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KW 3 - die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche

Musik
23.01.2021 06:00

Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!

(Bild: kmm)

Asphyx - Necroceros
Es gibt Death Metal und es gibt Death Metal. Die Holländer von Asphyx sind nicht nur in ihrem Genre eine Institution, sondern mit fast 35 Jahren Bandgeschichte (inkl. Pause) ein Eckpfeiler über die Grenzen hinaus. „Necroceros“ folgt dem famosen 2016er Rundling „Incoming Death“ und wurde gezwungenermaßen das erste Lockdown-Album. Dass die Truppe nichts von ihrer unbändigen Aggression eingebüßt hat ist ihr hoch einzurechnen. Langjährige Fans werden sich womöglich ob der doomigeren Ausrichtung stoßen, aber die Niederländer wussten ihre Gebolze schon immer erfolgreich zu strecken. Mit dem fast achtminütigen „Three Years Of Famine“ gelingt der Band ihr absolutes Opus Magnum. Eine derartige Vermischung aus alles zermalmendem Todmetall und zähflüssiger Doom-Lava kennt man maximal von Bolt Thrower. Wer es schneller und harscher will, der kann seinen Schädel mit „Botox Implosion“ (samt dreckigem Anfangslacher) vom Rumpf schrauben. 50 Minuten Zerstörung mit einem Martin van Drunen, der stimmlich auch mit Mitte 50 noch alles zerbolzt. Eine Referenzscheibe! 8,5/10 Kronen

Bashdown - Pushing The Envelope
Die Klänge der Hannoveraner Härtnerkapellle Bashdown haben etwas Nostalgisch-Tröstliches. Der bleischwere Metal mit Machine Head-Referenzen und Hardcore-Einschlag erinnert irgendwie an die Mitte der 00er-Jahre, als weder die große Finanzkrise, noch der Klimawandel und eine globale Pandemie ein großes Thema waren. Das Cover-Artwork ihres Zweitwerks „Pushing The Envelope“ scheint auch eine Mischung aus all diesen Tragödien zu sein und beweist, dass die Deutschen nicht nur im Klischee ballern. Der Bandname ist jedenfalls Programm, denn so harsch und kompromisslos wie Bashdown durch Songs wie „Create A God“, „Hell-Bent“, „Right Off The Bat“ oder „Truth Is“ knallen, bleibt in einer normalen Welt kein Moshpit ruhelos. An der Eigenständigkeit könnte die Truppe noch arbeiten, aber das ist in diesen Sphären nicht so einfach. 6,5/10 Kronen

Bhleg - Ödhin
In aller Ruhe und Beschaulichkeit gießen Bhleg alle paar Jahre in der westschwedischen Provinz Västra Götaland ihren Schwarzstahl zu einem kongruenten Album zusammen, der jegliche Form von Innovationsgedanken oder Modernisierungswahn ad absurdum führt. Auch „Ödhin“ ist dabei keine Ausnahme und vereint alle Stärken der 90er-Jahre-Recken zu einem bitterkalten Gebräu. Die redundante Monotonie eines Burzum-Songs, die majestätische Erhabenheit von Enslaved, leicht progressive Schlenker aus dem Ulver-Bandcamp und sakrale Chöre, die regelmäßig vor dem Soap-Opera-reifen Split bei den Polen von Batushka vom Band liefen. Die partiell eingesetzten Clean-Vocals nehmen der Scheibe nichts von der kühlen Atmosphäre und wirken auch nicht peinlich. Ein Festschmaus, nicht nur für Genre-Puristen. 7,5/10 Kronen

Bicep - Isles
Mit ihrem gleichnamigen Debüt brachten die aus Nordirland stammenden und längst in London residierenden Bicep vor knapp vier Jahren eine neue Klangfarbe in die unendlich scheinende Welt der Elektronik. Die Mischung aus smoothen Melodien und pulsierenden Rhythmen zeigten das Duo Andrew Ferguson und Matthew McBriar von einer besonders mutigen, aber auch enigmatischen Herangehensweise. Nach vielen Konzerten merkten sie aber, dass nicht alle Tracks live funktionieren, wodurch der Fokus für den Nachfolger „Isles“ schnell klar festgelegt war. In Songs wie der hypnotischen Single „Atlas“ oder dem mit Vocal-Samples ausgestreuten „Apricots“ zeigen sich Bicep nachdenklicher, aber auch vielseitiger. Das Duo beherrscht den Spagat zwischen warmer Melancholie und kühler Ästhetik wunderbar, wodurch „Isles“ seinen Vorgänger nochmal übertrumpfen kann. 8/10 Kronen

Jason Bieler And The Baron von Bielski Orchestra - Songs For The Apocalypse
Tief in der Historie des US-Rock gilt es zu graben, wenn man sich den Namen Jason Bieler vergegenwärtigen möchte. Am ehesten kennt man den guten Mann als Gitarristen von Saigon Kick. Weniger bekannt ist, dass er als Autor den Soundtrack für „American Pie“ kreierte. Viele Dekaden nach diesen Großtaten macht Bieler längst nur mehr das, was er auch wirklich machen will. Etwa die passend betitelten „Songs For The Apocalypse“ mit dem Baron von Bielski Orchestra. Auf Streicher und Bläser braucht man aber nicht hoffen, denn das Orchester steht wohl für unterschiedliche Gäste von Jeff Scott Soto über David Ellefson, die sich in einer Gemengelage aus Prog Rock, Fusion, Hard Rock und etwas Funk austoben. So als würde sich Devin Townsend mit Dream Theater und Franz Zappa treffen und auf Pop-Hooks bauen. Auf eine Stunde hätte man das egoistische Gegniedle aber auch nicht dehnen müssen. 5,5/10 Kronen

Conviction - Conviction
Augen auf bei der Band-Namenswahl! Das sollten sich vor allem Metalkapellen hinter die Ohren schreiben. Convictions gibt es wie Sand am Meer. Wie da ausgerechnet eine französische, seit 2013 existierende Doom-Kombo auffallen möchte? Zumal auch die Musik nicht wirklich Anlass zu Freudensprüngen macht. Freilich ist so ein getragenes, einstündiges Akustikmahnmal des Schmerzens keine Unterlage für Leichtfüßigkeit, aber in einem ohnehin schon vor Produkten ähnlicher Couleur überlagerten Markt muss man schon ein bisschen mehr bieten, als die ewig gleichen Black-Sabbath-Riffs aus den frühen Tagen mit Klagegesang zu unterlegen. Es sind gar nicht so sehr die Songs, die an Conviction nerven, sondern der hörbare Unwille, auch nur ein bisschen aus dem Wulst der Konkurrenz herausstechen zu wollen. Stangenware für Unersättliche. Mehr leider nicht. 5/10 Kronen

Creye - II
Man muss schon auf beiden Ohren taub sein, um in den letzten zwei, drei Jahren nicht mitbekommen zu haben, dass sich die einst so verpönten 80er-Jahre im musikalischen Kontakt größter Beliebtheit erfreuen. Das gilt freilich nicht nur für die ganz großen Disco-Highlights, sondern auch für den glattgespülten Hard Rock der damaligen Zeit. Der schwedische Gitarrist Andreas Gullstrand hat Creye vor vier Jahren überhaupt nur zur Huldigung seiner Jugenderinnerungen gegründet und macht keinen Hehl daraus, sich mit Geist und Körper in den Kaugummimelodien der dekadenten Dekade zu suhlen. Arenen füllt er mit Songs wie „Carry On“, „Can’t Stop What We Started“ oder „The Greatest“ natürlich nicht mehr, aber die Songs machen wirklich Spaß. Irgendwo zwischen Boston, Journey und neueren Whitesnake angesiedelt, freilich ohne deren Qualität zu erreichen, verzettelt man sich manchmal („Broken Highway“) in etwas zu viel Schmalz. Eine trotz allem sehr kurzweilige Angelegenheit. 7/10 Kronen

The Dead Daisies - Holy Ground
Line-Up-Beständigkeit war noch nie ein Kriterium bei der US-Truppe The Dead Daisies rund um Bassist Marco Mendoza, die den amerikanischen Spagat-Rock der 80er-Jahre mit Zähnen und Klauen verteidigend unerlässlich in die Gegenwart transferieren. Der Austausch von ex-Mötley Crüe-Raubein John Corabi zum einstigen Deep Purple-Bassisten Glenn Hughes am Mikro ist aber selbst für eine solche Band gewaltig, weil sich die Klangfarbe dadurch nachhaltig verändert. Die Melodielastigkeit hast sich gewaltig gesteigert und es ist Gitarrist Doug Aldrich zu verdanken, der mit seiner deutlich hörbaren Lust auf dreckige Rotzriffs dafür sorgt, dass „Holy Ground“ trotz des „feineren“ Hughes nicht allzu sehr ins Glattgebügelte rutscht. Gerade in einer Woche voller Frontiers-Bands trennt sich hier aber deutlich die Spreu vom Weizen, denn die Dead Daisies sind qualitativ ungebrochen over the top. 7,5/10 Kronen

Devotion - The Harrowing
Irgendwie ist es sehr tröstlich, dass sich der Trend im Death Metal wieder zurückverlagert hat. Anstatt sich im Technical- oder Brutal-Death-Metal-Segment auf zugekleisterte Produktionen, bis zur völligen Unkenntlichkeit verstellte Stimmen oder langweilige Slamdowns zu berufen, entdecken auch jüngere Bands wieder die Magie des puren Songwritings und der richtigen Atmosphäre. Etwa aus dem sonnigen Valencia stammenden Devotion, die auf ihrem Zweitling „The Harrowing“ die Asche von Incantation, Immolation oder - in den derberen Momenten - Autopsy mit zwei geöffneten Nasenflügeln inhalieren. Gemeinsam mit dem trockenen Cover-Artwork und einer fetten, aber ursprünglichen Produktion ergibt das ein feines Undergroundfilet für Genre-Gourmets, die abseits der bekannten Namen nach Neuem dürsten. Check it out! 7/10 Kronen

Ektomorf - Reborn
Coverbands gibt es bekanntlich wie Sand am Meer. Besonders dreist sind aber jene, die sich als eigenständiges Produkt präsentieren, aber eigentlich nur abkupfern. Den Ungarn von Ektomorf hängt dieser Vorwurf seit mittlerweile mehr als 25 Jahren an - und das zurecht. Von den allzu platten Vergleichen mit Sepultura und Soulfly ist Zoltán Farkas zwar abgekommen, aber mit seiner (wieder einmal) runderneuerten Mannschaft liefert er auch auf „Reborn“ nichts anderes, als standardisierten Thrash Metal, der von allen Größen des Genres ein bisschen abkupfert und so wenig Eigenständigkeit besitzt wie die Hausmarken von Spar und Billa. Schon das Coverartwork zeigt eine bahnbrechende Lieblosigkeit, die sich trotz knackiger eingestreuter Riffs kongruent durch das Album zieht. Dann lieber zu den Originalen greifen. 3/10 Kronen

Ellende - Triebe EP
Atmosphärischer Post/Ambient/Whatever-Black Metal erfreut sich in Österreich großer Beliebtheit. Das im Extreme-Metal-Bereich nicht unbedingt üppig-erfüllte Land hat in diesem Subgenre nicht nur die international erfolgreichen Harakiri For The Sky aufzubieten, sondern auch das Grazer Zwei-Mann-Projekt Ellende. Auch dort wird weder mit dem verkehrten Kreuz gefuchtelt, noch werden schwer orthodoxe Kapuzen über das Gesicht gestreift - die 3-Track-EP „Triebe“ (mit ganzen 30 Minuten Spielzeit!) setzt lieber auf dunkelschwarze Wald-und-Wiesen-Romantik, wie sie durch Bands wie Alcest quer durch Europa gut funktioniert. In drei überlangen Stücken plagt man sich behände durch luzide Klangwelten und vermag Liebhaber dieses musikalischen Bereichs gewiss zu erfreuen. Trotz allem fehlt es da noch ein bisschen an Innovationsgeist und Eigenständigkeit. Aber es ist ja noch Zeit. Ohne Bewertung

Endezzma - The Archer, Fjord And The Thunder
Wo gerade in Norweger sehr viele Bands bewusst auf eine rohe und ursprüngliche Produktion setzen, um ihren Black Metal mit möglichst viel undergroundiger und wahrhaftiger Geisterbahnatmosphäre auszustatten gehen Endezzma den umgekehrten Weg. Ihr Drittwerk „The Archer, Fjord And The Thunder“ ist ein Feuerwerk an klanglicher Perfektion und wird so manchen Genre-Liebhaber freilich zu klinisch erklingen. Dazu pendeln die Burschen zwischen progressiver Klangkunst á la Satyricon und viehischer Raserei, die durchaus an gut produzierte Setherial erinnern. Besonders schmackhaft sind Tempobolzer wie „Anomalious Abomination“ oder das prachtvolle „Wild Glorior Death“ gelungen. Auf leichtfüßige Art und Weise gelingt es Endezzma somit, mehrere Stärken ihrer Landesgenossen so zu bündeln, dass es ihnen eigenständig gut zu Gesicht steht. Das Album ist ein Grower! 7,5/10 Kronen

Guccihighwaters - Joke’s On You
Hinter dem hippen Pseudonym Guccihighwaters befindet sich der ebenso hippe Morgan Murphy, der mit seinem Emo-Hip-Hop-Werk „Post Death“ vor mehr als drei Jahren die Probleme, Sorgen und Nöte seiner Generation in berührende Texte und elegische Rhythmen zu verpacken wusste. Trauer, Nachdenklichkeit und Melancholie ziehen sich als roter Faden auch durch den Nachfolger „Joke’s On You“, der sich in Songs wie „Lovesick“, „Tragedy“ oder „Coming Down“ um die mehr oder weniger großen Probleme des Lebens zieht. Features von Künstlern wie Convolk, Ellse oder Nothing, Nowhere. geben dem nachdenklichen Treiben noch eine besonders spannende Note „Joke’s On You“ ist ein weiteres Emo-Manifest mit guten Ideen und berührenden Texten, das sich inhaltlich ganz gut an die aktuelle Grandson anschließen lässt. 7,5/10 Kronen

Steve Hackett - Under A Mediterranean Sky
Auf die alten Progger ist auch in diesen Zeiten Verlass. Während wir im gatschkalten Winter zwanghaft in den eigenen vier Wänden darben müssen und wenig Aussicht auf eine Situationsverbesserung in absehbarer Zukunft haben, schwelgt Genesis-Legende von Erlebnissen „Under A Mediterranean Sky“ und lässt uns am Albumcover zwischen zwei griechischen Amphoren in die unendlichen Weiten des Ozeans blicken. Irgendwie gemein und tröstlich zugleich, aber wollen wir dem Stargitarristen da einmal nur Gutes unterstellen. Sein erstes Instrumentalalbum seit 13 Jahren besteht durchwegs aus Eigenkompositionen, ist erhaben und orchestral und würde perfekt als Hintergrundrieseln für den griechischen Salat in der Küstentaverne dienen. Hätti/Wari/Tätti. Hilft alles nichts. Augen zu und durch - und diese schöne Musik genießen. 7/10 Kronen

Linus Hillborg - Magelungsverket
Instrumentalkunst, die nächste. Doch Achtung, mit den fein ziselierten Urlaubsklängen von Altmeister Steve Hackt hat das Debütalbum des Schweden Linus Hillborg nichts zu tun. „Magelungsverket“ setzt sich aus den Klangmaterialien des von ihm erfundenen Computerspiels „Orphan Works“ zusammen und vermischt sich in einer industriell-düsteren Atmosphäre mit allerlei Samples aus dem Stockholmer Nachtleben. Das klingt nach dem perfekten Soundtrack für einen U-Bahn-Zombie-Horror und wird vor allem Liebhabern von Trent Reznor und Atticus Ross munden. „Magelungsverket“ ist ein verschrobenes, technoides Sammelsurium als kruden Klängen, das sich nur durch viel Geduld und Hingebung zu maschinellen Klängen erschließen lässt. Muss man aushalten. 6,5/10 Kronen

Horskh - Wire
Fernab des gängigen Mainstreams hat sich in den letzten Jahren eine besonders innovative Band aus Frankreich in die Herzen der Fans von Electronic und Metal gespielt. Horskh bestehen aus Bastien Hennaut, Sylvain Abriel und Jordan Daverio und kreieren auch auf dem zweiten Album „Wire“ eine eklektische Mischung aus beängstigend klaustrophobischen Industrial-Metal-Versatzstücken, misanthropischen Sample-Beimengungen und einer in dieser Form kaum bekannten Art von klanglicher Freiheit, die sich gängigen Schemen völlig zu entziehen weiß. In zwölf kurzen, aber ungemein druckvollen Songkapitel knattert das Trio irgendwo zwischen Nine Inch Nails, Pertubator, Author & Punisher oder Khost durch die erzitternde Magengegend. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen - vor allem live ist das ein unvergessliches Erlebnis. Hoffentlich bald wieder! 7,5/10 Kronen

Hulder - Godslastering: Hymns Of A Forlorn Peasantry
Manchmal gibt es auch in einer durchgearbeiteten Welt wie dem Black Metal noch etwas ganz Besonderes. Etwa das Ein-Frau-Projekt Hulder aus dem Kreativmekka Portland in Oregan. Richtig gelesen. Natürlich wissen Genre-Connaisseure seit dem weltweiten Erfolg der Dänin Myrkur, dass Frauen im satanischen Genre nichts neues sind, aber die aus Belgien stammende Marz Riesterer verpackt ihre akustische Gewaltliebe nicht hinter lieblichen Melodien, sondern scheint wahrhaftig von Beelzebub gejagt zu sein. „Godslastering: Hymns Of a Forlorn Peasantry“ ist roh, angriffig, tödlich und dabei immer noch nachvollziehbar und in den genau richtigen Momenten melodisch und etwas ausgeruht. Das offizielle Debütalbum des US-Undergroundhypes braucht sich vor der großen Konkurrenz nicht zu verstecken. Bleibt nur zu hoffen, dass Hulder für die Musik und nicht bloß für den exotisch anmutenden Exklusivitätsfaktor gefeiert wird. 7,5/10 Kronen

Human Fortress - Epic Tales & Untold Stories
Aus dem sächsischen Hannover stammen die Power-Metal-Recken Human Fortress, die vor exakt 20 Jahren ihr Debütalbum veröffentlichten und in Ermangelung neuen Materials zum Jubiläum nun eben einfach einmal mit einer dicken Compilation Geburtstag feiern. Das sei den Fantasy-Verliebten freilich gestattet, warum man eine Liga-B-Band aber unbedingt eine derart umfassende Karriererückschau vermarkten will, erschließt sich mir nicht vollends. Unter den 23 Songs haben sich auf dem Doppelalbum aber auch acht versammelt, die entweder niegelnagelneu oder zumindest sehr rar sind. Eineinhalb Stunden lang kann man sich in den titelspendenden epischen Sagen und unerzählten Geschichten suhlen - Toleranz für Klangkitsch ist freilich vonnöten. Ohne Bewertung

Jarryd James - P.M.
Mit der Single „Do You Remember“ hat Jarryd James 2015 auch hierzulande einen Treffer in den Single-Charts gelandet, seitdem hat der 36-Jährige Musiker aber vor allem am fünften Kontinent reüssiert. In seiner Heimat Australien und dem danebenliegenden Neuseeland ist James ein Topseller und nach mehr als fünf Jahre Wartezeit seit dem Debüt wird wohl auch das Zweitwerk „P.M.“ durch die Decke gehen. Der psychisch labile und in einer Art kreativen Klaustrophobie steckende Künstler hat sich alle Mühe gegeben, um den einzelnen Songs möglichst viel Authentizität, Melancholie und Nachvollziehbarkeit aufzustecken. Die Songs entstanden zwischen dem musikalischen Schmelztiegel Los Angeles oder im Dschungel von Nicaragua und zeigen James zugänglich und nahbar wie nie zuvor. Welcome back! 7,5/10 Kronen

Kickin Valentina - The Revenge Of Rock
Überdimensionale Pornobrillen, seidenweiche lange Haare, perfekte gestutzte Bärte und die Bandana lässig um den Kopf gewickelt - auch 2021 gibt es die Sleaze-, Glam- und Hard-Rock-Bands, die den dekadenten 80er-Jahren huldigen zuhauf. So etwas das aus Atlanta stammende Kollektiv Kickin Valentina, das auf „The Revenge Of Rock“ ohne Unterlass und Peinlichkeit hautenge Hosen, tonnenweise Haarspray und abgehackte Rock-Riffs aus der Retorte feiert. Das macht auf den ersten Hör natürlich großen Spaß und wird mit einer lässigen Ungezwungenheit zelebriert, aber die Langeweile stellt sich schnell ein. Eigene Ideen oder eine besondere Farbe sind Fehlanzeigen und wer sich durch die reichhaltigen Backkataloge der L.A. Guns, Mötley Crüe, Winger, Warrant und wie sie alle heißen wühlen kann, braucht den Aufguss nicht wirklich. Nice try. 5/10 Kronen

Kiwi Jr. - Cooler Returns
„Football Money“ nannten die Kanadier Kiwi Jr. ihr Debütwerk vor zwei Jahren und haben mit ihrer Mischung aus College Rock, Pub-Atmosphäre und Surf-Punk die Türen für jene geöffnet, die gerne Scheiben von R.E.M., Pavement und Weezer auflegen. Die Erfolgsformel hat das Gespann für „Cooler Returns“ nicht aufgegeben, sie aber um Zitate von The Velvet Underground oder den Talking Heads erweitert. Die gemütlichen und zwanglosen Erzählungen aus dem kanadischen Alltag werden so leichtfüßig und angenehm vermittelt, dass die Repeat-Taste die einzig logische Regung ist. Besonders geil: für das Musikvideo zum Titeltrack haben die Burschen einfach ein ganzes Konzert nachgebaut. Warum auch nicht? 7,5/10 Kronen

Krayenzeit - Staub und Tränen - Teil 1: Aus der Asche…
Mittelalterrock ist eine dieser Musikrichtungen, die man wirklich mögen muss, weil man ansonsten schreiend und panisch davonläuft. Krayenzeit muss man auf jeden Fall zugutehalten, dass das Bemühen, ein wertiges Album samt Konzept, musikalischer Raffinesse und möglichst spannender textlicher Umsetzung zu kreieren, gegeben ist. „Staub und Tränen“ ist schon sehr üppig ausgefallen, dient dabei aber nur als ein erster Teil eines wuchtigen Konzepts. Die Ludwigsburger erzählen ihre 13 Songs quasi in Tagebuchform und umschiffen dabei meist das in diesem Genre so inflationär auftretende Prollgehabe. Nur selten rutschen die Jungs in untere Niveausphären, ansonsten hat „Staub und Tränen“ für die Anhängerschaft genug Perlen zu bieten. Muss man eben mögen. 6/10 Kronen

Jim Kroft - A Conversation With America
Der Schrecken hat ein Ende - zumindest temporär. Donald Trump hat die US-Präsidentschaftsstaffelübergabe zu Joe Biden zwar nicht souverän gelöst, aber es ist vollbracht. Musiker Jim Kroft hat schon 2016 während des Wahlkampfs zwischen Trump und Hillary Clinton seine Dokumentation „A Conversation With America“ abgedreht und einen gar wundervollen Soundtrack dazu erschaffen. Der in Berlin lebende Schotte befasste sich intensiv mit der amerikanischen Volksseele und erschuf auf seiner Reise von Ost nach West ein Singer/Songwriter-Manifest, das nicht nur musikalisch, sondern vor allem inhaltlich zu leuchten weiß. Natürlich war das Wiederaufflackern des Materials zu Bidens Inauguration zeitlich perfekt gewählt. Von seiner Macht hat das Werk ohnehin nichts verloren. Ohne Bewertung

Labyrinth - Welcome To The Absurd Circus
Kaum eine Band vollzieht das Klischee von italienischem Metal seit geraumer Zeit so gut wie Labyrinth. Power Metal mit sehr viel Kitsch und Bombast, pfeilschnellen Gitarrenritten und einem untrüglichen Gespür für Kitsch in allen Ausführungen. Das kann man mögen oder hassen, obliegt ganz und gar der akustischen Schmerzgrenze des geneigten Fans. Dass man schon in frühen Jahren viel von den großen Hammerfall gelernt hat, das kommt in Songs wie „One More Last Chance“ oder „Dancing With Tears In My Eyes“ (nein, kein Cover!) immer wieder gut zum Vorschein, aber „Welcome To The Absurd Circus“ greift oft so knietief in den Schmalztopf, dass sich das Karies wie von selbst festsetzt. Ein wenig mehr Ecken und Kanten würden der Band nicht schaden. Vielleicht ja das nächste Mal. 5/10 Kronen

Maggie Lindemann - Paranoia EP
Nein, mit dem exzentrischen Frontmann der Superstars von Rammstein besteht kein Verwandtschaftsverhältnis, aber auf dem besten Weg an die Spitze ist auch die aus Dallas stammende Maggie Lindemann. Ihre 2016er Single „Pretty Girl“ fand auch in unseren Charts ihren Platz, viele Jahre später erscheint mit „Paranoia“ endlich eine erste EP bzw. eine Subsummierung diverser Songs des 22-jährigen Talents. Die undurchdringliche Dunkelheit der frühen Singles hat sie in Songs wie „Knife Under My Pillow“ oder „Scissorhands“ zwar zugunsten einer etwas grelleren Pop-Auffassung beiseitegelegt, aber „Gaslight!“ mit einem Feature von Siiickbrain oder „Different“ zeigen schon noch, dass im weiten Spannungsfeld zwischen Emo-Pop-Punk, Bubblegum-Pop und Gothic-Chic noch Platz für Finsternis ist. Manchmal ein bisschen zu poliert, ist Lindemann aber eine gute weibliche Version von Yungblud oder Machine Gun Kelly. Teenage Angst Galore! Ohne Bewertung

Lonely The Brave - Hope List
Mit größeren Richtungswechsel haben sich so manche Bands nachhaltig verhoben. You Me At Six etwa versuchen sich gerade verstärkt im R&B und Hip-Hop und ernten dafür viel Kritik, Bring Me The Horizon mussten auch ein Stück weit zum alten Hardcore zurückrudern, bevor das Bandcamp brannte. Die britischen Indie-Rocker Lonely The Brave haben sich nicht umsonst viele Jahre lang nicht mehr mit neuer Musik blicken lassen, denn „Hope List“ stellt eine Zäsur im Schaffen der Band dar. Entscheidend war natürlich der Abgang von Sänger David Jakes 2018, denn Neuzugang Jack Bennett trägt sein Herz offener auf der Zunge. Mit der inhaltlichen Schwere und bedeutungsvollen Melancholie treibt man es in Songs wie „Distant Light“, „Keeper“ oder dem eindringlichen Closer „The Harrow“ fast zu weit, doch es ist unverkennbar, welch musikalische Talente hinter den einzelnen Mitgliedern stecken. „Hope List“ ist eine Neuerfindung einer Band, die erwachsen wird. Geben wir ihr die Chance auf Veränderung. 7,5/10 Kronen

Melt Downer - III
Wolfgang Möstl, Österreichs Hansdampf in allen Populärmusikgassen, hat sich 2020 Zeit genommen, das dritte Album seines Noise-Grunge-Projekts Melt Downer auf Polycarbonat zu gießen. Wie gewohnt begeistert das Trio mit dem untrüglichen Gespür für verklärungsfreie 90er-Nostalgie durch eine frische und kantige Mischung aus verqueren Klängen, eruptiven Ausbrüchen und intelligenten Texten, die sich auch schon mal am kapitalistischen Lebensstil reiben („The Corporate Identity“) oder die Verlustängste des Patriarchats anprangern („Dye Out“). Bei „Piece“ und „Gothic Fiction“ klingt die Truppe partiell wie Nirvana zu „Bleach“-Zeiten und alte Mudhoney, was grundsätzlich nie falsch sein kann. „III“ ist ein wilder Ritt durch klangliche Gesetzlosigkeiten, der durch seine radikale Geradlinigkeit ganz besonders gut schmeckt. Sehr stark! 7,5/10 Kronen

Moon Taxi - Silver Dream
Freilich stammen aus Nashville, Tennessee unzählbare Künstler voller Kreativität, Stärke und Innovationsreichtum, aber wo sich ein Mekka der Musik bildet herrscht natürlich auch die immanente Gefahr von Durchschnittlichkeit. Programmatisch für die Fraktion Dad-Rock sind die schon gut 15 Jahre tätigen Moon Taxi, die auf „Silver Dream“ aus ihrem ursprünglichen Alt-Country-Rock einen derart zahnlosen Kommerzbrei machen, dass einem die Karieslücken ganz ohne Zuckerzusatz aufbrechen. Songs wie „Hometown Heroes“ oder „Live For It“ sind so pathosdurchtränkt, das man Erbrechen möchte. Der im Pressezettel avisierte Vergleich mit neueren Kings Of Leon trifft ins Schwarze - beide Produkte braucht anno 2021 einfach niemand mehr. „Silver Dream“ ist der perfekte Soundtrack für die nächste Tupperware-Party. 1/10 Kronen

Phantom Elite - Titanum
Eine programmatische Frontiers-Records-Band, könnte man bei Phantom Elite in einer kurzen und knappen Analyse sagen. Rund um die Stimme der Brasilianerin Marina La Torraca (Exit Eden, live bei Avantasia) sorgen ein Haufen kundiger Holländer für ein opulentes Feuerwerk an hochklassig produzierten Power-Rock-Stücken, die mit einer derart immanenten klinischen Produktion behandelt wurden, sodass noch nicht einmal der Hauch für kleine Fehler oder Kanten bleiben. Die Guest Vocals der bekannten Amanda Somerville werden Genre-Fans zum Jauchzen bringen, so wie man in elektronisch aufgeladenen Songs wie „The Race“ oder „Titanum“ genug Platz zum Mitsingen finden wird. Mir ist das alles zu klinisch, aufgeblasen und auf Zwangserfolg getrimmt. 4,5/10 Kronen

Repaid In Blood - Reflective Duality
Walzenden Brutal Death Metal mit Hardcore-lastigen Breakdown-Einlagen hat man rund ums Millennium und danach in Härtnerkreisen hochgeschätzt, doch die Glanzzeiten des Subgenres sind längst vorbei und nur mehr die besten blieben markant übrig. Kein Wunder, dass sich die Kalifornier von Repaid In Blood mit Gästen aus illustren Kapellen wie Threat Signal, Allegaeon oder Born Of Osiris verstärkt haben, denn die Eigenleistung auf „Reflective Duality“ ist zwar bemüht, aber keineswegs herausragend. Mit Songs wie „Wake Up, Time To Die“, „He’s No Good To Me Dead“ oder „Dave’s Not Here Man“ beweist man zwar Humor, aber vor den Ofen lockt man damit kaum noch jemanden. Das gab es leider alles schon besser, innovativer und spannender. 4,5/10 Kronen

Rhye - Home
Der Kanadier Mike Milosh war schon immer der richtige für träumerische R&B-Klänge im elektronischen Indie-Korsett, die es auf ganz besondere Art und Weise schaffen, gleichermaßen Fernweh und ein Gefühl nach heimeliger Atmosphäre zu evozieren. „Home“ als Titel für das Viertwerk zu wählen ist nicht nur durch die aktuelle Weltlage goldrichtig, Rhye macht es sich mit seiner Synthie-basierten Musik eben einfach gerne zuhause gemütlich. Der Soundtrack zum Cocooning gelingt ihm durch seine eklektische Zugangsweise. Die fette Produktion von Alan Moulder (Nine Inch Nails, Interpol) trägt das Ihre dazu bei, dass man sich bei „Home“ immer geborgen fühlt. Manchmal ist die Welt goldrichtig, wenn sie einfach ruhig und entschlackt erklingt. „Spirit“ vor knapp zwei Jahren war noch reduzierter und introvertierter. Hoffentlich gibt’s den guten Mann auch bald wieder live. 7,5/10 Kronen

Scarred - Scarred
Im Hintergrund der schwedischen Legende Meshuggah formierte sich über die letzten Jahre hinweg nicht nur eine ansprechende Tech-Metal-Szene, sondern auch das sich großer Beliebtheit erfreuende Untergenre „Djent“, das instrumentale Hochleistungen und Frickeleien mit möglichst wenig Atmosphäre verbindet und dem Klischeebuch zufolge vor allem Studenten der Physik und Technischen Mathematik als Lernhilfe zu begeistern weiß. Aus dem musikalisch exotischen Luxemburg stammen Scarred, die Technik auch als musikalischen Trumpf sehen, ihrerseits aber wesentlich zugänglicher agieren und damit mehr in Richtung Gojira oder Devin Townsend gehen und die Melodien nicht immer dem eigenen Anspruch opfern. Leider langweilt das Ganze nach gewisser Zeit beträchtlich, aber die Richtung stimmt zumindest. 5/10 Kronen

Sperling - Zweifel
Auch wenn Casper haute nur mehr ein mediokres Abbild seiner eigenen Glanzzeiten ist, mit seiner rauchigen Stimme und seinem musikalischen Background hat er auf „XOXO“ einst die Türen für die Vermischung von Hardcore, Indie Rock und inhaltsvollem Deutschrap weit geöffnet. In diesem immer noch sehr neuen Nest machen es sich ein paar junge Sperlinge aber nicht gemütlich, denn sie sind voller „Zweifel“ und scheuen auf ihrem famosen Debüt nicht davor zurück, dieses lautstark kundzutun. Die bedeutungsschwangeren Texte paaren sich perfekt mit den nachdenklichen, aber stets direkt ins Herz gehenden Melodien und entfachen tatsächlich eine innovative und trotz aller Schwere optimistische Stimmung. Wer kein Problem damit hat, dass die Gesangsstimme wirklich etwas zu sehr dem großen Casper gleicht, der wird hier ein frühes Jahreshighlight für sich entdecken. 8/10 Kronen

Still Corners - The Last Exit
Greg Hughes und seine kongeniale Partnerin Tessa Murray haben noch nie etwas dem Zufall überlassen. Anstatt sich nach einem fetten Plattenvertrag zu sehnen oder ungreifbaren Luftburgen nachzulaufen hat das britisch-amerikanische Duo mit dem Gespür für Atmosphäre und schöne Melodien ein eigenes Label gegründet, um unter dem Banner Still Corners wundervolle Dream-Pop-Songs im Indie-Gewand zu formen. Auf „The Last Exit“ schaffen es die beiden wieder geschickt, kalifornische Wüstenatmosphäre mit verträumten Akkorden und einer leichtfüßigen Ungezwungenheit zu verbinden. Der Anmut einer Calexico-Platte vermischt sich mit dem Handwerksgeschick eines Mark Knopfler und der staubtrockenen, aber innigen Gefühlslage von verspielten Wüstenrockern. Ein schönes, aber partiell auch träges Klangerlebnis. 7/10 Kronen

SUAD - Waves
Achtung - Vorurteile beiseiteschieben! Svart Records kennt man vorwiegend als Metallabel, aber man wildert auch zunehmend außerhalb des gewohnten Beuteschemas. Neu etwa bei der finnischen Sängerin SUAD, die sich 2017 mit der EP „The Call“ schon tatkräftig angekündigt hat, aber noch nicht wirklich über die engen Landesgrenzen hinausstieß. Das sollte sich mit dem lang ersehnten Debütalbum „Waves“ ändern, denn darauf zeigt sie nicht nur ihre variable und spannende Stimme, sondern auch ihre Vorliebe für dunklen Pop der Marke Björk oder Portishead. Mit einer ganzen Armada an mehr oder weniger bekannten finnischen Musikern im Hintergrund wird SUAD genug Raum für den Gesang eröffnet. Vor allem im Anfangsdritte mit Songs wie „Faces“, „Sleep The Nights“ und „Winter“ wird man gewaltig abgeholt. Das hohe Niveau kann die Band nicht über die ganze Strecke halten, aber die an Tori Amos gemahnenden Pianostücke wie der Titeltrack überzeugen mit Gefühl und Akribie. Eine kathartische und feine Angelegenheit. Daraus könnte was werden. 7/10 Kronen

Suzane - Toi Toi Toi
Hierzulande wird man von Suzane noch nicht sonderlich viel gehört haben, doch in ihrer Heimat Frankreich ist sie ein absoluter Superstar. Sie ist militante Feministin, Umweltaktivistin und setzt sich für Gender-Pluralismus und die Homoehe ein. Nebenbei kreiert sie Electro-Chanson mit viel Lokalkolorit, der ernste und schwere Themen mit einer beneidenswerten Leichtigkeit zu vermitteln weiß. Oceane Colom, so ihr richtiger Name, stammt aus Avignon und hat sich schon sehr früh für Musik und Exzentrik interessiert. So treffen in ihren Songs auf dem Album „Toi Toi Toi“ wie selbstverständlich textliche Anleihen an Edith Piaf mit klanglichen Daft-Punk-Referenzen zusammen. Gesellschaftskritik und Weltverbesserung klangen selten so locker und tanzbar. Bleibt nur abzuwarten, ob die doch sehr französische Ausrichtung sich breitenwirksam durchsetzen kann. 7,5/10 Kronen

Tebey - The Good Ones
Im weit gefassten Pop-Country-Bereich ist Tebey in Nordamerika bereits ein Topstar. In Nordamerika liegt man dem bulligen Sänger mit der feinen Stimme zu Füßen und langsam soll mit dem Country-Boom einhergehend auch der Durchbruch in Europa klingen. „The Good Ones“ ist eine kleine, nur acht Songs starke Werkschau, in denen er aber eindeutig seine Pop-Wurzeln in den Vordergrund drängt. Songs wie „Shotgun Rider“ oder „See You Around“ erinnern mehr an seine herkömmliche Zugangsweise, das Duett „The Good Ones“ mit Sängerin Marie-Mai hingegen klingt anfangs ebenso ungewohnt wie das elektronisch aufgeladene „Song Of The Summer“. Als Songwriter hat sich Tebey übrigens schon für Stars wie One Direction, Cher oder Flo Rida einen Namen gemacht. Jetzt versucht er auch selbst den Sprung an die Spitze. Fängt schon ganz gut an. 7/10 Kronen

Therion - Leviathan
Die Karriere der schwedischen Bombast-Metaller Therion hat sich jahrelang auf den ultimativen Höhepunkt zugespitzt. „Beloved Antichrist“, erschienenen 2018, war ein dreistündiges Doppelalbum. Ein Bombastrock-Manifest von Mastermind Christofer Johnsson, der sich damit endgültig alle Wünsche für sein Lebensprojekt erfüllen konnte. Die schwierige Frage ist naturgemäß - was kommt danach? Anstatt sich weiterhin mit dem Höher-Schneller-Weiter zu quälen ist der Ansatz auf „Leviathan“ vielleicht etwas überraschend ganz anders. Kurz, knackig, nachvollziehbar, melodiös und hitverdächtig sind die Schlagworte, nach denen man 2021 bei Therion suchen muss. Das Opernhafte hat sich Johnsson durch die Chöre und ausladende Instrumentierungen erhalten, aber trotzdem zielt dieses Werk eindeutig darauf ab, den Fans wieder kompakt entgegenzutreten. Wenn man als Fan kein Problem damit hat, dass die Band bewusst ein paar Schritte zurückgeht, wird man hier mit schönen Songs beglückt. 6,5/10 Kronen

Typhoon - Sympathetic Magic
Zuhause sitzen, musizieren, kreativ sein, das Beste aus der Situation machen. Das taten auch die US-Indie-Rocker Typhoon im letzten Jahr und kreierten still und leise ihr fünftes Studioalbum „Sympathetic Magic“, das sie ganz ohne Vorankündigung direkt nach der Inauguration Joe Bidens veröffentlichen. Das hat natürlich seinen Grund, denn die fein gesponnenen Songs, die nicht zu Unrecht oft an die Großtaten der Bright Eyes erinnern, sollen das zweigeteilte Amerika vereinen und dienen als akustisches Bindeglied in einer Zeit der Spaltung. Sänger Kyle Morton erweist sich in Songs wie „Motion And Thought“ oder dem epischen Closer „Welcome To The Endgame“ als epischer und brillanter Geschichtenerzählter mit einer nationalen Kittfunktion. Ein wundervolles, extrem zurückgelehntes Album, für das mit viel Zeit und Ruhe mitbringen sollte. 7,5/10 Kronen

Volter - High Gain Overkill
Wahnsinn, wie nah eine Ehrerbietung an ein Idol rankommen kann, ohne dass man sich selbst Coverband nennt. Die Niedersachsen von Volter huldigen auf ihrem zweiten Album „High Gain Overkill“ einmal mehr ihrem Gottvater Lemmy Kilmister, seit mittlerweile mehr als fünf Jahren leidvoll vermisste Reibeisenstimmen-Legende von Motörhead. Von besagter Stimme über dem Songwriting bis hin zur primitiven, aber rumpelnden Instrumentierung äffen die Hannoveraner dem britischen Original so extrem nach, dass man bei Unachtsamkeit echt nicht mehr genau weiß, ob das jetzt wohl eh keine Outtakes aus den Motörhead’schen 80er-Platten sind. Reißt lieber gleich die Whisky-Flasche auf und dreht den Pegel auf 100 - das Teil muss einfach knallen. 6,5/10 Kronen

W.E.T. - Retransmission
Wenn es so etwas wie Melodic-Rock-Schwergewichte gibt, dann sind das eindeutig W.E.T. Das Trio, dessen kurios wirkender Name sich aus den Hauptbands der Protagonisten (Work If Art, Eclipse, Talisman) zusammensetzt, hat sich mit den bisherigen drei Alben eine erkleckliche Fanbase erarbeitet und kann diese mit „Retransmission“ wieder problemlos beglücken und begeistern. Zeit war im Corona-Jahr 2020 genug für neues Material, dass sich aber so viele Kracher darunter befinden würden, das überrascht am Ende schon. Freilich bleiben Überraschungen völlig außen vor, aber der Entertainment-Faktor von flotten Krachern wie „The Moment Of Truth“, „The Call Of The Wild“ oder „You Better Belive It“ ist beneidenswert. Die Truppe rund um Jeff Scott Soto besteht eben aus Vollprofis, die sich blind und geschickt in ihrer Welt bewegen können. Mehr als solide! 7/10 Kronen

Wig Wam - Never Say Die
Die norwegischen Rocker von Wig Wam bringt man hauptsächlich mit ihrer Teilnahme am Eurovision Song Contest 2005 in Verbindung, doch dieses kurze globale Aufflackern sollte auch eines bleiben und sich nie in beständigem Ruhm festsetzen. Nach einigen mehr oder wenigen guten Glam-Alben ging man 2014 getrennter Wege, kehrte im Herbst 2019 aber via Social Media zurück. Mit den großen Festival-Reunionshows wurde dank Corona nichts, aber das Comebackalbum „Never Say Die“ tröstet darüber hinweg. Wenn man das unsäglich-schmalzige „Kilimanjaro“ skippt, überraschen Glam, Teeny, Flash und Sporty beim Wiedersehen mit einer unerwarteten Straßenköterattitüde und wesentlich mehr Dreck unter den Flügeln. Etwas mehr Backyard Babies und viel weniger Glitzer und Glamour sozusagen. Das steht den wiedervereinten Wig Wam gut und wird vor allem live für ordentlich Dampf sorgen. Wenn es denn endlich wieder so weit ist… 7/10 Kronen

James Yorkston & TSHO - The Wide, Wide River
Freundschaften können auch kreativ befruchtend sein, das ist kein großes Geheimnis. So geschehen etwa bei jener zwischen dem schottischen Singer/Songwriter James Yorkston und dem schwedischen Musikproduzenten Karl-Jonas Winqvist, seines Zeichens auch Leiter und Dirigent des The Second Hand Orchestra (TSHO). In nur drei Tagen wurden in Schweden die von Yorkston geschriebenen Songs mithilfe kundiger und vielfältiger Musiker aus Schweden im Orchestergewand aufgenommen und somit mit einer völlig neuen Klangfarbe koloriert. „The Wide, Wide River“ handelt nicht nur von verflossenen Liebschaften, der ständig tickenden Uhr des Lebens und verlorenen Freunden, sondern lässt auch Raum für heitere Erzählungen. Das Orchester gibt Tracks wie „To Soothe Her Wee Bit Sorrows“ oder „A Very Old-Fasioned Blues“ einen besonders erhabenen Anstrich. Für Freunde der hoffnungsfrohen Melancholie. 7,5/10 Kronen

Billy Zach - Struggle On
Post-Punk ist momentan der Sound der Stunde, so viel ist gewiss. Was die Viagra Boys, Shame, Idles und Co. quer über Europa verstreut so produzieren, hat auch in Deutschland seine Anhänger. Nur dass Billy Zach auf ihrem Zweitwerk „Struggle On“ noch viel Stärker auf Wave- und Shoegaze-Zitate setzen und sich zeitlich überhaupt nicht limitieren und dem Hörer gleich einmal 73 Minuten Material vor die Füße knalle. Value For Money, das kann man schon so sagen. Konzentration und die Lust, sich auf eine gewisse Schwere einzulassen muss man schon mitbringen, sonst könnte das Date mit unseren Nachbarn möglicherweise etwas schwer werden. Wer Songs wie „Lazy And White“ oder dem bleischweren, überlangen „Greed“ aber die nötige Aufmerksamkeit widmet, der wird sich freudig in seiner persönlichen Schwärze suhlen. Bringt Zeit mit, es lohnt sich! 7/10 Kronen

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