Antrag als Bumerang

„Pinker Umfaller“ beim Streitthema Ganztagsschule

Wien
28.01.2021 20:33

Schmerzliche Abstimmung für die Wiener NEOS im Gemeinderat: Die Stadtpinken, die mit Christoph Wiederkehr den Bildungsstadtrat stellen, haben am Donnerstag in Sachen Gratis-Ganztagsschule gegen sich selbst gestimmt, um keinen Koalitionsbruch zu riskieren. Einem Beschlussantrag der ÖVP zur Gleichstellung von verschränkten und offenen Ganztagsschulen, der wortident im Vorjahr von den NEOS eingebracht worden war, stimmten zwar FPÖ und auch Grüne zu, nicht aber der aktuelle Regierungspartner der SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig. Die Volkspartei spricht von einem „pinken Umfaller“ und will weiter nachbohren.

Während der Besuch verschränkter Ganztagsschulen - hier wechseln sich Unterrichts-, Lern- und Freizeiteinheiten den ganzen Tag über ab - mit Beginn des laufenden Schuljahres 2020/21 an mehr als 70 Schulstandorten gratis ist, sind offene Ganztagsschulen sowie alle anderen Formen der Nachmittagsbetreuung - wie berichtet - weiterhin kostenpflichtig. Rund 18.000 Wiener Kinder und Eltern sind davon betroffen, es geht um Beträge in der Höhe von rund 2500 Euro pro Jahr. Elternvertreter fordern ein Ende der Ungleichbehandlung und sammelten mit einer Petition bereits mehr als 4100 Unterschriften ein. ÖVP, FPÖ, Lehrer und auch Schülervertreter schlossen sich der Kritik mittlerweile an.

„Es ist einfach ungerecht, dass Eltern de facto Tausende Euro Strafe zahlen müssen, nur weil sie sich gegen das SPÖ-Wunschmodell der verschränkten Form entscheiden“, kritisiert der Wiener ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß die Ungleichbehandlung. Die Türkisen brachten deshalb am Donnerstag im Gemeinderat den Antrag der NEOS von Juni 2020 wortident ein.

Damals hatten sich die NEOS noch kämpferisch für eine Gleichstellung der beiden Schulmodelle eingesetzt. „Die Bevorzugung der verschränkten Ganztagsschulen widerspricht jedem Anspruch auf Gleichbehandlung“, hieß es in ihrem Antrag im vergangenen Juni. Der Antrag wurde abgelehnt und das Thema verschwand nach erfolgreichem Einzug in die Wiener Stadtregierung von der pinken Agenda. Im Büro Wiederkehrs war zuletzt lediglich die Rede davon, „zu prüfen, ob eine Erweiterung für weitere Schulformen möglich ist“.

Abgelehnter Antrag wird für NEOS zum Bumerang
Doch der abgelehnte Antrag entpuppt sich nun als Bumerang für Wiederkehr. Besonders schmerzlich für die Stadtpinken, dass am Donnerstagabend nicht nur die FPÖ, sondern auch die Grünen dem wortidenten Beschlussantrag der ÖVP im Gemeinderat zustimmten. Die Frage, ob er es tatsächlich als fair erachte, „dass nicht alle Formen der Nachmittagsbetreuung gratis sind“, habe Wiederkehr in der Sitzung „komplett umschifft“, so Zierfuß.

Statt zu antworten habe der Bildungsstadtrat „eine Lobeshymne auf die verschränkten Ganztagsschulen gehalten“. Wiederkehr sei in dieser Regierungskoalition nicht in der Lage, „seine Positionen durchzusetzen“, kritisiert Zierfuß. Spannend jedenfalls, dass der NEOS-Stadtrat die Schulform jetzt als einen „wichtigen Baustein in Richtung mehr Chancengerechtigkeit“ bezeichnet. Zur Erinnerung: Vor rund einem Jahr hatte Wiederkehr die Gratis-Ganztagsschule noch als „reines Wahlkampfzuckerl“ bezeichnet, das „bildungspolitisch, nicht zu mehr Chancengleichheit führen“ werde.

Die türkise Stadträtin Bernadette Arnoldner ist von den NEOS enttäuscht: „Die Wiener NEOS haben in der rot-pinken Koalition bereits zahlreiche Forderungen über Bord geworfen. Aber heute hatten sie die Chance, sich für die Beseitigung einer Ungerechtigkeit stark zu machen“. Mit einer schriftlichen Anfrage an Wiederkehr will die ÖVP „noch einmal nachbohren“.

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