Marsflug-Simulation

Astronauten setzen erstmals Fuß auf virtuellen Mars

Wissenschaft
14.02.2011 12:59
Ein Russe und ein Italiener haben am Montag als erste Menschen ihren Fuß auf den Mars gesetzt - allerdings nur virtuell und im Rahmen einer russisch-europäisch-chinesischen Raumfahrt-WG in Moskau. Am Samstag waren die seit mehr als acht Monaten von der Außenwelt fast völlig isolierten Teilnehmer des Raumfahrt-Experiments virtuell auf dem Roten Planeten gelandet. Seit Juni 2010 simulieren insgesamt sechs Männer aus Russland, China, Italien und Frankreich in dem Projekt "Mars 500" die über 100 Millionen Kilometer weite Reise.

Alexander Smolejewski und Diego Urbina vollzogen am Valentinstag wie dereinst Neil Armstrong auf dem Mond den "kleinen Schritt für einen Menschen und großen Sprung für die Menschheit". Als Erstes pflanzten sie am Montag auf dem Roten Planeten eine russische Fahne auf. Diese habe aber leider nicht so "geweht" wie die amerikanische 1969 auf dem Mond, monierte die Raumfahrtagentur Roskosmos. Dieser Fehler werde aber noch behoben, zumal es auf dem Mars eine Atmosphäre und damit auch Wind gebe.

"Landemodul" für zwei Stunden verlassen
Beide Männer hatten das "Landemodul" des Experimentalkomplexes "Mars 500" im Moskauer Institut für Medizinisch-Biologische Probleme (IMBP) in den Mittagsstunden in ihren "Orlan-E"-Raumanzügen für rund zwei Stunden verlassen. Sie hätten alle Aufgaben des ersten von drei Ausstiegen erfüllt, betonte Roskosmos, ohne allerdings Details zu nennen.

Zu den weiteren Aufgaben des Duos gehört es weiters, auf der naturgetreu nachgestalteten Mars-Oberfläche das Terrain für einen künftigen Landeplatz abzustecken, Boden- und Gesteinsproben zu nehmen sowie das künstlich geschaffene Magnetfeld zu messen. Dabei sollte es von dem Mini-Rover "Gulliver" unterstützt werden, der mit einem Roboterarm und mehreren kleinen Kameras ausgerüstet ist und von dem Chinesen Yue Wang aus dem Landemodul ferngesteuert werden sollte.

Das bisher realistischste Experiment zur Simulation eines Mars-Fluges in der hermetisch abgeschlossenen IMBP-Versuchsanlage erreicht mit dem erfolgreichen ersten Ausstieg nach acht Monaten seine entscheidende Phase. Den zweiten absolvieren der Russe und der Chinese am 18. Februar, beim dritten am 22. Februar wird Smolejewski erneut von Urbina begleitet.

"Rückkehr" zur Erde für 5. November geplant
Am 23. Februar tritt das Trio den Rückflug an und steigt nach drei Tagen Quarantäne am 27. Februar in das Mutterraumschiff um, in dem "Mars 500"-Kommandant Alexej Sitjow, der Arzt Suchrob Kamolow (beide Russland) und der Franzose Romain Charles verblieben waren. Der Rückstart zur Erde ist für den 1. März geplant, die "Landung" am 5. November.

Das russische Institut für biomedizinische Probleme und die Europäische Raumfahrtbehörde ESA als Organisatoren wollen mit dem Experiment testen, wie die 26 bis 38 Jahre alten Teilnehmer auf eine so lange Zeit in Isolation reagieren. Der Test soll 520 Tage dauern, die "Astronauten" dürfen ihre enge Raumkapsel also erst im November wieder verlassen. Eine wirkliche Mars-Expedition ist frühestens in 20 Jahren geplant.

"Ein Paradies für Forscher"
"Diese geschlossene Gesellschaft ist ein Paradies für Forscher", sagt Alexander Choukèr von der Ludwig-Maximilians-Universität München der Nachrichtenagentur dpa. Der Anästhesist nutzt die Isolation der "Raumfahrer", um mithilfe ihrer Urin- und Speichelproben die Wirkung von Stress auf das Immunsystem zu untersuchen.

Parallel analysieren Wissenschaftler der Universität Erlangen die Balance des Salz- und Wasserhaushalts, sagt Arzt Jens Titze. "20 Millionen Deutsche haben einen zu hohen Blutdruck, wir prüfen den Einfluss von Kochsalz." Dafür müssen die sechs Männer einen strengen Diätplan einhalten. "Die Essensvorgabe ist eine Riesenbelastung", weiß Titze.

"Das Experiment ist kein Spiel, sondern ein Projekt auf Weltniveau", schwärmt Direktor Igor Uschakow vom Moskauer Institut für biomedizinische Probleme IBMP, auf dessen Gelände das "Raumschiff" steht. In röhrenförmigen Modulen sind dort Forschungs-, Versorgungs-, Wohn- und Landetrakt untergebracht. Dunkle Holzvertäfelung verbreitet sowjetischen Charme.

Wie bei der TV-Show "Big Brother" übertragen Kameras im fensterlosen Container das Geschehen in einen benachbarten Kontrollraum. Gespräche werden aber nicht mitgehört. "Natürlich kommt es 'an Bord' zu Konflikten", räumt Boris Morukow vom IBMP ein. "Dann raten wir den Männern zur Aussprache." Bisher sei alles gut gegangen.

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