14.10.2022 13:31

Wendepunkt im Krieg?

„Putins Akzeptanzwerte in Russland ändern sich“

Die Stimmung in Russland ändert sich durch die Teilmobilmachung. Das bemerke man unter anderem aufgrund der Demonstrationen im Land, aufgrund der Flucht vieler Männer vor der Rekrutierung, aber auch in Umfragen sei eine Wende erkennbar: „Die Akzeptanz der Politik in Russland und die des Präsidenten, ist erstmals seit Kriegsbeginn wieder nach unten gegangen“, so Wolfgang Müller, Osteuropa-Historiker und Professor für russische Geschichte an der Universität Wien im krone.tv-Talk mit Jana Pasching.

So sind etwa die Akzeptanzwerte von Putin von 80 auf 70 Prozent gefallen. „Für westliche Verhältnisse erscheint das noch hoch.“ Man müsse hier aber, einen Gutteil der Stimmen abstreichen, „weil viele Menschen, sobald sie gefragt werden, nicht mehr ihre eigene Meinung sagen, weil sie Repressionen fürchten.“

Drohung in Richtung Weltkrieg seitens Russlands müsse man ernst nehmen. „Aber wir müssen auch sehen, dass sie zur psychologischen Kriegsführung gehören“, sagt Müller. Militärisch würde ein Atomwaffeneinsatz für Russland nichts bringen. „Die Front ist sehr weit auseinander gestreckt, es gibt keine größeren Konzentrationen von Gruppen, die man mit einem Atomwaffenschlag ausschalten könnte.“ Auch politisch wäre das Spiel riskant: Da auch jene Staaten, die Russland bis zuletzt neutral oder wohlgesonnen gegenüberstehen, wie etwa China und Indien, damit sehr stark abgestoßen würden. „Es wäre ein Tabubruch, wie ihn die Weltgeschichte seit 1945 nicht gekannt hat.“

Dass die Scheinreferenten jetzt gekommen sind, sei darauf zurückzuführen, dass Russland gefürchtet hat, weitere, bereits eroberte Gebiete wiederum an die ukrainischen Verteidiger zu verlieren. „Präsident Putin hat sich damit auf einer Position eingebunkert und sagt nun, dass er diese Gebiete nicht mehr hergeben möchte.“ Dass die Referendums-Ergebnisse mit den Meinungen der Bevölkerung in den besetzten Gebieten eigentlich nichts zu tun haben, sei aber evident. „Es gibt Umfragen, die vor Kriegsbeginn durchgeführt wurden, die zeigen, dass die Anschlussbefürwortung im Süden etwa bei maximal acht Prozent gelegen ist.“

Das ganze Interview mit Osteuropa-Historiker Wolfgang Müller sehen Sie im Video oben.

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