Berge faszinieren mich, bieten sie uns doch so viele Möglichkeiten. Welche, um sich zu erholen, aber auch solche, die in Felswänden und Graten einen richtig fordern können. Neben dem Bergsteigen fasziniert Bergführer Christoph Wastl und mich das Abenteuer „Hike&Fly“, also die Kombination aus Wandern und Fliegen. Christoph und ich wollen abheben und hier verraten wir, wie es uns dabei ergeht. Viel Spaß beim Lesen und vielleicht begeistern wir den einen oder anderen auch für das Fliegen.
Heute war es so weit. Christoph und ich haben uns bei der Kärntner Flugschule für die Gleitschirm-Ausbildung angemeldet. Freundlich werden wir von Maggie Grabner und ihrem Team aufgenommen: „Nehmt euch eine Ausrüstung, dann geht es zum Übungshang!“ Passend zu Körpergewicht und Größe bekommen wir eine Leihausrüstung, also Gurtzeug, Gleitschirm und Helm samt Funkgerät ausgehändigt. Christoph: „Eigentlich wollte ich ja nur ein bisschen reden, einen Kaffee trinken und mich informieren - doch plötzlich waren wir schon auf dem Weg zum Übungshang.“ Kurz vor der Abfahrt konnten wir kurz im Gleitschirm-Simulator Probesitzen, um das Gurtzeug richtig auf uns einzustellen.
Minuten später befinden wir uns schon am Übungsgelände in Köstenberg oberhalb von Wernberg. „Sieht gut aus, wenigstens können wir nicht davonfliegen“, schmunzelt Christoph beim ersten Blick auf das Flugareal: Eine abfallende Wiese, glücklicherweise mit einem passenden Gegenhang.
Willkommen am Übungshang
„Jeder sucht sich einen Startplatz“, ruft uns Eddie zu. Eddie Gojer ist eine Legende unter Kärntens Fluglehrern. Hunderte haben beim heute 79-Jährigen bereits erfolgreich das Fliegen gelernt.
Also beginnen wir mit den Vorbereitungen, dem Auslegen des Gleitschirms.Gar nicht so schwer, denke ich mir. Die Fluglehrer beobachten uns dabei und stehen uns jederzeit mit Ratschlägen zur Seite, während sie uns die wichtigsten Basics erklären. Begriffe wie Eintrittskante, A-, B-, C-Leinen oder gar Steuer- und Bremsleinen haben wir zuvor noch nie gehört. Irgendwie schaffen wir es, erfolgreich die Gleitschirme auszubreiten und auch die Leinen, die Gottseidank verschiedene Farben haben, dabei weder zu verzwirbelt noch zu verknoten.
Fluglehrer Robert Novak zeigt uns nochmals, wie man den Gleitschirm richtig ins Gurtzeug einhängt: „Der Beschleuniger muss nach außen zeigen.“ Beschleuniger? Mit fragendem Blick schaue ich Robert groß an. Blitzschnell folgt seine Antwort: „Mach dir keinen Kopf, den brauchst du eh noch nicht.“ Okay. Ich blicke zu Christoph. Tollkühn steht er am Startplatz. Zum Glück weiß ich, dass er nur so tut und ihm in Wahrheit die Knie genauso schlottern wie mir. Denn ein bisschen mulmig ist mir schon zumute, doch die Lust zu fliegen ist einfach viel größer.
Fünf-Punkte-Check
Dennoch stoppt Fluglehrer Eddie prompt unseren Tatendrang: „Zuerst der Fünf-Punkte-Check! Sprecht mir nach.“
Mein erster Flug
Bereit. Mein Blick wandert in Richtung der kleinen Windfahnen, die überall am Übungshang aufgestellt sind. Leichter Wind von vorne. Sollte passen. „Funkcheck, Funkcheck Hannes“, dröhnt es blechern aus dem Funkgerät, das direkt neben meinem rechten Ohr am Helm befestigt ist. Mit einem „Daumen nach oben“ zeige ich Robert, dass ich ihn gut hören kann, der meine Geste mit einem „Aufziehen frei“ quittiert.
Moment. Das ist mein Startsignal. Wie war das noch, zwei schnelle Schritte nach vorne. Eins, zwei, ich spüre Widerstand. Okay, hinter mir tut sich etwas. Noch zwei Schritte. Aus dem Funkgerät höre ich „Bremsen, anbremsen“. Kräftig ziehe ich kurz zweimal an den Bremsleinen und Blicke hinauf in die Schirmkappe. Aus dem Funkgerät tönt das Kommando: „Laufen“. Ich gebe Vollgas und Bruchteile von Sekunden später verliere ich den Boden unter den Füßen. Ich fliege.
Das Gefühl ist unbeschreiblich. Ich fliege. Ein lautstarker Jauchzer folgt, während ich langsam talwärts in Richtung Gegenhang gleite. Über die Höhe oder andere Sachen, wie Steuern kann ich mir im Moment keine Gedanken machen. Doch der Boden kommt schnell immer näher und schon höre ich das Kommando: „Bremsen 50 Prozent“. Vorsichtig ziehe ich beide Bremsleinen nach unten. Ich spüre, wie ich langsamer werde. „Jetzt 100 Prozent“, tönt es aus dem Lautsprecher des Funkgerätes und ich ziehe die Leinen durch. Es folgen zwei, drei schnelle Schritte und schon habe ich wieder festen Boden unter meinen Füßen.
Geil! Ich will nochmal und dass, obwohl ich am ganzen Körper zittere. Adrenalin pur nach nur 23 (!) Sekunden Flugzeit.
Während ich versuche den Gleitschirm wieder zusammen zu packen, kann ich Roberts Funkkommandos mitanhören.
Christoph ist am Start. „Aufziehen frei!“ Christoph läuft los, der Gleitschirm hebt ab. „Anbremsen, anbremsen!“ Doch der Schirm überholt Christoph. „Stopp“, ruft Robert ins Funkgerät. Christoph bleibt stehen und der Schirm geht vor ihm zu Boden. Ich sehe, wie Robert Christoph zu Hilfe eilt, den Gleiter für ihn neu auslegt und kurz darauf landet der Bergführer perfekt neben mir und brüllt lautstark „einfach geil.“
Vor lauter Begeisterung rennen wir beide mit den Gleitschirmen, Helmen und Gurtzeug wieder zurück hinauf zum Start, um möglichst schnell wieder abzuheben… Fünfmal wiederholen wir das Ganze, bevor unser erster Tag am Übungshang sich zu Ende neigt. Wir sind beide gespannt, wie es weiter geht, aber wir sind uns schon jetzt sicher, dass wir ein neues Lieblingshobby gefunden haben.
wird fortgesetzt …
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.