Digitales Pfandschloss

Keine Münzen mehr im Einkaufswagen?

Nachrichten
25.06.2021 11:47

Wem ist es nicht schon einmal passiert, dass man sich einen Einkaufswagen nehmen will und plötzlich bemerkt, dass man weder eine passende Münze noch einen Chip parat hat? Dieses Szenario könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Denn auf der Fachmesse Euroshop 2020 stellte die Firma Wanzl, der Weltmarktführer für Einkaufswagen, eine echte Innovation vor: digitale Pfandschlösser, die sich ganz ohne Münze oder Chip öffnen lassen.  

Die ersten Prototypen stehen bereits zum Praxistest bei Supermarktketten und Discountern wie Rewe, Hofer oder Lidl in den Startlöchern. Grund genug, sich das System einmal genauer anzuschauen.

Wie funktioniert das digitale Pfandschloss?
Als der erste Einkaufswagen am 8. September 1937 in Amerika zum Einsatz kam, stieß die Neuerung nicht gerade auf Begeisterung. Gerade Männer fühlten sich beim Schieben eines Einkaufswagens zu sehr an einen Kinderwagen erinnert, der zu diesen Zeiten noch den Frauen vorbehalten war.

Doch trotz dieses ersten Widerstands konnte sich der Einkaufswagen in der Folge recht schnell durchsetzen - schließlich war die Idee am Ende doch einfach zu praktisch, um sie zu ignorieren. In den 1950er Jahren sicherte sich der Unternehmer Rudolf Wanzl die Rechte an der Einkaufshilfe. Das Unternehmen gilt heute als Weltmarktführer. Wer beim Besuch von Rewe, Hofer, Lidl und anderen Supermärkten genau hinschaut, wird am Einkaufswagen garantiert den Schriftzug der Firma finden.

Sofern Sie einen Einkaufswagen benutzen natürlich - denn in Zeiten, in denen immer mehr Verbraucher die Vorzüge des bargeldlosen Bezahlens für sich entdecken, kann es durchaus häufiger vorkommen, dass Sie wie eingangs beschrieben, keine passende Münze dabei haben und so keinen Einkaufswagen nutzen können. Das ist allerdings schlecht für die Supermarktbetreiber. Denn Kunden, die keinen Einkaufswagen benutzen, kaufen auch weniger ein.

Abhilfe könnte das von der Firma Wanzl entwickelte digitale Pfandschloss schaffen. Damit lässt sich der Einkaufswagen ganz einfach per App öffnen. Am Einkaufswagen befindet sich dann ein QR-Code, über den die App heruntergeladen werden kann. Ist die App bereits vorhanden, kann der Kunde den Einkaufswagen ganz einfach per Bluetooth entsperren.

Was sind die Vor- und Nachteile des neuen Systems?
Ob man ihn nun mit einer passenden Münze, einem Plastikchip oder per Handy entsperrt: gerade den Wocheneinkauf kann man sich ohne Einkaufswagen nicht mehr vorstellen. Getestet werden soll das System unter anderem bei Lidl in Deutschland und Österreich. Wer sich etwa - je nach Standort - mit gewissenhafter Vorbereitung im Lidl-Deutschand-Prospekt oder im Lidl-Österreich-Prospekt die besten Angebote zusammengesucht hat und auf Vorrat kaufen will, schaut ohne Einkaufswagen schnell in die Röhre.

Das kann etwa passieren, wenn man bei all der Planung des eigentlichen Einkaufs das passende Münzgeld oder einen Plastikchip als Pfand für den Einkaufswagen vergisst. Im Gegensatz zu diesen beiden Utensilien hat man sein Handy heutzutage eigentlich ständig bei sich.

Die Betonung liegt auf „eigentlich“. Denn das gilt nicht zwangsläufig für ältere Menschen, von denen ein bedeutender Teil überhaupt kein Smartphone besitzt. Würden alle Einkaufswagen plötzlich auf ein digitales Pfandschloss umgestellt werden, stünde diese Personengruppe plötzlich vor einem Problem.

Für die Supermarktbetreiber bietet das digitale Pfandschloss hingegen einen großen Vorteil. Da sich die Funktion zum Entsperren der Einkaufswagen ohne größere Probleme in die bestehenden Apps von Supermärkten, Discountern oder Drogerien integrieren lässt, werden zwangsläufig mehr Kunden diese auf ihren Smartphones installieren. Das eröffnet natürlich die Möglichkeit, Kunden neben den altbekannten Prospekten gezielter über neue Angebote und Aktionen zu informieren.

Warum sind Einkaufswagen überhaupt pfandpflichtig?
Während Pfandsysteme etwa bei Getränken im Sinne des Umweltschutzes längst auf große Akzeptanz stoßen, fragt man sich bei Einkaufswagen erst einmal, warum für diese überhaupt ein Pfand erhoben wird. Am einfachsten wäre es schließlich, wenn man einfach zu Rewe, Hofer oder Lidl gehen und sich dort einen der vorhandenen Einkaufswagen nehmen könnte.

Der Grund, warum es ein Pfandsystem für Einkaufswagen gibt, ist im Grunde recht einfach: bevor das System eingeführt wurde, verschwanden einfach zu viele Einkaufswagen, zum Beispiel dadurch, dass Kunden diese mitunter bis vor die eigene Haustür schoben und später nicht mehr zum Supermarkt zurückbrachten. Mitunter wurden sogar eigene Mitarbeiter eingestellt, die in der unmittelbaren Umgebung nach verloren gegangenen Einkaufswagen suchen sollten.

Ob dieses Problem mit den digitalen Pfandschlössern nicht wieder weiter um sich greift scheint unwahrscheinlich, ist aber nicht ganz ausgeschlossen. Denn nach dem Entsperren des Wagens gibt es abseits der guten Kinderstube grundsätzlich keinen Anlass, den Wagen nach dem Einkauf wieder zur Sammelstelle zurückzubringen. Eine Rückverfolgung über die App dürfte aus Datenschutzgründen zum Beispiel schwierig werden. Doch es darf davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten Unternehmen hier eine kreative Lösung finden werden.

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