Experte stellt klar:

Covid-Medikamente keine „Ausrede“ für Nicht-Impfen

Wissenschaft
04.12.2021 14:32

Zwei Covid-19-Medikamente in Tablettenform werden in nächster Zukunft wahrscheinlich auch in der EU zugelassen und erhältlich sein. „Das kann aber keine Entschuldigung dafür sein, sich nicht impfen zu lassen“, betonte der Infektiologe Florian Thalhammer von der MedUni Wien beim 1. Österreichischen E-Impfkongress am Samstag. Die Medikamente können bei einer Ansteckung schwere Krankheitsverläufe verhindern. „Hoffen wir, dass wir damit wirklich ein Licht am Ende des Tunnels sehen“, sagte der Experte.

In Großbritannien wurde vor wenigen Tagen der Wirkstoff Molnupiravir zur Behandlung von Covid-19 zugelassen. Dieses Mittel werde wohl auch das erste derartige in der EU sein, sagte Thalhammer bei dem Online-Kongress. Mit Paxlovid sei in der Folge mit dem zweiten oral einzunehmenden Covid-19-Arzneimittel zu rechnen. Bei genauer Analyse der vorliegenden wissenschaftlichen Informationen zu den zwei Medikamenten mit unterschiedlichem Wirkprinzip zeigt sich allerdings, dass noch viele Fragen ungeklärt sind. Eines ist laut Thalhammer bereits klar: „Je früher man mit der Therapie anfängt, desto besser.“

Molnupiravir wirkt, indem es Kopierfehler in die RNA von SARS-CoV-2 einfügt. So verhindert es die Entstehung von neuen Viren. Medikamente mit der gleichen Wirkungsweise sind seit Jahrzehnten aus der HIV-Therapie bekannt. Entwickelt wurde Molnupiravir ursprünglich als Medikament gegen Influenza. Der Effekt der Substanz ist abhängig von der Dosis - das Arzneimittel muss zweimal täglich (je 400 Milligramm) eingenommen werden.

Experte: Impfung immer erste Wahl
Ein Problem: Die Resultate aus der klinischen Studie schwankten deutlich zwischen einer frühen Zwischenauswertung und der Analyse der gesamten Studienpopulation, wie Thalhammer anführte: In der Zwischenauswertung ergab sich eine Wirksamkeit von rund 50 Prozent. Als aber die Informationen von allen aufgenommenen Patienten untersucht wurden, schrumpfte die Schutzrate auf nur noch rund 30 Prozent. Mehrere Studien-interne Faktoren könnten dabei eine Rolle gespielt haben, meinte Thalhammer. Die Impfung gegen Covid-19 hat dagegen eine Schutzrate von 95 Prozent und sei somit immer die erste Wahl.

Das vom US-Pharmakonzern Pfizer entwickelte Medikament Paxlovid enthält einen Stoff, der im Coronavirus ein Enzym hemmt, das es braucht, um sich zu vermehren. Im Gegensatz zu Molnupiravir wurden zu dieser Pille aber bisher keine Daten wissenschaftlich präsentiert, weder bei einem Kongress noch in einer Fachzeitschrift. „Es gibt nur eine Presseaussendung“, sagte der Wiener Infektiologe. Drei Wirksamkeitsstudien zum Medikament laufen noch.

Pfizer-Tablette schützt sehr gut vor schwerem Verlauf
Vorläufige Daten von Probanden mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf sind aber vielversprechend: Bei einer Behandlung innerhalb von drei Tagen nach Auftreten von Covid-19-Symptomen verringerte sich die Zahl der Hospitalisierungen oder Todesfälle um 89 Prozent. Drei von 389 Behandelten zeigten einen derartigen Verlauf, hingegen 27 von 385 Patienten in einer Placebo-Gruppe. Über einen Zeitraum von 28 Tagen gab es keinen Todesfall unter den mit dem echten Medikament behandelten Patienten - dagegen zehn in der Placebo-Gruppe.

Abseits der direkten Effekte solcher Medikamente für die Behandelten selbst könnten sie auch einen Einfluss darauf haben, wie ansteckend infizierte Personen sind. Denn sie verkürzen auch die Dauer der Virusausscheidung. Außerdem könnte man durch eine Prophylaxe im möglichen Fall einer Ansteckung die notwendige Quarantänedauer für Kontaktpersonen abkürzen.

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