Spricht von „Desaster“

Wiener Krebsforscher zweifelt Glyphosat-Studien an

Wissenschaft
03.07.2021 12:19

Der Wiener Krebsforscher Siegfried Knasmüller zweifelt die Unbedenklichkeitseinschätzung des Pestizids Glyphosat durch EU-Behörden an. Eine Untersuchung des Toxikologen legt nahe, dass diese Einschätzung auf fragwürdigen und veralteten Untersuchungen beruhe. Knasmüller untersuchte insgesamt 53 Studien zu möglichen Erbgutschäden, die die Industrie bei den EU-Zulassungsbehörden eingereicht hatte.

Diese Studien wurden laut „Spiegel“ wegen vermeintlicher Geschäftsgeheimnisse der Industrie lange unter Verschluss gehalten, erst 2019 beendete das Gericht der Europäischen Union (EU) in Luxemburg auf Veranlassung einer Nichtregierungsorganisation diese Blockade.

Tests entsprachen meist nicht OECD-Standards
Knasmüller hält die Studien, die die Unbedenklichkeit von Glyphosat belegen sollen, für ein „Desaster“. Mal habe die untersuchte Zellenzahl nicht gereicht, mal seien nicht genügend Bakterienstämme verwendet worden. Den bereits seit 2014 geltenden OECD-Standards hätten die Tests meist jedenfalls nicht entsprochen. Dennoch habe das für die EU mit der Risikoabschätzung beauftragte Berliner Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) die meisten dieser Tests im Jahr 2015 als „akzeptabel“ bezeichnet, so der Bericht.

Im Gegensatz zu den staatlichen Prüfern, die 85 Prozent der Studien zur Gentoxizität (also einer Schädlichkeit für die DNA) für akzeptabel hielten, stufte Knasmüller nur vier Prozent als zuverlässig ein, wie der „Spiegel“ weiter berichtete. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hingegen hatte 45 dieser Studien als vollwertige und sechs weitere als ergänzende Beweise für die Abwesenheit von Gentoxizität akzeptiert und sich im November 2015 für eine Wiederzulassung von Glyphosat ausgesprochen.

Seit Jahren Streit um Gefährlichkeit des Pestizids
Um die Gefährlichkeit des Pestizids Glyphosat wird seit Jahren gestritten. 2015 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO den Wirkstoff als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Der Bayer-Konzern, weltweit einer der größten Produzenten glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel, verweist dagegen darauf, dass „Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt weiterhin zu dem übereinstimmenden Schluss kommen, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung sicher und weder genotoxisch noch krebserregend“ sei.

„Subtrahiert man von den 53 Gentoxizitäts-Studien der Industrie all jene Studien, die in der Durchführung grob fehlerhaft und im Studiendesign ungeeignet sind, dann bleibt am Ende nichts über. Nichts, außer der Frage, auf welcher Grundlage die EU-Behörden jemals behaupten konnten, Glyphosat sei ,nicht genotoxisch‘“, sagte der österreichische Global-2000-Biochemiker und Autor des Buches „Die Akte Glyphosat“, Helmut Burtscher-Schaden, in einer der APA übermittelten Stellungnahme.

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