„Krone“-Interview

Vorarlberger Filmemacher installiert Cyber-Bordell

Vorarlberg
30.01.2021 07:38

Der aus Vorarlberg stammende Filmemacher Philipp Fussenegger hat eine Doku über eine Frau gedreht, die mit ihren Muskeln die Welt erobern will. Nebenbei hat er in Berlin noch ein „Cyber-Bordell“ installiert. Im großen „Krone“-Interview verrät er auch, wie es um sein Filmprojekt „Die Skilehrer“ steht.

„Krone“:Heuer warst du mit deinem Dokumentationsfilm „I am The Tigress“ beim Max Ophüls Festival eingeladen. Vor zwei Jahren hast du dort schon einmal einen Preis gewonnen, diesmal hat es leider nicht geklappt. Ist die Enttäuschung groß?
Philipp Fussenegger: Es ist ein Superfestival, allerdings findet bedauerlicherweise alles online statt. So erhält man wenig Resonanz. Auch von Kollegen, mit denen man sich sonst immer gut austauschen konnte. In Zukunft muss man sich wohl etwas Anderes für Festivals dieser Art überlegen. Online funktioniert hier einfach nicht.

In deiner Doku stellst du Tischa vor, die unbedingt die weltbeste Bodybuilderin werden will, aber nicht die Anerkennung erfährt, die sie sich wünscht. Wieso ist das Thema gesellschaftlich relevant, wie bist du darauf gestoßen?
Ich habe mich selbst lange damit beschäftigt, wie Männer eigentlich aussehen sollen. Darüber bin ich beim Bodybuilding gelandet. Ich finde es ein starkes Statement von Frauen, richtig Muskelmasse aufzubauen. Hier wird innere Stärke nach außen getragen - und zwar mit dem Risiko, auf gesellschaftliche Akzeptanz verzichten zu müssen. Viele haben während der Produktion des Films gemeint, dass es wohl ganz schön schwierig sein würde, für einen Film mit einer schwarzen, muskelbepackten Hauptdarstellerin einen Platz zu finden. Der Film soll einen Beitrag zur Gender-Debatte leisten. Bodybuilding ist eine Männerdomäne. Und Tischa ist nun nicht nur Teil dieser Szene, sondern arbeitet auch noch als Domina. Sie steht also in einem regelrechten Spannungsfeld der Geschlechter.

Der Film lässt in eine Welt blicken, die wohl den meisten neu ist. Du hast dabei aber auf die Inszenierung einer strahlenden Heldin verzichtet und zeigst stattdessen auch recht deprimierende Facetten aus Tischas Leben.
Ja, die Kehrseite des American Dream. Tischa tritt bei Bodybuilding-Meisterschaften an, erreicht aber nie den ersten Platz. Es kann eben immer nur einer gewinnen, alle anderen verlieren. Der Unterschied dieser Heroine´s Journey zu einer gewöhnlichen Heldenreise ist wohl der Umstand, dass Tischa am Schluss auch ohne Champion-Titel einen Platz in dieser Welt findet.

Welchen?
In Berlin. Dort arbeitet sie seit einiger Zeit in Clubs als Tänzerin und auch als Stand-Up-Comedian. Ein solides Leben, wenn man so will. Zumindest solider als in der New Yorker Unterschicht wie bisher.

In Sachen Bodybuilding hast du dich auch mal mit Arnold Schwarzenegger unterhalten. Ihr wart aber nicht derselben Meinung.
Stimmt. Arnold wollte, wie auch andere Verantwortliche, die Schwergewichtsklasse beim Damen-Bodybuilding streichen. Ich habe ihn gefragt, warum er das tut? Haben Frauen kein Recht, sich so zu zeigen? Viele fanden das diskriminierend. Jetzt wurde diese Gewichtsklasse übrigens wieder eingeführt.

Du hast schon vor Jahren einen Pilotfilm zur Comedy-Serie „Die Skilehrer“ gedreht. Nach Corona ist die Realisierung der Serie wohl noch schwieriger als zuvor.
Es gab zwar mit unterschiedlichen Sendern Verhandlungen, aber ein echtes „Go!“ für die Weiterentwicklung ist immer noch ausständig. Da fehlt es wohl noch an Vertrauen, an vorweisbaren Erfolgen und an Connections. Das ändert sich aber hoffentlich bald.

Abgesehen vom Film beschäftigst du dich noch mit einem anderen Projekt. In Berlin hast du ein „Cybrothel“ gegründet. Was wird da geboten?
Es geht dabei um Sexualität und Technologie und wie sich diese beiden Dinge miteinander verflechten. Sex mit Robotern und Augmented-Reality-Technologie. Eine Spielwiese für neue Technologien, die gerade im Kommen sind. Das Besondere ist: Weil die Künstliche Intelligenz noch nicht so weit entwickelt ist, dass man echte Konversation betreiben könnte, spielen Schauspieler unsere Roboter. Das kann man sich wie Telefonsex vorstellen. Für Männer, die etwas Neues ausprobieren wollen. Alle unsere Dolls haben spezielle Charaktere und werden von unterschiedlichen Schauspielerinnen gespielt und sind in der Augmented Reality buchbar - man kann mit ihnen aber auch im Hotel Zeit verbringen.

Klingt nach einem ausbaufähigen Zukunftsprojekt.
Dieses Feld könnte sich noch extrem weiterentwickeln, sodass man etwa Roboter zu Hause hat, die nicht nur putzen. Vor Jahren habe ich einen Film über einen Mann gedreht, der mit Puppen zusammenlebte. Damals war das noch extrem freakig, heute hat sich das schon normalisiert. Ich erhoffe mir durch das Cybrothel auch ein ethisch korrekteres Modell für Sexarbeit. Wo Frauen nicht ausgebeutet werden in der Form, wie es heute oft stattfindet. Das ist auch oft für unsere Kunden einer der Gründe, warum sie zu uns kommen. Die wollen keine Frauen ausbeuten, sondern lieber mit Puppen Zeit verbringen. Auch in dieser Pandemie stellt das eine ganz gute Lösung dar. Eine Möglichkeit, Kontakt zu haben, aber eben keinen richtigen Kontakt.

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