„Krone“ vor Ort

Eine Mut-Injektion vom Papst in Krisenzeiten

Ausland
16.09.2021 06:02

Für viele Gläubige ist er ein Hoffnungsanker während der Corona-Pandemie: In unserem Nachbarland flogen Franziskus die Herzen zu. Die „Krone“ mischte sich in der Slowakei auch unter die Gläubigen.

Sastin, ein 5000-Einwohner-Städtchen unweit der rot-weiß-roten Grenze, erwacht unter Halleluja-Gesängen aus riesigen Lautsprechern. Die Völkerwanderung in Richtung des slowakischen Marien-Wallfahrtsorts setzt schon im Morgengrauen ein. Aus allen Richtungen kommen sie, Pilger in kurzen Hosen und T-Shirts, in Nationaltrachten und Ordensgewändern, mit Kreuzen an der Brust und Fahnen in der Hand, um am „Gedenktag der sieben Schmerzen Mariens“ dem alten Mann in Weiß nahe zu sein. Der Strom der 45.000 wälzt sich über Äcker und Wiesen und bewegt sich unaufhaltsam in Richtung der in neuem Glanz erstrahlenden Basilika. Als die Sonne über dem Gotteshaus aufgegangen ist und das slowakische Nationalheiligtum in mildes Licht taucht, sind die ersten Plätze vergeben. Hauptsächlich an Einheimische, aber auch an einige Österreicher.

Für einen Moment sind die Sorgen vergessen
In schweren Zeiten scharen sie sich um ihr religiöses Oberhaupt, erhoffen sich von ihm Trost, Zuspruch, Stärkung im Glauben. Die Pandemie hat auch in der Slowakei tiefe Spuren hinterlassen, Tausende Tote gefordert, so manchen an „seinem Gott“ zweifeln lassen. Doch um halb zehn, als sich das Papamobil (das nächste wird übrigens von Magna in Graz gebaut) seinen Weg durch die Menschenmassen bahnt und Franziskus Daumen, Zeige- und Mittelfinger zum Segensgruß streckt, sind alle Sorgen vergessen. Vitaj svety otac! Willkommen, Heiliger Vater!

Auch Gläubige aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland begrüßen den hohen Gast aus Rom am letzten Tag seiner viel beachteten Osteuropa-Reise. Antonia und Martin sind schon zeitig in der Früh losgefahren und haben sich geduldig in die Hunderte Meter lange Menschenschlange vor dem Eingang eingereiht: „Eineinhalb Stunden haben wir auf den Einlass gewartet, aber es hat sich gelohnt. Den Papst so hautnah zu erleben, ist ein Erlebnis, das man nicht alle Tage hat.“

Lucia ist ebenfalls begeistert von der Ausstrahlung des Argentiniers, der in den vergangenen Tagen deutliche Worte zur Ausgrenzung von Roma in der Slowakei gefunden und damit die Amtskirche schwer irritiert hat: „Es ist ein schönes Zeichen, dass so viele Menschen gekommen sind. Er ist eine Autorität, die für Moral und Ethik steht und uns allen ins Gewissen redet.“

„Begnügt euch nicht mit alten Traditionen“
Das macht dieser Jorge Mario Bergoglio auch an diesem prächtigen Mittwoch. Er fordert die Katholiken auf, sich nicht mit Ritualen und alten Traditionen zu begnügen. Mahnt, dass Christen den Dialog fördern und solidarisch sein sollten und das Leben schützen müssten. Und warnt: „Der Glaube lässt sich nicht auf einen Zuckerguss reduzieren, der das Leben versüßt.“ Deutliche Worte, die in Sastin gut ankommen. Und zum Nachdenken anregen!

Das Geschäft mit Franziskus
Nicht nur die Worte des Papstes, auch Andenken und Souvenirs haben zahlreiche Pilger von der Reise mitgenommen. Das Geschäft mit dem Heiligen Vater brummt, zumindest im „heiligen Land Slowakei“: Von den 5,5 Millionen Einwohnern unseres Nachbarlandes sind gut drei Viertel getauft, 69 Prozent bekennen sich zur römisch-katholischen Kirche. Obwohl das Land einst kommunistisch war, ist das einer der höchsten Werte in Europa.

Und so machen Souvenirhändler, die ihre bunten Stände am Rande des Festgeländes gut sichtbar positioniert haben, das Geschäft ihres Lebens. Im Marienwallfahrtsort sind Statuen der Gottesmutter freilich am beliebtesten, doch diesmal sichern sich die meisten Gläubigen günstige Andenken an die 34. Auslandsreise von Franziskus. Nicht nur klassische Papstbilder und Rosenkränze mit dem Antlitz des Heiligen Vaters (zwischen 3 und 5 Euro) gehen über die Ladentische, sondern auch süße Oblaten, die einen milde lächelnden Pontifex zeigen. Eine Verkäuferin freut sich über die kaufwütigen Papst-Fans besonders: „Wie ich mögen sie seine Menschlichkeit, und sie respektieren, dass er auch an die Ränder der Gesellschaft geht.“

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