Wien wird teurer

Häupl im “Krone”-Interview: “Ja, das tut schon weh”

Österreich
27.08.2011 18:57
Für die Arbeit der Bundesregierung hat Michael Häupl aus seinem Urlaub - sehr zarte - Kritik mitgebracht: "Im Herbst erwarten sich die Menschen schon ein größeres Ausmaß an Dynamik." Bei der Bildungspolitik fehlt dem Wiener Bürgermeister ein schlüssiges Konzept. Zwar verteidigt er die Erhöhung des Wasserpreises, versteht aber auch die Verärgerung. Und er hält wenig von den Migrations-Ideen seiner jungen Roten.

"Krone": Herr Bürgermeister - soeben vom Urlaub zurück und gleich mitten in einer heißen Debatte über den Wasserpreis. War der Zeitpunkt für diese 33-prozentige Erhöhung bei Rezessions-Ängsten und Eurokrise wirklich optimal gewählt?
Michael Häupl: Also man soll die Wirtschaft nicht totreden: Die Wirtschaftsleistungen der großen Staaten sind doch durchaus gut. Aber ganz unabhängig davon: Preiserhöhungen sind grundsätzlich immer unangenehm. Da gibt's keinen guten Zeitpunkt. Bei der Höhe der jetzigen Inflationsrate tut's natürlich weh.

"Krone": Aber musste der Wasserpreis tatsächlich so stark erhöht werden?
Häupl: Wir haben vor vier Jahren dieses Anpassungsgesetz beschlossen. Das haben übrigens auch eine Reihe anderer Länder. Wir haben zuvor den Wasserpreis seit 17 Jahren nicht erhöht.

"Krone": Trotzdem: Ist die Verteuerung des Wassers nicht zu massiv ausgefallen?
Häupl: Für eine vierköpfige Familie verteuert sich der Wasserverbrauch um acht Euro pro Monat, das ist die reale Belastung. Aber so etwas macht man ja nicht mit Freude. Das tut schon weh.

"Krone": Und war das wirklich o. k., wie die zuständigen Stadträtinnen Renate Brauner und Ulli Sima die Preiserhöhungen präsentiert haben?
Häupl: Das will ich nicht qualifizieren. Auch ich hatte als Stadtrat solche Verantwortungen zu tragen - das war immer unangenehm. Aber sicher niemand macht das aus Jux und Tollerei, sondern allein deshalb, weil die Versorgungssicherheit passen muss.

"Krone": Als Gedankenspiel: Wenn die schwarz-blaue Regierung 2006 eine 33-prozentige Preiserhöhung durchgesetzt hätte, wie wär da die Reaktion der SPÖ ausgefallen?
Häupl:(lacht) Ich erwarte mir dafür ja nicht Beifall und Lob. Selbstverständlich auch nicht von Ihnen. Mir wär's doch auch viel lieber, wenn wir das nicht machen müssten. Die gute Wasserversorgung ist aber ein Teil der Lebensqualität.

"Krone": Und wird's in Wien heuer noch weitere Verteuerungen geben?
Häupl: Das weiß ich zur Stunde nicht. Die wesentlichen Gebühren sind aber ohnehin schon abgehandelt.

"Krone": Andererseits waren doch auch Verbilligungen geplant: Ist die Öffi-Jahreskarte um 365 Euro bereits fix für 2012?
Häupl: Dazu sind die Verhandlungen zwischen den Regierungspartnern mittlerweile so weit gediehen, dass dieses Thema zur Chefsache geworden ist. Was ich deshalb besonders liebe, weil wir ja keine rein ökonomische, sondern auch eine politische Entscheidung treffen.

"Krone": Und ist die Annahme, dass die Jahreskarte künftig 365 Euro kosten wird, gänzlich absurd?
Häupl: Absurd ist gar nix. Aber man muss alles komplett durchdenken. Sicher ist jedenfalls, dass wir mit unseren grünen Freunden ein gemeinsames gutes Ergebnis erzielen werden.

"Krone": Apropos gemeinsam: Wie sehen Sie den Vorschlag der Vorsitzenden der Jungen Generation, Tina Tauß, die sich eine "positive Diskrimierung" wünscht? Dass bei gleicher Qualifikation Migranten gegenüber Österreichern bei der Aufnahme im öffentlichen Dienst - also auch im Magistrat - bevorzugt werden.
Häupl: Prinzipiell bin ich gegen jede Diskriminierung. Was wir brauchen: die besten Leute. Es gibt natürlich Bereiche, bei denen es viel Sinn macht, dass es eine gewisse Durchmischung gibt. Etwa bei der Polizei. Aber alles über einen Kamm zu scheren - davon halte ich sicher nichts.

"Krone": Um noch bei den "jungen Roten" zu bleiben: Sie kritisieren auch die Entpolitisierung der Gesellschaft, der Parteien und auch der SPÖ.
Häupl: Ja, stimmt. Ich habe bei mehreren Parteitagsreden darauf hingewiesen, dass wir eine gemeinsame große Aufgabe haben: nämlich die Repolitisierung der Politik. Etwa, dass die Politik wieder die Herrschaft über die Ökonomie erlangen muss - und nicht länger die Ratingagenturen den Ton angeben. Oder dass man aus der Europäischen Union wieder mehr eine Sozial- und keine Kapital-Union machen sollte. Das ist ja der Hauptgrund dafür, warum ich ebenso wie Bundeskanzler Faymann der Meinung bin, dass eine gemeinsame europäische Wirtschafts-Regierung falsch wäre - also das heißt, dass ich klar dagegen bin. Und: Den Menschen - oft den Jungen - fehlen Partizipationsmodelle. So sollen Anrainer verstärkt bei der Gestaltung ihrer unmittelbaren Umgebung mitreden können. Zum Beispiel bei der Gestaltung der Parks.

"Krone": Und jetzt nach der Sommerpause der Politik - was würden Sie denn den Mitgliedern der Bundesregierung für den kommenden Herbst raten?
Häupl: Also wünschen würde ich mir, dass all das, was da so hoffnungsvoll bei der Regierungsklausur am Semmering begonnen hat, nun auch umgesetzt wird. Die Leute wollen jetzt Ergebnisse sehen. Und meine Präferenzen liegen vor allem bei der Bildungspolitik: Das ist unsere Zukunft. Wir haben in Österreich eine sehr wissensbasierte Ökonomie, da braucht's gut ausgebildete Mitarbeiter. Das geht dann nicht, dass wir uns wechselseitig behindern bei der Frage der Ausbildung der 10- bis 14-Jährigen. Und da geht's auch nicht um einen klassischen politischen Kompromiss. Wir brauchen ein stringentes Konzept: Wie sieht die Zukunft unserer Kinder aus? Und es gibt ja tatsächlich auch Fortschritte. Aber es stimmt: Die Menschen erwarten sich von der Bundesregierung schon ein deutlich größeres Ausmaß an Dynamik.

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