Studie enthüllt:

Desinteresse an Wissenschaft größer als Skepsis

Österreich
03.01.2023 14:05

Das Desinteresse an Wissenschaft dürfte in Österreich ausgeprägter sein als die Wissenschaftsskepsis. Das zeigen erste Ergebnisse einer vom Bildungsministerium beauftragten Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) über Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis. Desinteresse dürfe demnach nicht mit Skepsis gleichgesetzt werden, das Vertrauen in Wissenschaft sei hierzulande im Zeitverlauf hoch und konstant, so Studienleiter Johannes Starkbaum (IHS).

Seit Jahrzehnten zeigen Menschen in Österreich in verschiedenen Umfragen ein geringes Interesse an Wissenschaft, verbunden mit einer ausgeprägten Wissenschaftsskepsis. Einmal mehr belegten dies die Ergebnisse der 2021 veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Wissenschaftsskepsis oft auch mit Demokratiefeindlichkeit einhergeht, hat Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) im Vorjahr das IHS mit einer Studie zur Erforschung der Ursachen beauftragt. „Wir wollen damit die Ursachen herausfinden, warum Österreich hier so weit abgerutscht ist, und herausfinden, ob die bisher gesetzten Maßnahmen nicht greifen“, sagte Polaschek am Dienstag bei der Präsentation der ersten Ergebnisse.

Desinteresse schließt Vertrauen nicht aus
Bisher haben die IHS-Forscher gemeinsam mit ihren Kollegen von der Universität Aarhus (Dänemark) u.a. die vorhandene Literatur und quantitative Datensätze verschiedener Studien zum Thema analysiert.  Polaschek betonte, dass sich vorerst nur erste Tendenzen ablesen lassen. „Wir sehen in unseren Daten, dass vor allem das Desinteresse an Wissenschaft in Österreich ausgeprägter ist als systematische Skepsis über mehrere Bereiche der Wissenschaft und mangelndes Vertrauen in Wissenschaft“, so Starkbaum. Als Beleg dafür nannte er Österreich-Daten aus dem Wellcome Global Monitor. Demnach sagen deutlich über 80 Prozent der Befragten, die an Wissenschaft desinteressiert sind, dass sie Wissenschaft sehr oder zumindest etwas vertrauen.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP)

In der Eurobarometer-Studie würden zwar relativ viele Menschen in Österreich wissenschaftsskeptischen bzw. verschwörungstheoretischen Aussagen zustimmen, etwa dass der Klimawandel natürlichen Ursprungs sei (31 Prozent Zustimmung), Viren im Labor erzeugt werden, um die Bevölkerung zu kontrollieren (23 Prozent) oder Ergebnisse der Krebsforschung zu kommerziellen Zwecken zurückgehalten werden (21 Prozent). „Aber nur eine vergleichsweise kleine Gruppe - sechs Prozent - stimmen allen drei Aussagen zu“, so Starkbaum.

Pandemie hat Wissenschaftsskepsis nicht befeuert
Das Vertrauen in Wissenschaft sei allerdings in allen bisher analysierten Untersuchungen im Zeitverlauf konstant und höher als in andere Bereiche und staatliche Institutionen, die abgefragt wurden. Auch während der Pandemie sei es hier zu keinem Einbruch gekommen, auch die Wissenschaftsskepsis habe die Pandemie nicht massiv befeuert. Dagegen zeige sich deutlich, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen habe.

FPÖ-Wähler haben weniger Vertrauen in Wissenschaft
Unterschiede im Vertrauen in die Wissenschaft würden sich im Wahlverhalten zeigen: Tendenziell hätten Personen, die im rechten politischen Spektrum wählen, eher geringeres Vertrauen, besonders stark ausgeprägt sei dies bei FPÖ-Wählern, so Starkbaum. Eine Rolle für die zunehmende Wissenschaftsskepsis könnte auch im medialen Wandel liegen, betonte der Experte. Es gebe hier noch keine Daten für Österreich, internationale Studien würden darauf hindeuten, dass Konsumenten von Formaten, die ungesicherte Informationen weiterleiten, wie etwa Youtube, eher zur Wissenschaftsskepsis neigen.

Befragt, ob sich nicht auch die Politik an der Nase nehmen müsse, etwa angesichts von Aussagen wie jene von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der meinte, „die Empirie, die Wissenschaft ist das eine, die Fakten sind das andere“, meinte Polaschek, dass solche „punktuellen Aussagen keine Rolle spielen“, diese würden „kurz aufflackern und dann wieder untergehen“. Starkbaums persönliche Meinung dazu: „Solche Zwischenrufe sind am Ende des Tages nicht förderlich.“

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