Was der scheidende steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, letzter Politiker der Marke „Landesvater“, seinem Nachfolger Christopher Drexler rät, lesen Sie im „Krone“-Doppelinterview.
Zwei Männer in zwei neuen Rollen. Der eine: Hermann Schützenhöfer, der kurz zuvor seinen Rücktritt als steirischer Landeshauptmann verkündet hat. Der andere: Landesrat Christopher Drexler, der Anfang Juli das Amt des Landeschefs übernehmen wird. Klaus Herrmann, Geschäftsführender Chefredakteur, und Oliver Pokorny, „Steirerkrone“-Chefredakteur, trafen den 70 Jahre alten Landesvater und den 51-jährigen „Politiker neuen Typs“, beide ÖVP, zum ersten Interview nach Verkündigung des Machtwechsels.
„Ich wollte keine lange Nachfolger-Debatte“
Schützenhöfer, sonst sehr selbstsicher, launig und souverän, wirkt zurückhaltend und angespannt. Noch viel angespannter sein Nachfolger. Dass die beiden Männer ihre neuen Rollen noch nicht gefunden haben, ist überraschend: Denn die Staffelübergabe war von beiden, wie sie nun eingestehen, bereits seit zumindest zweieinhalb Jahren bis ins letzte Detail vorbereitet worden.
Nur der Zeitpunkt kam überraschend, selbst für engste Parteifreunde. Auch Bundeskanzler und Bundesparteiobmann Karl Nehammer wurde von Schützenhöfer nur wenige Minuten vor Bekanntgabe der Rochade informiert. Dem letztlich überrumpelten Parteivorstand blieb nur eines: dem Vorschlag Schützenhöfers zuzustimmen und damit Drexler zu akzeptieren. Der Landeshauptmann ist „stolz auf die geordnete Übergabe“ und gesteht: „Ich wollte keine lange Debatte.“
Tritt mit Schützenhöfer der letzte Landesvater Österreichs ab? „Ja, er ist der Letzte seiner Art“, sagt Drexler. Der Angesprochene sieht es auch so: „Den Typ des Landesvaters wird es nicht mehr geben.“ Seine Erklärung: Ein Landesvater brauche „entsprechend Lebendgewicht und Lebenserfahrung“. Dabei erinnert er an die steirische Landtagswahl 2019: Sein damaliger SPÖ-Herausforderer, der wesentlich jüngere und schlankere Michael Schickhofer, trat mit dem Anspruch an, Landesvater zu werden. Schützenhöfer: „Das war ein Vorteil für mich - vom Alter und von der Figur her.“ Wobei der letzte Landesvater diese Kategorisierung relativiert: Es habe ihn „immer gerissen, weil Landesvater, das ist einerseits eine Ehre und andererseits zu viel der Ehre“.
„Mit 70 sieht man die Welt anders, und das ist gut so“
Wir wollen wissen, was sein Nachfolger anders machen werde, was er anders machen müsse. Schützenhöfer grübelt kurz und meint: „Er wird rascher entscheiden als ich. Ich bin ja ein Grübler.“ Und lässt dann tief blicken: „Ich bin nicht dumm, aber er ist anders gebildet. Er hat in Kulturfragen einen anderen Zugang. Das musste ich mir hart erarbeiten.“ Jedenfalls müsse Drexler das Amt anders anlegen: „Er wird es sehr kraftvoll machen. Das ist ja auch eine Frage des Alters. Mit 70 Jahren sieht man die Welt ein bisschen anders als mit 50, und das ist gut so.“
Was denkt Drexler darüber? Es sei nicht sein Ziel, 20 Jahre lang Landeshauptmann zu bleiben, „und ob ich als väterlich oder brüderlich wahrgenommen werde, wird die Zukunft weisen“. Während Schützenhöfer in seinem Bundesland als leutselig, volksverbunden, gemütlich und von den meisten Menschen als „einer von uns“ wahrgenommen wird, gilt sein designierter Nachfolger als Intellektueller, der allerdings auch überheblich wirken kann. Sogar Drexlers Mentor weist offensiv auf diese Schwäche hin, wenn er mehrfach betont: „An seiner Beliebtheit müssen wir aber noch arbeiten.“
Wie kann man an seiner Beliebtheit arbeiten? Kann man Volksverbundenheit erlernen? Schützenhöfer: „Man darf nicht zu hölzern wirken, man muss die Menschen mögen. Denn wenn ich die Leute nicht mag, gehen mir das Gemeindefest, die Einweihung des Altars und das anschließende Kirchfest mit Grillhendl und dem Krügerl Bier auf die Nerven. Wenn man die Leute aber mag, freut man sich, wenn man dort dabei ist.“ Er habe das immer so gelebt, egal, ob auf dem Land oder in den Städten. Der „alte“ Politiker gibt dem Neuen mit: „Nur draußen bei den Leuten erfährt man die Wahrheit.“
Je länger unser Gespräch dauert, umso mehr festigt sich der Eindruck, dass wir hier zwar einerseits zwei Männern aus verschiedenen Welten und unterschiedlicher Generation gegenübersitzen - die andererseits dennoch eine mittlerweile seit drei Jahrzehnten andauernde politische und persönliche Freundschaft vereint.
"Ein Politiker muss die Menschen mögen“
Welche Freunde, möchten wir wissen, haben die beiden außerhalb der Steiermark? „Innerhalb der Partei ist das sicherlich der Thomas Stelzer“, verrät Schützenhöfer. Und außerhalb der Volkspartei? Da kommt wie aus der Pistole geschossen: „Der Michael Ludwig.“
Sein Nachfolger tut sich bei dieser einfachen Frage sichtlich schwerer. Nach einiger Überlegung gesteht er auch ein: „Ich tue mir grundsätzlich schwer, beste Freunde zu benennen. Aber ich würde den Gust Wöginger als sehr guten Freund bezeichnen.“ Also den aktuellen Klubobmann der Bundes-ÖVP, ein Oberösterreicher wie Stelzer.
Und außerhalb der eigenen Partei? „Mein Gott, da sind uns ja manche Größen abhandengekommen“, so Drexler. Um dann doch noch einen „Freund“ zu benennen: „Ich habe immer freundschaftlichen, fordernden Kontakt mit Peter Hacker gehabt.“ Also dem linken Wiener SPÖ-Sozial- und Gesundheitsstadtrat.
Nicht genannt haben Schützenhöfer und Drexler den steirischen ÖVP-Minister Martin Polaschek. Dessen Nominierung hatte Staub aufgewirbelt, er sei ein besonderer Wunsch Schützenhöfers gewesen, hieß es. Obwohl er auf dem Wiener Parkett bisher mäßig gute Figur macht, springt Drexler begeistert für den Landsmann in die Bresche: „Martin Polaschek wird sich noch als bildungs- und schulpolitischer Goldgriff herausstellen.“
„Polaschek hat sich mit Frisur eine Hetz gemacht“
Drexler geht auch auf die öffentliche Debatte um Polascheks - nennen wir es auffällige - Haartracht ein. Dieser habe jetzt „die richtige Frisur gefunden“. Ehe Drexler verrät: „So, wie er jetzt ausschaut, hat er ja vor einiger Zeit auch ausgeschaut. Er hat nur eine Zeit lang keinen Friseur gehabt und sich daraus als Rektor der Grazer Uni eine Hetz gemacht. Aber das muss dir einmal passieren: Just in dem Moment wird er vom Nehammer gefragt, ob er Minister werden will. Der Karl hat halt gerade nicht gewusst, welche Frisur der Martin hat.“ Dabei hätten Nehammer und Polaschek ja irgendwie sogar Glück gehabt, denn, so Drexler: „Der Martin hatte davor als Vizerektor eine noch viel furchtbarere Frisur.“
Schützenhöfer und Drexler, zwei Männer in zwei neuen Rollen, die sie noch finden müssen. Der amtierende Landeshauptmann will nach seinem endgültigen Abgang nicht ganz von der Bildfläche verschwinden. „Ich werde vielleicht ein paar Ehrenämter im karitativen und kulturellen Bereich annehmen und als Ehrenobmann der Partei raus zu den Leuten fahren.“ Eine politische Funktion aber schließe er aus: „Ich werde mich zurückhalten, die Tagespolitik nicht kommentieren und nur dem Christopher zur Seite stehen, wenn er mich um Rat fragen sollte.“
Wird es Drexler schwerfallen, seine neue Rolle als Landeshauptmann mit dem Privatleben zu vereinbaren? „Nein. Denn es gehört schon zu einem Politiker im 21. Jahrhundert, dass man Politik, Engagement, Familie und Kinder gleichberechtigt unter einen Hut bringt.“
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