Kampf ums Image

ÖBB-Chef Kern via Weblog gegen “Bahn-Vorurteile”

Österreich
25.04.2011 11:50
Die ÖBB haben in Österreich ja schon lange mit einem schlechten Image zu kämpfen. Bahn-Chef Christian Kern versucht jetzt, das miserable Fremdbild mit einer Info-Offensive zurechtzurücken, und greift dafür selbst in die Tasten. In seinem neuen Weblog will er mit zehn angeblichen Vorurteilen aufräumen und den Österreichern ihre Bundesbahn wieder schmackhaft machen. Eine Werbekampagne mit Kabarettisten soll die Bahn-Angebote auf der Sparschiene in den Vordergrund stellen.

Kerns Ruf, als Chef der Bahn geradezu ein "Schuldenkaiser" zu sein, versucht der ÖBB-Vorstand in seinem Blog fakten.oebb.at ebenso zu entkräften wie das heikle Thema des niedrigen Pensionsantrittsalters bei der Bahn. Die viel zitierten "ÖBB-Schulden" seien in Wahrheit durch von der Regierung beschlossene Infrastrukturfinanzierungen ausgelöst, mit Bauten wie dem Brenner-Basistunnel und Bahnhöfen entstünde auch Vermögen für den Staat. Die ÖBB machen ihre Schulden also "im Auftrag der Republik": Jährlich fließen rund 1,43 Milliarden Euro in die Infrastrukturfinanzierung, rechnet Kern vor.

Was das Antrittsalter bei der Pension angeht, versucht es Kern zuerst mit Mathematik und dann mit Pragmatik. Bei der Bundesbahn gehe man nicht mit 50 Jahren in Pension, sondern das durchschnittliche Pensionsantrittsalter sei 2010 immerhin um ein Jahr auf 53,5 Jahre gestiegen. Würden die Pensionisten aus Krankheitsgründen herausgerechnet, so erhöhe sich das Antrittsalter im Schnitt auf 54,4 Jahre - und liegt damit immer noch deutlich unter den 58,1 Jahren der ASVG-Pensionisten. Allerdings seien dort viele vor dem Übertritt in die Pension nicht mehr erwerbstätig - während die Eisenbahner durchgehend beschäftigt seien.

"Die ÖBB sind wesentlich pünktlicher als ihr Ruf"
Schließlich werden auch die oft kritisierten Verspätungen behandelt: Laut dem ÖBB-Blog waren im Vorjahr 94,2 Prozent aller Züge pünktlich, eine Verbesserung von 3,7 Prozent zum Jahr davor. Von den rund 4.500 Reisezügen, die täglich unterwegs sind, waren also im Durchschnitt 4.400 pünktlich. Fazit: "Die ÖBB sind wesentlich pünktlicher als ihr Ruf." Die Staatsbahn gibt sich bei ihrer Imagekorrektur betont modern und setzt auf neue Medien wie Facebook, Twitter, Flickr, mit RSS-Feeds und mit Videos auf YouTube.

Die offene Begegnung will die ÖBB nicht nur mit den Kunden, sondern auch mit den Abgeordneten pflegen. An alle 183 Nationalratsabgeordnete erging jüngst die Einladung, sich persönlich ein Bild von der Arbeit bei der Bundesbahn zu machen - von Betriebsbesuchen bei den Verschubarbeiten oder Fahrten im Lokführerstand reicht die Angebotspalette. Auch der prononcierte Bahn-Kritiker der ÖVP, Reinhold Lopatka, eben als Finanzstaatssekretär aus der Regierung ausgeschieden, könnte bei einem Wechsel in den Nationalrat wohl am Besuchsprogramm teilnehmen.

"bahnorama"-Turm und die ÖBB als Kabarett
Das Thema "Großbaustelle Bahn" versucht man derzeit am künftigen Hauptbahnhof in Wien mit Volksnähe zu lösen: Für die Fahrten auf die Aussichtsplattform des 40 Meter hohen "bahnorama"-Turms mit Blick über Baukräne und über die Stadt wird nun sogar eine "Jahreskarte" angeboten, die Interessierten für einen Obulus von 10 Euro unbegrenzte Auffahrten um nur mehr 10 Cent pro Fahrt ermöglicht.

Die Kabarettisten Christoph Fälbl und Ciro De Luca sollen in der neuen ÖBB-Werbekampagne sich derart durch die Bahnwelt blödeln, das Altlasten der Staatsbahn schnell vergessen sind. Und mit dem neuen Werbeslogan "Fliegen können Sie sich in Zukunft sparen" gönnt man sich auch gerne mal einen kleinen Seitenhieb auf die AUA. Ein AUA-Schicksal, nämlich nach Imageverlust durch Politstreit und Missmanagement vom großen deutschen Bruder Lufthansa geschluckt zu werden, soll für die ÖBB mit allen Mitteln verhindert werden. Und um trotz der Budgetsanierungs-Ansagen der neuen Finanzministerin Maria Fekter die erhoffte 400 Millionen Euro Kapitalspritze zu bekommen, kann ein besseres Image der Bahn in der Öffentlichkeit und bei den Entscheidungsträgern sicher nicht schaden.

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