„Fühle mich hilflos“

Wiener tobt: Hoher Schaden durch verschlampte Post

Wien
27.01.2023 13:22

Die Post bringt allen was - doch Karl S. leider nicht so zuverlässig. Seit Jahren kommen wichtige Briefe bei ihm nicht an. Dem Wiener sind so durch Mahngebühren, Gerichts- und Anwaltskosten ein Schaden von mehreren Tausend Euro entstanden. Er vermutet, dass diese Briefstücke teilweise in einem falschen Briefkasten landen, doch bei der Post konnte man das Rätsel um die verschwundenen Schriftstücke bislang nicht lösen. „Ich fühle mich hilflos“, erklärt S. beim „Krone“-Lokalaugenschein in Döbling.

Seit 2021 verschwinden immer wieder wichtige Schriftstücke - oder genauer gesagt die Benachrichtigungen, dass solche bei der Post zur Abholung bereitliegen. Das Problem: Sobald der gelbe Abholschein für RSb- bzw. RSa-Brief vermeintlich im Briefkasten liegt, gilt das Schreiben rechtswirksam als zugestellt - auch wenn der Zettel unabsichtlich beim Nachbarn gelandet ist. Es ist jedoch schwer zu beweisen, dass man die Benachrichtigung zu einem Einschreiben nie erhalten hat. 

„Das kann Betroffene in den Ruin treiben“
Insgesamt ist der durch verschlampte Post ein Schaden von mehreren Tausend Euro entstanden. Einspruchsfristen wurden versäumt, Mahnungs- und Inkassogebühren fielen an, auch Anwalts- und Gerichtskosten waren fällig. Weil eine Zahlungsaufforderung von seiner Autoversicherung nicht ankam, fuhr S. wochenlang unwissentlich ohne gültige Kfz-Versicherung. Somit wäre er für alle Sach- und Personenschäden im Falle eines Verkehrsunfalles selbst in voller Höhe haftbar gewesen, erklärt Rechtsanwalt Philipp Slemr: „Dies kann den Betroffenen im Einzelfall in den finanziellen Ruin treiben“, klärt der Jurist auf.

Was mit den laut Post zugestellten Abholscheinen genau passiert ist, weiß S. nicht - er vermutet jedoch, dass die Ähnlichkeit der Adresse einer Nachbarin die Wurzel des Übels ist. Er wohnt in der Wohnung mit der Türnummer 9A/1 - die andere Adresse hat die Nummer 9/1. 

Empfänger von fehlgeleiteter Post darf Briefe entsorgen
Mit dieser Nachbarin auf 9/1 habe er schon oft versucht, in Kontakt zu treten. An der Tür geläutet, einen Zettel mit Bitte um Anruf ins Postkasterl gelegt, in der vielleicht auch seine Briefe öfters landen. Doch vergebens - laut einem anderen Nachbarn verweilt die Dame die meiste Zeit im Ausland. Eine Verpflichtung, fehlgeleitete Post an den richtigen Empfänger weiterzuleiten, hat sie nicht. „Es wäre zwar wünschenswert, dass fehlgeleitete Sendungen an die Post zurückgeleitet werden, eine dahingehende Verpflichtung ist aber in der österreichischen Rechtsordnung nicht verankert“, erklärt dazu Slemr.

Zustellern der Post, die Briefe in den falschen Postkasten werfen, können sogar selbst belangt werden. „Wenn es sich um behördliche Schriftstücke handelt, wäre die absichtliche Fehlleitung der Sendung als Amtsmissbrauch sogar gerichtlich strafbar. Im Regelfall ist aber nicht von Vorsatz, sondern von einer bloßen Unachtsamkeit auszugehen“, so Slemr.

Mehrkosten können fallweise eingefordert werden
Der Jurist rät, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, wenn eine Fehlleitung einer Postsendung zu finanziellen Schäden geführt hat: „Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls gibt es dann verschiedene Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen, sodass man allenfalls etwa durch eine Forderungsbetreibung entstandene Mehrkosten wie Mahn-, Inkasso-, Gerichts- und Anwaltskosten letztlich nicht selbst tragen muss.“

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