Nord-Stream-Explosion
Gas-Unfall hat kaum Folgen für das Weltklima
Die Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 dürften sich laut einer Studie chinesischer Wissenschafter kaum negativ auf das Weltklima auswirken. In einem am Freitag im Fachmagazin „Advances in Atmospheric Sciences“ veröffentlichten Beitrag rechneten die Forscher der Chinesischen Akademie der Wissenschaften vor, dass während des Unglücks bis zu 0,22 Millionen Tonnen Methangas entwichen seien.
Dies gehe insbesondere aus Beobachtungen von Forscher-Kollegen der chinesischen Universität Nanjing hervor, die hochauflösende Satelliten-Aufnahmen auswerteten. Vorherige Schätzungen, wonach bis zu einer halben Million Tonnen Gas entweichen konnten, bezeichnete das Forscher-Team als zu hoch.
Gas mehrere Tage lang aus Lecks ausgetreten
Ende September hatten Explosionen mehrere Löcher in die Pipelines in der Ostsee gerissen. Nach den Detonationen waren aus mehreren Lecks tagelang ununterbrochen große Mengen Gas ausgetreten. Der Verdacht der Sabotage steht im Raum.
Größter Gas-Unfall in der Geschichte der Menschheit
Das Unglück war den Forschern zufolge der bisher größte dokumentierte Methan-Ausstoß in der Geschichte der Menschheit. Beim zuvor größten Gas-Unfall im Jahr 2015 am kalifornischen Untergrund-Gasfeld Aliso Canyon sei nur etwa halb so viel Gas ausgetreten.
Die Zahlen müssen laut den Forschern jedoch im Verhältnis betrachtet werden. Allein die globale Öl- und Gas-Industrie hätte im Zeitraum zwischen 2008 und 2017 jährlich bis zu 70 Millionen Tonnen Methan ausgestoßen. Das aus den Pipelines entwichene Gas mache damit nur einen Tag der jährlichen Emissionen des Sektors aus, womit sich eine kaum messbare Auswirkung auf das Klima ergebe.
Erwärmungen durch Methan nur minimal
Die Erwärmungen durch das ausgestoßene Methan seien so minimal, dass sie „in Ökosystemen oder in der menschlichen Gesellschaft nicht wahrgenommen werden können“, schlussfolgerte Physiker Xiaolong Chen, der die Studie leitete. Dennoch warnte der Wissenschafter: Wenn die Menschheit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen will, „sollten Schäden an der Infrastruktur wie dieser vermieden werden“. Nach CO2 sei Methan schließlich der zweitgrößte Treiber der Erderwärmung.
Wenn die Menschheit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen will, „sollten Schäden an der Infrastruktur wie dieser vermieden werden.
Physiker Xiaolong Chen
Der Schlussfolgerung der Studie stimmt auch Sönke Zaehle vom Max-Planck-Institut in Jena zu: „Das halte ich für absolut richtig.“ Nicht die kurzfristigen Lecks in den Nord-Stream-Röhren allein seien für die Klimawirkung des Methans in der Atmosphäre verantwortlich, sondern dass es viele solcher Quellen gebe, die lang anhaltend Methan emittierten und daher in der Summe starke Auswirkungen hätten. Hierzu gehören dem Experten der Abteilung für Biogeochemische Signale zufolge neben fossilen Quellen unter anderem auch Feuchtgebiete wie die auftauenden Permafrostböden.
Aufwendigere Verfahren für Prognose der Klimawirkung
Insgesamt seien die Methoden, die in der Studie verwendet werden, Zaehle zufolge etabliert, wenngleich es auch aufwendigere Verfahren sowohl für die Schätzung der Methan-Menge als auch die Prognose der Klimawirkung gebe. In anderen Arbeiten zu den Nord-Stream-Lecks seien die Wissenschafter jedoch zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen.
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