Warum die Landwirtschaft neue Lösungen finden muss, wie diese aussehen könnten und inwiefern Vorarlbergs Bauern zukunftsaffin agieren und der Klimaproblematik die Stirn bieten.
Zunehmende Verstädterung und Infrastrukturausbau werden in Zukunft dazu führen, dass weltweit immer weniger Flächen landwirtschaftlich genutzt werden können. Zudem muss befürchtet werden, dass es aufgrund der globalen Erwärmung in trockenen Regionen zu einer weiteren Zunahme von Versteppung und Verwüstung kommt - und zwar in einem höheren Ausmaß, als produktive Agrarflächen in kälteren Regionen hinzugewonnen werden. Es ist also höchst Zeit, sich zu wappnen und neue Wege zu beschreiten.
Flächenfraß nach wie vor ein massives Problem
Eine Möglichkeit, um in den Städten von morgen die Versorgung mit frischen und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu sichern, ist „Vertical Farming“ - ein innovatives Konzept, bei dem Nutzpflanzen aller Art vertikal angebaut werden. Die für die Landwirtschaft benötigte Anbaufläche - pro Kopf und Jahr sind das immerhin im Schnitt über 2000 Quadratmeter - wird dadurch erheblich verringert.
Das „vertical farming institute“ mit Sitz in Wien zählt zu den Vorreitern und arbeitet aktuell im Rahmen von Forschungsprojekten an Prototypen - etwa in Wien und St. Pölten. Die für Licht, Wärme und Kühlung benötigte Energie soll dabei natürlich aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Überdies kann der Energiebedarf durch eine Kombination geeigneter Kulturpflanzen und angepasster Fruchtfolgen reduziert werden.
Wann auch in Vorarlberg die erste „Vertical Farm“ in die Höhe wächst, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Schließlich schreitet auch bei uns der Flächenfraß unaufhaltsam voran, zudem wächst die Zahl der zu ernährenden Menschen: Allein in den vergangenen zwölf Monaten wuchs die Bevölkerung um 0,8 Prozent, sodass derzeit nahezu 404.000 Personen in Vorarlberg leben. Und nicht zuletzt verdeutlicht der Krieg in der Ukraine, dass die Versorgung mit Nahrungsmitteln auf sehr wackligen Beinen stehen kann.
Eine Investition, die sich rentiert
Wem das „Vertical Farming“ zu sehr nach Science-Fiction klingt und wer sozusagen lieber auf dem „Boden der aktuellen Tatsachen“ nach alternativen Lösungen suchen möchte, dem sei „Klimafarming“ ans Herz gelegt: Ein landwirtschaftliches Konzept, das, wie Klimaexperte Christof Drexel erklärt, „mithilfe von Biokohle Humusaufbau und Bodensanierung forciert und gleichzeitig Kohlenstoff bindet, um die CO2-Emission zu reduzieren.“ Biokohle wird beim Verbrennungsvorgang von pflanzlichen Materialien durch thermische Spaltung - sogenannte Pyrolyse - herausgefiltert und dann auf Äckern eingesetzt, sodass weniger CO2 in die Luft gelangt.
„Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Biokohle in gewisser Weise wie ein Dünger wirkt“, weiß Drexel. „Biokohle gibt nämlich den Böden einen Impuls, um für Mikroorganismen einen Lebensraum zu schaffen. Das treibt wiederum den Humusaufbau voran, wodurch langfristig die Produktivität der Böden gesteigert wird.“ Damit nicht genug, lockert Biokohle das Erdreich auf, wodurch dieses mehr Wasser aufnehmen kann - das Risiko von Überschwemmungen wird so signifikant verringert.
Pionier im Hinblick auf das „Klimafarming“ ist hierzulande Tobias Ilg, der auf seinem Biomassehof in Dornbirn nicht nur Land- und Forstwirtschaft, sondern auch Energiewirtschaft betreibt - von der Biomasseerzeugung aus Holz und Energiepflanzen bis hin zur Energieumwandlung in Form von Biogas, Fernwärme, Photovoltaik, Holzvergasung und Windenergie. Ilg ist mit seinem ganzheitlichen Ansatz mittlerweile überaus erfolgreich und spart jährlich fossile Energien im Umfang von 7000 Tonnen CO2 ein.
Warum folgen nicht mehr Landwirte seinem Beispiel? „Weil es sich um eine langfristige Investition handelt, die erst nach einigen Jahren Erträge abwirft“, so Drexel. Umso wertvoller ist es, dass Ilg jährlich über 1000 Besucher, darunter viele Schulklassen, auf seinen Betrieb einlädt, um sie für Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien zu sensibilisieren - und im besten Fall sogar zu begeistern.
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