Fragen an "Hanni"

Mikl-Leitner taucht in berüchtigten Strasser-Mails auf

Österreich
30.04.2011 18:19
Nach nicht einmal einer Woche im Amt, wird die neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner schon von ihrer Vergangenheit mit dem abgestürzten Ex-ÖVP-Politiker Ernst Strasser eingeholt. Via parlamentarische Anfrage konfrontiert Peter Pilz die Niederösterreicherin mit Interventions- und Instrumentalisierungsvorwürfen. Der Grün-Abgeordnete kramte dazu in seinen "Postenschacher"-E-Mails aus Strassers Zeit als Innenminister und entdeckte mehrere Korrespondenzen zwischen "Ernst" und "Hanni".

Mit den ihm zugespielten E-Mails erregte Peter Pilz 2008 landesweit Aufsehen. Belegten sie doch, wie Strasser in seiner Zeit als Innenminister von 2000 bis 2004 parteipolitischen Besetzungswünschen bis ins kleinste Polizeikommissariat Folge leistete. Ein großer Teil der Personalinterventionen kam aus Niederösterreich, wo zu dieser Zeit Johanna Mikl-Leitner Geschäftsführerin der Landes-ÖVP und gleichzeitig Nationalratsabgeordnete war. Die Position in der Parteileitung hatte sie nicht zuletzt Strasser zu verdanken, der sie 1993, als er noch die Geschäfte der VP-NÖ leitete, fürs Marketing angeheuert hatte.

"Vor kurzem wurden Sie als neue Innenministerin angelobt. Naturgemäß ergeben sich daher zahlreiche Fragen über die zukünftige Ausrichtung Ihrer politischen Aktivitäten in diesem sensiblen Ressort", schreibt Pilz in seiner Anfrage mit dem Betreff "Dirty Campaining (sic!, Anm.), Türkenmangel und angewandte Integration im einschlägigen Vorleben der Innenministerin".

Schmutzkampagne mit bzw. gegen Gendarmen?
Schon allein, dass damalige ÖVP-Wahlkampfkoordination über Ministerialbüros lief und dabei auch die durch Steuergeld bezahlte Ressort-eigene Öffentlichkeitsarbeitsabteilung eingespannt war, interessiert. In einem von Pilz zitierten E-Mail vom 10. September 2002 mit dem Betreff "Nationalratswahl 2002, Protokoll Sitzung 9.9. Arbeitspakete" kommt am Ende einer langen Aufzählung von Wahlkampfmaßnahmen der Punkt "dirty-campaining Gendarmen" vor.

Pilz will nun von Mikl-Leitner wissen, was dieser Ausdruck zu bedeuten habe und ob etwa niederösterreichische Gendarmen im Wahlkampf zum "Dirty Campaigning" (PR-Fachausdruck für Schmutzkübelkampagnen, Anm.) eingesetzt oder diese als "Opfer" eines schmutzigen Wahlkampfes auserkoren waren.

Unterwünschter Flüchtlings-Wirbel in Bad Schönau
Ein weiteres Mail in der Anfrage von Pilz zeigt eine direkte Intervention Mikl-Leitners gegen eine Flüchtlingsunterbringung in einem niederösterreichischen Kurort. Mikl schreibt bzw. lässt über ihre Sekretärin schreiben: "Lieber Ernst! Bad Schönau ist eine wunderschöne Tourismusgemeinde, und die soll es auch bleiben. Ich möchte hier keinen Wirbel bis zur LTW (Landtagswahl 2003, Anm.). Es geht die Diskussion um, dass die Pension Hofstätter (abgewirtschaftete Pension) Flüchtlinge aufnehmen soll. Ich ersuche dich, einer Zuweisung nicht zuzustimmen." Pilz' fragt dazu: "Werden Sie auch weiterhin dafür eintreten, dass bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Kriterien der Schönheit der Gemeinde sowie der Vermeidung von Vorwahlwirbeln entscheidend sind?"

Ein weitere Korrespondenz zwischen "Ernst" und "Hanni", wie Mikl-Leitner einige Mails an Strasser zeichnete, betrifft die Akquirierung türkisch-stämmiger Kandidaten für die ÖVP. Strasser hat Mikl-Leitner 2002 eine Frau vorgeschlagen, in ihrem Antwortmail meinte die nunmehrige Innenministerin dann aber: "Danke - hatte bereits mit zwei Türken Kontakt - beide gescheitert, beide innerhalb der Türken nicht akzeptiert." Pilz' Frage dazu: "Haben Sie in der Zwischenzeit für die ÖVP Türken gefunden, die 'innerhalb der Türken akzeptiert' sind?" Die weiteren Fragen gleiten dann eher ins Kabarettistische ab: "Ist Ihr neuer Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz Türke?"

Auch Rotes Kreuz vs. Hilfswerk beschäftigte Mikl-Leitner
Dass sich die Polit-Interventionen Strassers nicht nur auf Polizeiposten erstreckt haben könnten, lässt der letzte in Pilz' Anfrage abgedruckte Mail-Verkehr vom Juni 2002 erahnen. Darin nimmt Mikl-Leitner auf den Wettbewerb zwischen dem Roten Kreuz und dem Niederösterreichischen Hilfswerk Bezug. Sie empfiehlt Strasser ein Gespräch mit "Herrn Lechner" vom Roten Kreuz, der seine Pflegedienste in NÖ ausbauen wolle. "Ich glaube, wichtig ist, (...) dass das Rote Kreuz auch weiterhin seine Dienste in jenen Bezirken nicht anbietet, wo das bisher nicht erfolgt ist."

Strasser war damals und bis vor wenigen Tagen Präsident des Niederösterreichischen Hilfswerks. Auch Mikl-Leitner ließ sich in ihrer Zeit als Soziallandesrätin in Niederösterreich ab 2003 oft bei Hilfswerk-Projekten und -Aktionen blicken und fotografieren. 

Zur Beantwortung der Fragen hat Mikl-Leitner bis Ende Juni Zeit.

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