Preis zu niedrig?

„Baguette-Krieg“ in Frankreich voll entbrannt

Ausland
24.01.2022 10:19

In Frankreich sorgt derzeit eine Kontroverse um ihr liebstes Brot für Aufregung. Stein des Anstoßes war die Aktion einer Supermarktkette, die das beliebte Baguette zu einem neuen Tiefstpreis anbietet - die Franzosen nennen den Streit mittlerweile sogar „Baguette-Krieg“. Dabei steh die Frage im Vordergrund, was das beliebteste Brot im Land überhaupt noch wert ist. Selbst der Wirtschaftsminister schaltete sich in die Diskussion ein.

Begonnen hat alles vor gut einer Woche, als die große Supermarktkette Leclerc eine Senkung des Preises für ein Baguette ankündigte: auf 29 Cent. Dabei ist das Baguette für die Franzosen nicht bloß ein Stück Brot, sondern eine Säule der Kultur und das meist gegessene Brot im Land. Gerade am Wochenende stehen die Menschen vor etlichen Bäckereien Schlange, um mit einem Baguette unter dem Arm nach Hause zu gehen - wobei sie unterwegs oft schon ein Stück des ofenwarmen Stockbrots kosten.

Aktion in „schwieriger Lage“
Um die Kaufkraft der Franzosen in einer schwierigen Lage zu schützen, werde der Preis für vier Monate gesenkt, kündigte Lecrerc in großen Zeitungsanzeigen an. „Das helle Baguette ist ein Grundprodukt für Hunderttausende französische Familien, die beim Einkauf auf jeden Euro achten müssen“, argumentierte Firmenchef Michel-Edouard Leclerc.

Prompt liefen Landwirte und die Backbranche Sturm gegen den Preis, mit dem Leclerc angesichts momentan steigender Kosten etwa für Mehl nach ihrer Kalkulation kein Geld verdienen könne. Lebensmittel würden verramscht und handwerklich hochwertige Produkte entwertet, lautete der Vorwurf.

Wertschätzung „verschleudert“
„Während das Know-how und die Qualität des französischen Baguettes von der UNESCO anerkannt werden, werden die hervorragenden Leistungen der Landwirte, Getreideerzeuger, Müller und Bäcker, um die uns die Welt beneidet, verschleudert“, wetterte der Agrarverband FNSEA. Statistisch sei der Durchschnittspreis für ein Baguette 2021 bei 90 Cent gelegen, neben den Mehlpreisen stiegen derzeit auch Energie- und Lohnkosten.

Fall für den Wirtschaftsminister
So hoch schwappten die Wellen in der Baguette-Preis-Diskussion, dass sich sogar Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zu Wort meldete. In einem Interview verteidigte er die Wahlfreiheit der Konsumenten. Wem es um ein hochwertiges Baguette gehe, der könne zum handwerklichen Bäcker gehen und zahle etwas mehr. Wer hingegen aufs Geld schauen müsse, dem komme das Angebot entgegen.

Während viele Franzosen also beim alltäglichen Gang in den Supermarkt von den Preisen profitieren dürften, klagt die Industrie - allen voran der Getreidesektor. Der Leclerc-Chef rechnet hingegen vor: Selbst wenn der Mehlpreis um 30 Prozent steige, werde ein Baguette nur um einen Cent teurer. Die Kunden sprängen auf die Preissenkung an.

Emotionale Preisspirale
Das Ganze sei zum „Baguette-Gate“ hochstilisiert, meint Handelsexperte Olivier Dauvers, der den Protest als Lobbyismus bezeichnete. Die schweigende Masse der Konsumenten, von denen viele aufs Geld schauen müssten, stimme eben mit ihrem Kaufverhalten ab - und dieses habe Leclerc und auch Lidl 2021 einen gestiegenen Marktanteil beschert. Auch Lidl hat den Preis inzwischen gesenkt.

„Natürlich mache ich das mit Bedauern, aber wenn sich der führende französische Einzelhändler bei einem so symbolischen Produkt wie dem Baguette auf einen Preis festlegt, wird der gesamte Einzelhandel ihm folgen“, sagte Lidl-Frankreich-Chef Michel Biero dem Sender RMC. Seit zehn Jahren sei der Supermarktpreis für ein Baguette bei 35 Cent gelegen. Wegen gestiegener Kosten habe man eigentlich eine Erhöhung auf 39 Cent erwogen.

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