Nach Fernsehverbot

Dem „Gummiboot-Pfarrer“ fliegen die Herzen zu

Steiermark
24.10.2021 08:00

Der Pfarrer, über den das Land spricht: Josef Reisenhofer bekam Fernseh-Verbot, weil er aus einem Gummiboot predigte. Aus ganz Österreich bekommt er Unterstützung, in Hartberg fliegen ihm längst die Herzen zu. Wer ist der Geistliche, der die Kirche öffnen will?

Als sich der „Krone“-Fotograf am Hauptplatz niederkniet, um Hochwürden ins beste Licht zu rücken, bekommt man einen ersten Eindruck davon, warum Josef Reisenhofer die Herzen zufliegen: „So oft wie du muss man sich sonst nur in der Kirche niederknien.“

Der Autofahrerin, die vorsichtig am Kameramann vorbeifährt, ruft er zu: „Du brauchst keine Angst zu haben, das ist kein mobiles Radargerät!“ Ein Pfarrer, der scherzt. Der mit jedem gleich per Du ist. Man staunt und schmunzelt. Gibt’s auch nicht alle Tage.

„Er hat ein knallgelbes Gummiboot“
Dieses offensichtliche Anders-sein-als-die-anderen hat dem Hartberger Pfarrer („Ich bin der Joe“) diese Woche dicke Schlagzeilen in ganz Österreich beschert. Die „Krone“ taufte ihn den „Gummiboot-Pfarrer“, weil er eine Sommermesse im knallgelben Schinakel zelebriert hatte. „Seit ihr das geschrieben habt, singen die Leute, wenn sie mich sehen: ,Er hat ein knallgelbes Gummiboot.‘ Ist doch lustig.“

Nicht so lustig fanden das manche Verantwortliche in der Diözese Graz-Seckau. Weil er die liturgischen Regeln nicht eingehalten und es daraufhin Proteste von konservativen Gläubigen gegeben habe, wurde er mit einem „Bannfluch“ belegt: Fernseh-Verbot für den missionarischen Pfarrer und dessen beliebte Event-Gottesdienste! Gerechtfertigt oder nicht, an dieser Frage scheiden sich die Geister.

„Ich habe Hunderte E-Mails und Anrufe bekommen“
Fest steht nur eines: Dem Joe hat’s nicht geschadet. Im Gegenteil. „Ich habe Hunderte E-Mails und Anrufe bekommen, von der Bauersfrau bis zum hohen Politiker. 99 Prozent davon waren für eine menschennahe Liturgie, wie das ja nicht nur hier in Hartberg geschieht. Das ist ein Zeichen dafür, dass den Menschen die Kirche nicht wurscht ist. Dieses massive Interesse kann diese Krise zur Chance machen.“

Ein digitaler Vorreiter
Mit den im Fernsehen und ins Internet übertragenen Messen haben sich Reisenhofer und sein Team über die steirischen Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Der 60-Jährige war einer der Ersten, der die neuen Medien für die Verkündung der frohen Botschaft nutzte: „Da gibt’s Leute, die krank im Spital liegen und sich freuen, trotzdem am Gottesdienst teilnehmen zu können. Oder Jugendliche, die mir sagen, sie liegen am Sonntag noch im Bett und schauen sich auf dem iPad die Messe an. Wie heißt es so schön? Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“

Aber müssen Sie sich dafür in ein Gummiboot setzen, Hochwürden? „Wenn ich, wie Jesus, die Wunderkraft hätte, übers Wasser zu gehen, hätte ich es nicht gebraucht“, sagt der oststeirische Seelsorger und lacht. Man lacht mit.

„Kein Konflikt zwischen Pfarrer und Bischof“
Ernst wird er erst wieder, als die Sprache auf die aktuelle Situation kommt: „Es handelt sich um keinen Konflikt zwischen Pfarrer und Bischof, sondern um das Spannungsfeld zwischen Traditions-Bewahrung und lebensnaher Kirche.“ Reisenhofer wirbt da für einen „Weg der Vielfalt“: „Es kann doch auch jemand, der einen Schweinsbraten bestellt, mit einem Veganer gemeinsam am Wirtshaus-Tisch sitzen.“ Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Pfarrer!

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