Britische Regierung:

Asylsuchende sollen nach Ruanda gebracht werden

Ausland
14.04.2022 13:59

Die Kritik am britischen Premier Boris Johnson reißt nach dem „Partygate“-Skandal nicht ab. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Menschen, die in Großbritannien Asyl beantragen wollen, zukünftig in Ruanda auf die Zustimmung warten müssen. Heute wurde ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet. Kritiker sprechen von „undurchführbaren, unethischen und erpresserischen Plänen“.

Die britische Innenministerin Priti Patel hat am Donnerstag ein Abkommen zu Asyl mit Ruanda unterzeichnet, wie die Regierung in London mitteilte. Im Detail sollen männliche Migranten nach ihrer Ankunft im Vereinigten Königreich in das ostafrikanische Land geflogen werden und dort auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten. Für ein Testprojekt stellt London 120 Millionen Pfund (rund 145 Millionen Euro) zur Verfügung. Wer hingegen in Großbritannien auf eine Entscheidung warten kann, soll künftig in streng kontrollierten Auffanglagern untergebracht werden. Darüber hinaus soll die britische Marine mehrere neue Patrouillenboote erhalten, um gegen Menschenschmuggler vorzugehen.

„Systeme missbrauchen“
Das neue Abkommen soll Wirtschaftsflüchtlinge abschrecken und Menschen von der gefährlichen Reise über den Ärmelkanal abhalten. „Wir müssen sicherstellen, dass der einzige Weg zum Asyl im Vereinigten Königreich ein sicherer und legaler ist“, sagte Johnson am Donnerstag. Wer versuche, „die Warteschlange zu überspringen oder unsere Systeme zu missbrauchen“, solle „schnell und auf humane Weise“ in einen Drittstaat oder ins Herkunftsland gebracht werden.

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Wir müssen sicherstellen, dass der einzige Weg zum Asyl im Vereinigten Königreich ein sicherer und legaler ist.

Boris Johnson, britischer Premierminister

Der britische Premier hatte sein Vorhaben bereits im Vorfeld verteidigt. Zu oft würden Kriminelle die Hoffnungen und Träume der Migranten ausnutzen. „Diese widerwärtigen Menschenschmuggler missbrauchen die Schutzbedürftigen und verwandeln den Ärmelkanal in einen wässrigen Friedhof, in dem Männer, Frauen und Kinder in seeuntüchtigen Booten ertrinken und in Tiefkühllastwagen erfrieren“, wurde Johnson in einer Mitteilung zitiert.

Unter Druck
Johnson und vor allem Innenministerin Patel stehen wegen der „small boat crisis“, wie die illegale Migration in Großbritannien genannt wird, in ihrer konservativen Partei erheblich unter Druck. Vergangenes Jahr gelangten mehr als 28.000 Menschen von Europa in kleinen Booten auf die Insel, besonders zwischen Großbritannien und Frankreich entstanden deshalb Spannungen. Obwohl Johnson und Patel versprochen hatten, die Zuwanderung mit dem Brexit erheblich zu beschränken, erreichen nach wie vor Tausende Menschen mit kleinen Booten von Frankreich aus das Land. Patel versuchte immer wieder, die Hardliner mit radikalen Vorschlägen zu besänftigen. Darunter waren etwa weit entfernte Auffanglager für Asylsuchende, was viele Länder ablehnten, und dass die Küstenwache Schlauchboote der Flüchtlinge auf offener Seite zurückdrängen könne.

Kritik von Menschenrechtsaktivisten
Kritik an dem Abkommen mit Ruanda kommt vor allem von der Opposition und Menschenrechtsaktivisten. Die Labour-Partei bezeichnete die Pläne von Premierminister Johnson als „undurchführbar, unethisch und erpresserisch“. Zudem sieht die Opposition in dem Ruanda-Plan ein „Ablenkungsmanöver Johnsons von den Skandalen im Zusammenhang mit Partys während des Corona-Lockdowns“. Die Organisation Detention Action kritisierte, den nach Afrika geschickten Männern drohe „wahrscheinlich eine unbefristete Inhaftierung unter einer Regierung, die für die gewaltsame Verfolgung Andersdenkender berüchtigt ist“. Zudem wird vor der Abweisung von kaum seetauglichen Booten auf offener See und vor der schlechten Menschenrechtslage in Ruanda gewarnt. Das Land wird seit 2000 autoritär regiert. Dem Präsidenten wird vorgeworfen, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken und Andersdenkende zu verfolgen.

Das Vorhaben wurde zunächst für fünf Jahre beschlossen. Ruanda muss jedem Flüchtling, den Großbritannien nach Afrika schickt, zustimmen. Laut Experten sind noch viele rechtliche Fragen offen.

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