„Vorbild für viele“

11 Jahre Haft für Lukaschenko-Gegnerin Kolesnikowa

Ausland
06.09.2021 13:25

Die weißrussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa ist fast ein Jahr nach ihrer Festnahme im Zuge der Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das teilte das Gericht am Montag in Minsk nach Angaben weißrussischer Staatsmedien mit. Kolesnikowas Vater hatte dem deutschen Sender ARD gesagt: „Ich erwarte keine Überraschungen und natürlich kein gerechtes Urteil.“ Seine Tochter vollbringe eine „mutige Tat“ und sie sei „Vorbild für viele“. Der mit Kolesnikowa angeklagte Anwalt Maxim Snak erhielt zehn Jahre Haft.

Das Urteil erging wegen angeblicher versuchter illegaler Machtergreifung. Der international kritisierte Prozess gegen Kolesnikowa und Snak hatte Anfang August begonnen. Die beiden hatten mit anderen Lukaschenko-Gegnern den Koordinierungsrat für eine friedliche Machtübergabe in Weißrussland gegründet.

Die Behörden des autoritär regierten Staates hatten Kolesnikowa eine Verschwörung mit dem Ziel einer illegalen Machtergreifung sowie die Gründung und Führung einer extremistischen Vereinigung vorgeworfen. Kolesnikowa selbst sprach gegenüber dem unabhängigen russischen Internetsender Doschd von einer „absurden Anschuldigung“. Das sei ein weiteres Beispiel für die „Gesetzlosigkeit des Polizeistaates“.

Mit Händen in Handschellen Herz geformt
Kolesnikowa und Snak mussten bei dem Prozess in der Hauptstadt Minsk in einem Gitterkäfig sitzen. Zu der Verhandlung hinter verschlossenen Türen waren nur Staatsmedien zugelassen - nicht aber Familienangehörige. Die Urteilsverkündung am Montag war dagegen öffentlich. Vor dem Gerichtsgebäude bildete sich eine lange Menschenschlange. Am letzten Prozesstag formte Kolesnikowa mit ihren Händen in Handschellen ein Herz in dem vergitterten Glaskasten (siehe Video unten).

Wegen des Vorgehens gegen Andersdenkende hatten auch die EU und die USA wiederholt Sanktionen gegen Weißrussland erlassen. Der Machtapparat in Minsk zeigte sich davon stets unbeeindruckt. Lukaschenko, der als „letzter Diktator Europas“ gilt, wird vor allem vom russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützt.

Kolesnikowa war im Zuge der Präsidentenwahl vom 9. August des Vorjahres zusammen mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo international bekannt geworden. Die beiden anderen Frauen sind im Ausland im Exil. Nach den Fälschungsvorwürfen gegen die Präsidentenwahl hatte sich Kolesnikowa den Massenprotesten gegen Lukaschenko angeschlossen. Zuvor hatte sie sich als Wahlkampfmanagerin für den ebenfalls inhaftierten Bankier Viktor Babariko engagiert.

Pass zerrissen
Anfang September des Vorjahres wurde die Aktivistin vom Geheimdienst KGB in Minsk entführt. Als sie in die Ukraine abgeschoben werden sollte, zerriss sie kurz vor dem Grenzübergang ihren Pass und vereitelte so Pläne, sie aus dem Land zu vertreiben. Kolesnikowa hatte immer wieder deutlich gemacht, den Kampf gegen Lukaschenko im Land führen zu wollen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) zeigten sich über die Haftstrafe für die Bürgerrechtlerin bestürzt. Mit der Verurteilung habe „das System Lukaschenko einen weiteren Tiefpunkt in der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung gesetzt“, so Schallenberg in einer gemeinsamen Aussendung am Montag. Kurz betonte: „Die tapferen Frauen und Männer im Würgegriff des belarussischen Systems, die für ihre Rechte einstehen, brauchen uns mehr denn je.“

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