Landestheater-Linz-Geschäftsführer Thomas Königstorfer startet nach drei coronageplagten Saisonen in eine weitere, diesmal durch Personalmangel und Teuerungen, erschwerte Bühnensaison.
Wer momentan durch die verschlungenen Gänge des riesigen Linzer Musiktheaters am Volksgarten geht, bemerkt eine Woche vor dem Saisonstart überall geschäftiges Treiben - es wird geprobt, geschneidert, es finden Vorstellungsgespräche statt. Ganz oben im vierten Stock laufen alle wirtschaftlichen Fäden im Büro des Kaufmännischen Geschäftsführers Thomas Königstorfer zusammen. Obwohl coronabedingt „die bisher härteste Saison“ hinter ihm liegt, zeigt er sich im Gespräch mit der „Krone“ optimistisch, auch bereit für die nächsten Herausforderungen rund um Energiekrise und Teuerungen zu sein.
„Krone“: Drei von Lockdowns unterbrochene Saisonen liegen hinter dem Landestheater. Wie steht es nach diesen Problemen heute da?
Thomas Königstorfer: Wir haben in dieser Zeit wirklich versucht, um jeden Zuschauer und jede Vorstellung zu kämpfen. Letztlich haben wir es in der vergangenen Saison geschafft, bei den Ticketerlösen bis auf 5000 Euro an das Vor-Corona-Niveau heranzukommen. Das sind 8,732 Millionen Euro an Karteneinnahmen. Außerdem konnten wir die Zusatzkosten durch Corona in der letzten Saison aus unseren Reserven decken. Wirtschaftlich gesehen sind wir also mit einem blauen Auge davongekommen. Aber: Bei den Zuschauern hatten wir noch ein Minus von 20 Prozent, vor allem, weil uns die Schulklassen sehr gefehlt haben.
Wieso bezeichnen Sie dennoch die vorige als Ihre härteste Saison?
Es war so eine Unsicherheit da. Man ist in der Früh in die Arbeit gekommen und hat nicht gewusst, ob wir am Abend spielen können, weil wir vor allem im Frühjahr so viele Corona-Fälle hatten. Ständig musste umgeplant werden. Einmal sprangen etwa eine Regieassistentin und ein Dance Captain beim Kostümwechsel ein, damit wir die Vorstellung nicht absagen mussten. Insgesamt hatten wir 80 Absagen oder Verschiebungen wegen Erkrankungen. Das war eine extreme Anstrengung für viele Mitarbeiter und brachte das Haus an die Grenzen dessen, was es leisten kann.
Das hat sogar Personal dazu gebracht, aufzuhören.
Ja, gerade in der Disposition oder an der Kasse sagten mache, sie wollen nicht mehr in dieser Branche arbeiten und machen jetzt ganz was anderes.
Der allgegenwärtige Personalmangel tut sein Übriges.
Gerade in der Technik spüren wir ihn sehr, sowie auch bei den Sachbearbeitern. Ein Beispiel: Wir hatten eine Lohnverrechnungsstelle zu besetzen und haben gesehen, dass alleine in Linz auf einem Jobportal 110 ähnliche Stellen ausgeschrieben waren. Als wir aber einen Personalberater fragten, ob er uns helfen kann, hat der den Auftrag nicht einmal angenommen wegen Sinnlosigkeit.
Häuser wie das Musiktheater sind große Stromfresser - wieviel kostet dem Landestheater die Energiekrise?
Unsere derzeitige Schätzung sind 300.000 Euro zusätzlich für die Saison, vor allem für Strom und Fernwärme. Zum Glück haben wir aber eine Photovoltaikanlage, die manches abfedert. Aber wir planen eine Reihe von Sparmaßnahmen, versuchen etwa, punktgenauer zu heizen und werden auch die Fassadenbeleuchtung in der Nacht nach den Vorstellungen abdrehen. Das hat auch wichtigen Symbolcharakter.
Am 10. September startet mit der Premiere von „Anastasia“ die neue Saison. Merkt man die Teuerung durch schlechtere Ticketverkäufe für kommende Produktionen?
Erfreulicherweise nur in geringem Ausmaß. Es gibt eine Verhaltenheit, aber keinen massiven Einbruch. Wir liegen für September knapp 20 Prozent hinter dem Vorjahresseptember, der aber der zweitbeste aller Zeiten war. Das Inflationsthema bringt sicher manchen Menschen Verunsicherung. Es wird, wie wir es schon seit Corona kennen, einfach kurzfristiger gebucht.
Welches neue Stück wird am besten nachgefragt?
Eindeutig das Musical „Anastasia“. Das ist auch unsere aufwändigste Produktion heuer, gemeinsam mit Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“. Wir sind in diesen Zeiten froh, fünf Sparten anbieten zu können, denn gerade jetzt stärkt uns das Musical mit über 90 Prozent Auslastung schon den Rücken. Für anspruchsvollere Stoffe, Theater, das zum Nachdenken anregt, gab es schon einmal mehr Publikum als jetzt. Dieses Segment tut sich momentan am Schwersten, aber das wird sich auch wieder ändern.
Sehr erfolgreich ist das neue Format „Great Voices“ mit Konzerten berühmter Opernsänger - will man damit dem Brucknerhaus Konkurrenz machen?
Nein, überhaupt nicht. Viele opernbegeisterte Oberösterreicher fragen uns, warum wir in diesem Segment nichts haben, warum sie dafür extra nach Salzburg oder Wien fahren müssen. Daher haben wir dieses neue Angebot, das auch sehr gut angenommen wird.
Wenn ich mir als Besucher heuer nur ein Ticket für das Musiktheater leisten kann, für welches sollte ich mich entscheiden?
Eine Karte reicht wirklich nicht aus, es müssten am besten drei sein: Eine für die Oper „Die tote Stadt“, eine für das Musical „Catch Me If You Can“ und eine für unsere Operette „Gräfin Mariza“!
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