Verstoß gegen Sorgfaltspflicht ist meiner Meinung nach nicht zu sehen. Mein Mandant bereut die Situation zu tief. Seit dem Vorfall steht er im regen Austausch mit der Familie.
Verteidiger Lukas Kofler in der Verhandlung
Mildes Urteil wegen fahrlässiger Tötung
Der Richter fällte ein mildes Urteil. Die Geldstrafe beträgt ein Sechstel des möglichen Strafrahmens. „Ich glaube aber, dass der Unfall vermeidbar gewesen und ihnen das zumutbar gewesen wäre“, begründete er den Schuldspruch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Haftplichtversicherung hat mittlerweile 50.000 Euro an die Eltern des Opfers bezahlt.
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