Im Alter von 96 Jahren

Dieser große Komponist hat uns für immer verlassen

Österreich
14.02.2023 11:36

Der große österreichische Komponist Friedrich Cerha ist am Dienstag in einem Wiener Spital gestorben. Cerha, der die europäische Avantgardemusik der Nachkriegszeit wesentlich mitgeprägt hat und auch als Dirigent und Wissenschafter tätig war, hätte am Freitag seinen 97. Geburtstag gefeiert.

Zu den bekanntesten Werken seines reichen Schaffens zählen die Fertigstellung von Alban Bergs Opernfragment „Lulu“, das von Cerha um den dritten Akt ergänzt wurde, die Oper „Baal“ und seine großen musikdramatischen Werke „Spiegel“ und „Netzwerk“. Zahlreich waren auch Cerhas Auszeichnungen, zu denen der Große Österreichische Staatspreis (1986) und der Ernst-von-Siemens-Musikpreis (2012) zählen.

Schon mit 6 Jahren Geige gespielt
Geboren wurde Cerha am 17. Februar 1926 in Wien. Der musikalisch begabte Bub begann bereits im Alter von sechs Jahren, Geige zu spielen. Die ersten Kompositionen folgten nur zwei Jahre später, und auf eigene Initiative erhielt er Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt. 1943, noch vor Abschluss des Gymnasiums, wurde Cerha zur Wehrmacht eingezogen. Der erklärte Gegner des NS-Regimes desertierte allerdings und flüchtete auf eine Tiroler Almhütte.

Nach dem Krieg studierte er an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst Komposition bei Alfred Uhl sowie Violine bei Vasa Prihoda und Musikerziehung. Der promovierte Germanist pflegte auch Kontakte zu dem von avantgardistischen Malern und Literaten dominierten „Art Club“. Ab 1959 lehrte Cerha an der Wiener Musikhochschule, von 1976 bis 1988 auch als Professor für Komposition, Notation und Interpretation neuer Musik.

1958 entstand das von Cerha mitbegründete Ensemble „die reihe“, das als Kammerensemble für Neue Musik mit exemplarischen Aufführungen gegen die in Österreich herrschende Ödnis im Bezug auf die Musik des 20. Jahrhunderts anspielte und damit einem großen Publikum zeitgenössische Kompositionen nahebrachte. Nicht zuletzt wurde in dieser Zeit Cerhas Affinität zur zweiten Wiener Schule um Berg, Webern und Schönberg geschärft. Eine Folge davon war die Fertigstellung von Alban Bergs Opernfragment „Lulu“, das von Cerha um den dritten Akt ergänzt und 1979 von Pierre Boulez in Paris uraufgeführt wurde.

Bis zur ersten wirklich eigenen Oper „Baal“ sollten noch Jahre vergehen. Das Werk nach einem Drama von Bertolt Brecht brachte endgültig den internationalen Durchbruch für Cerha und wurde 1981 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Daneben gehören vor allem die (semi-)musikdramatischen Werke „Spiegel“ und „Netzwerk“ sowie die Literaturoper „Die Rattenfänger“ nach Carl Zuckmayer zu seinen bekanntesten Kompositionen. Cerha hat mit Vorliebe Werke für große Orchesterbesetzung komponiert, die stilistisch weiterhin auf dem Boden der zweiten Wiener Schule wurzeln.

Schon einige Jahre vor seinem Tod stand der Komponist selbst nicht mehr am Pult, von vereinzelten Auftritten wie 2007 im Rahmen der Wiener Festwochen mit dem Klangforum oder anlässlich des Festkonzertes zu 50 Jahre „die reihe“ abgesehen. Das Dirigieren hatte er da bereits zugunsten seines kompositorischen Schaffens zurückgestellt.

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