Lange Wartezeiten

Lieferengpässe: Die ersten Regale sind schon leer

Steiermark
28.10.2021 06:00

Kleine Chips, die großen Wirbel verursachen, und knappe Rohstoffe: Der weltweite Liefer-Engpass betrifft nun immer stärker Österreich. Das Problem: Vieles kommt gar nicht mehr an. Wird es eng mit den Weihnachtsgeschenken? Die „Krone“ hat sich in der Steiermark umgehört.

„Derzeit nicht erhältlich“ - ein Satz, den man im Moment oft hört. Neue Waschmaschine, neues Auto oder neues Haus? Das kann gerade etwas dauern. Auch für eine bestimmte Spielkonsole fragt man schon einmal in drei Geschäften nach - und am Ende hat man trotzdem nichts gekauft. Dabei ist uns oft nicht bewusst, wie sehr das Vorhandensein aller Dinge zum selbstverständlichen Teil des Alltags geworden ist. Verwöhnt vom Leben im Überfluss, könnte man seine Wünsche reduzieren oder sich nach etwas anderem umsehen.

Doch wer will schon verzichten? Geduld ist das Gebot der Stunde für die Konsumenten, aber um die alleine geht es nicht. Fehlende Waren bringen auch den Einzelhandel in eine Krise, während Lieferengpässe bei Vorprodukten wie Halbleitern, Kupfer, Holz und Kunststoff zu Produktionsbehinderungen führen. Vor allem Handelsstreitigkeiten, Naturereignisse und Staus vor großen Containerhäfen setzen Lieferketten unter Druck. Das führt dazu, dass Unternehmer volle Auftragsbücher haben, sie aber nicht abarbeiten können.

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Bei Elektroautos muss man mit einer Wartezeit von sechs Monaten rechnen, bei Fahrzeugen mit höherem CO2-Ausstoß bis zu ein Jahr.

Autohändler Klaus Edelsbrunner

Chip-Mangel in der Automobilindustrie
Am stärksten von diesen Ausfällen betroffen ist die Automobilindustrie. „Es ist dramatisch“, bestätigt Autohaus-Chef und Gremialobmann Klaus Edelsbrunner und führt weiter aus: „Bei Elektroautos muss man mit einer Wartezeit von sechs Monaten rechnen, bei Fahrzeugen mit höherem CO2-Ausstoß bis zu ein Jahr.“ Je mehr Komfortelektronik das Auto hat, desto länger dauere die Auslieferung, denn der Chipmangel bremse die Produktion. „Autos, die wir im Februar verkauft haben, sind jetzt erst hier.“ Edelsbrunner gibt an, dass ihm 25 bis 30 Prozent der Fahrzeuge fehlen.

„Das heißt, wir haben 18 Autos bekommen, liefern im Vergleichszeitraum aber sonst 50 aus.“ Durch die wenigen Anlieferungen könne man auch keine Gebrauchtwagen anbieten. „Wenn man schnell ein Auto braucht, dann helfen wir uns mit Vorführ- oder Lagerautos, aber zaubern wird immer schwieriger“, so Edelsbrunner.

Während er kaum planen kann, werden auch die Schauräume immer leerer. „Jeder Tag ist eine Überraschung. Wenn das noch ein Jahr dauert, wird es auch für die Mitarbeiter schwierig, denen die Provision fehlt“, sagt Edelsbrunner. Die herausfordernde Zeit versucht er gemeinsam mit seinem Team bestmöglich zu meistern. Bei großer Nachfrage und kleinem Angebot lautet seine Devise, den Bedürfnissen der Kunden trotzdem so gut es geht nachzukommen.

„Wir leiden unter langen Lieferzeiten“
Dass die Konsumenten um die Problematik Bescheid wissen und dementsprechend Verständnis zeigen, wenn bestimmte Produkte fehlen, ist eine Erfahrung, die Seniorchef Dieter Zöscher gerade macht. „Natürlich leiden wir unter den langen Lieferzeiten, bestimmte Waren sind erst für Februar 2022 angekündigt. Haushalts- und Fernsehgeräte sind knapp.“

Derzeit ist das Grazer Familienunternehmen mit circa 350 Geräten bei der Auslieferung im Rückstand. „Wir haben die Ware verkauft, können sie aber nicht liefern“, so Zöscher, der bei bestimmten Produkten gerade noch vom Lager zehren kann. Trotz hoher Nachfrage sei aber nicht festzustellen, dass die Menschen in Hinblick auf Weihnachten Panikkäufe tätigen würden.

Nur ein Drittel der Weihnachtsbestellung kam an
Im Spielwarengeschäft Voglmeir in Bruck an der Mur zeichnet sich hingegen ein Trend in Richtung verfrühte Weihnachtseinkäufe ab. Laut Heidelinde Herz würden Kunden vereinzelt befürchten, im Dezember vor leeren Regalen zu stehen, und sich jetzt schon um Geschenke kümmern. „Unser Geschäft ist ausreichend bestückt, aber einzelne Dinge werden bis zu den Festtagen vermutlich ausgehen“, bestätigt Herz.

Davon betroffen seien etwa Modellautos, Tierfiguren von Schleich oder batteriebetriebene Spielsachen aus China. „Es ist zwar nur ein Drittel unserer Weihnachtsbestellung gekommen, aber wir werden aufgrund unseres guten Bestandes trotzdem in keine Notsituation geraten.“

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Unser Geschäft ist ausreichend bestückt, aber einzelne Dinge werden bis zu den Festtagen vermutlich ausgehen.

Heidelinde Herz (Spielwarengeschäft Voglmeier)

Bestimmte Firmen hätten ab nächstem Jahr bereits einen Preisaufschlag von fünf Prozent angekündigt, rund 50 Prozent der Warenerzeuger würden vereinzelt oder gar nicht liefern. Herz rät daher, auf Hersteller wie Lego oder Ravensburger zu setzen. Denn: Bei europäischen Produzenten stünden keine Verzögerungen an. „Es gibt so viel Schönes aus Europa, vielleicht darf es heuer ein Traditionsspielzeug sein. Wir haben das Wissen und können jedes Spiel erklären.“ Sie appelliert an Eltern, nachhaltig und bewusst einzukaufen.

Dank Bauboom auf der Gewinnerseite
„Im stationären Handel ist gerade jetzt klare Kommunikation zwischen Händler und Konsument wichtig“, sagt auch Bernd Marinic. Die Lage sei volatil und könne sich wieder beruhigen. Doch drei bis vier Wochen länger müsse man warten, bis Wohnträume in Erfüllung gehen. Grundsätzlich würden die Geschäfte aber gut laufen. „Unsere Branche ist dank des Baubooms auf der Gewinnerseite.“

Der Inhaber des Einrichtungshauses Knittelfelder in Gleisdorf verfolgt die Vision, Menschen ein schönes Zuhause einzurichten. Ein Fokus liegt dabei auf der Arbeit mit Holz in der eigenen Werkstätte. Immer häufiger ist Marinic damit beschäftigt, diese Holzwerkstoffe aufzutreiben. „Spanplatten sind knapp. Beschlagteile oder Metallprofile fehlen ebenso.“ In diesem Zusammenhang sei die unmittelbare Nähe zu Lieferanten ein Vorteil, wenn es um stabile Bestellprozesse geht. „Bei bestimmten Teilen sind wir natürlich trotzdem in globale Lieferketten eingebunden“, sagt er.

Auch mit Preiserhöhungen habe er zu tun. „Werkstoffe sind um bis zu 100 Prozent teurer geworden. Dabei ist Holz für uns so notwendig wie für den Bäcker das Mehl“, so der Experte. Er gibt an, dass diese Erhöhung beim Endkunden noch nicht angekommen sei. „In der Hoffnung, dass sich der Preis beruhigt, bessert man nicht täglich nach“, sagt der Einrichtungshaus-Inhaber.

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