„Krone“-Interview

Oska: „Hatte mit meinen Songs alle Zeit der Welt“

Musik
07.01.2021 06:00

Mit der ersten Single „Distant Universe“ eroberte die Niederösterreicherin Oska vor fast einem Jahr die Radiostationen. Dass es bis zur ersten EP „Honeymoon Phase“ nun fast ein Jahr gedauert hast, ist keinesfalls dem Zufall geschuldet. Von der 24-jährigen Folk-Pop-Hoffnung wird man noch viel hören. Im großen Interview mit uns stellt sie sich und ihre Musik ausführlich vor.

(Bild: kmm)

„Wer bei Kleinigkeiten keine Geduld hat, dem misslingt der große Plan“ sagte schon weiland der chinesische Philosoph Konfuzius. Dieser Gefahr kommt die niederösterreichische Senkrechtstarterin Oska erst gar nicht nahe, denn mit Warten kennt sie sich gut aus. Als ihr samtweicher Song „Distant Universe“ via FM4 in die Ohren und Herzen des deutschsprachigen Publikums gelang, war Corona gerade einmal ein bestätigtes Gerücht, das man gedanklich schnell beiseitegeschoben hat. Doch so wie die leidige Pandemie ließ sich auch der Erfolg der jungen Künstlerin nicht aufhalten. Bei FM4 wurde Oska schnell „Act des Monats“, der Song berührte fortan nicht mehr nur Freunde und Familie, sondern auch gänzlich Unbekannte, was für die sympathische Musikerin „wunderschön, aber auch komplett ungewohnt“ war, wie sie der „Krone“ im gemütlichen Gespräch auf Distanz erzählt.

Alle Zeit der Welt
In einer Art entfernten Universum fühlte sich im Frühling 2020 bald jeder, hatte der sehr persönliche Song daher plötzlich eine umfassendere Bedeutung? „Prinzipiell geht es darin um eine zerbrochene Freundschaft und die Frage, ob diese Freundschaft in einem anderen Universum Bestand hätte. Das Alien im Musikvideo ist übrigens mein Exfreund. Wir haben uns tatsächlich in der Woche getrennt, in der das Video entstand - blieben aber bis heute gut befreundet. ,Distant Universe‘ hat durch Corona vielleicht keine andere Bedeutung bekommen, aber es geht um Menschlichkeit und echte Gefühle.“ Dinge, die im letzten Jahr wichtiger waren denn je. Ihre brandneue, dieser Tage erscheinende Debüt-EP „Honeymoon Phase“ war strenggenommen schon Anfang 2019 fertiggeschrieben, doch Oska ließ sich ausreichend Zeit für den richtigen Moment. „Es steckt so viel Arbeit und Herzblut in diesen Songs und außerdem hat niemand auf sie gewartet. Ich hatte alle Zeit der Welt. Dass zwischen ,Distant Universe‘ und der EP fast ein Jahr verging, liegt zur Hälfte an Corona und zur Hälfte an mir.“

Von einheimischen Major-Labels mit ihren Knebelverträgen und der unsicheren Unterstützung als Nachwuchskünstlerin hielt sich Maria Burger, wie Oska mit bürgerlichem Namen heißt, bewusst fern. „Ich habe immer auf ein Label aus dem Ausland gewartet und dann haben sich Nettwerk aus Kanada gemeldet. Die Musiker auf dem Label sind alle schon lange dort und der Chef hat mir persönlich geschrieben und via Zoom mit mir über alles geredet. Dort funktioniert alles wie ein Familienbetrieb und ich spürte sofort großes Vertrauen. In erster Linie musste ich herausfinden, welche Musik ich überhaupt machen will. Dann wollte ich mich nicht von irgendwelchen Label-Bossen beeinflussen lassen, die nur auf Trends schauen.“ Den Trend zur Entschleunigung und dem akustischen Detox hat Oska mit „Honeymoon Phase“ gefunden, ohne sich dafür verbiegen zu müssen. Mit Künstlern wie Angus & Julia Stone oder Stu Larsen (mit dem sie am Titeltrack „Honeymoon Phase“ singt) befinden sich auf Nettwerk zudem Künstler, die inhaltlich und musikalisch ähnlich zu Werke gehen wie die junge Niederösterreicherin.

Überraschende Omnipräsenz
Vertrauen und Geborgenheit sind Oska am Wichtigsten. Das verspürt die aus musikalischem Hause stammende Künstlerin nicht nur bei ihrer Familie mit den vier Geschwistern, sondern auch in ihrer Band und mit Produzent Alex Pohn, der ihr - einem Bruder im Geiste gleich - den passend fragilen Sound zu den zerbrechlichen Songs zusammenbraut. „Vertrautheit, Freundschaft, Zusammenkunft - darum geht es doch in der Musik. Ich habe alle Menschen, die mir wichtig sind, sehr nahe um mich. Der Gitarrist in meiner Liveband ist ein Kindergartenfreund und mein Pianist ist der erste gute Freund als ich nach Wien zog. Diese Sicherheit wirkt sich auch auf die Musik aus.“ Den Lockdown hat Oska möglichst sinnvoll genutzt. Entweder mit Pohn im Studio, alleine Zuhause beim Songwriting oder - als es im Sommer noch möglich war - auf diversen kleinen Bühnen. Oska war kurioserweise in einer Phase der globalen Enthaltsamkeit irgendwie doch omnipräsent. „Ich habe immer versucht, die Zeit möglichst sinnvoll zu nutzen. Man muss das Beste daraus machen.“

Wie es der EP-Titel „Honeymoon Phase“ bereits andeutet, geht es in den fünf Songs vor allem um Beziehungen aller Art. „Ich schaue oft zurück und bin ein absoluter Kopfmensch. Ich denke viel über die Vergangenheit nach, reflektiere und schreibe daraus Songs. Manchmal hindert mich das daran, das Jetzt zu genießen, weshalb ich diese Einstellung ein bisschen ablegen will.“ Oska ist dezidierter Fan von Singer/Songwriter- und Folk-Größen wie Joni Mitchell, Bob Dylan oder Joan Baez. Diese haben teilweise sehr politisch und gesellschaftskritisch geschrieben haben, was die 24-Jährige für sich selbst nicht ausschließt. „Für solche Texte muss man aber das nötige Wissen haben und wirklich was können. Das traue ich mir ehrlich gesagt noch nicht zu. Es ist etwas leichter, über persönliche Dinge zu schreiben und diese zu verarbeiten, als über ein bestimmtes großes Thema zu referieren. Ich würde das gerne mal machen, aber nicht moralisierend oder mit dem Zeigefinger wedelnd. Ich werde meinen Weg finden.“

Sicheres Auffangnetz
Gesungen wurde im Hause Burger schon immer und da die älteren Geschwister „vernünftige Jobs“ in Augenschein nahmen, gab es für Maria relativ früh kreative Narrenfreiheit. „Nachdem die anderen alle gut studiert und tolle Berufe haben, wurde mir diese Freiheit genehmigt“, lacht Oska, „außerdem habe ich durch meine Familie ein wundervolles Auffangnetz. Wenn es einmal schlecht gehen sollte, habe ich fünf Wohnungen oder Häuser, in denen ich willkommen bin, bevor ich auf der Straße lande.“ Den Künstlernamen hat sie sich übrigens aus dem trauten Heim, von Bruder Oskar entlehnt. Das „r“ wegzulassen war ein reines Bauchgefühl. „Seit ich 16 bin hatte ich die Idee schon im Hinterkopf. Manchmal frage ich mich heute schon, was ich mir dabei gedacht habe, aber jetzt ist es so und es ist gut. Eine gewisse Distanz zwischen mir als Privatperson und mir als Künstlerin finde ich wichtig.“ Außerdem hat sie schon früh an ein Sicherheitsnetz gedacht. „Was wäre, wenn aus der Musik nichts geworden wäre und man findet mich als Maria Burger mit peinlichen Interviews im Internet, wenn ich mich irgendwo bewerbe“, lacht sie erneut laut auf, „gäbe man mir dann einen Job als Ingenieurin?“

Oska wagte den harten Weg, spielte auf der Straße, in Pubs und dunklen Ecken diverser Beisl. Definitiv etwas, dass nicht nur musikalisch, sondern auch performativ besonders prägend für die Vollblutkünstlerin war. In Songs wie „Distant Universe“, „Missunderstood“ oder „Love You’ve Lost“ gelingt es Oska scheinbar federleicht, ihren zeitlosen Folk-Pop durch ihre ausdrucksstarke Stimme und die ehrlichen, aus dem Leben gegriffenen Texte so zu transportieren, dass man trotz all der persönlichen Entwicklung in den Inhalten stets das große Ganze für Jedermann herausfiltern kann. „Beim Songschreiben darfst du nie zu viel nachdenken, sondern musst in erster Linie erst einmal alles rauslassen, was dir so einfällt. Das dürfen auch banale Sachen sein, denn die sind nur allzu menschlich. Der kritische Blick kommt dann eh noch früh genug.“ Ein großes Idol ist für Oska die kalifornische Durchstarterin Phoebe Bridgers, deren authentische Ehrlichkeit in den Songs sie fasziniert. „Aber ich finde sie vor allem wegen der Produktion großartig. Diese Mischung aus Geigen und gepitchten Gitarren ist wundervoll.“

Positives vermitteln
Zwei neue, noch nicht veröffentlichte Songs, hat Oska mit Streichern aufgenommen. Einen großen Schritt weiter in orchestrale Gefilde will sie gar nicht ausschließen. „Ich wollte unbedingt einmal eine solche Songwritingsession machen und die Arrangements haben super gepasst. Vielleicht kann man das noch aufnehmen und auch mal live spielen. Hätte ich das Geld dafür, würde ich auf jeden Fall mit einem Streicher- oder Bläserensemble auftreten.“ Musik, die ehrlich und persönlich ist. Das mag Oska als Hörerin erfassen und als Musikerin weitergeben. „Ich will anderen genauso helfen können, wie mir viele Künstler mit ihrer Musik helfen konnten. Es geht darum, etwas Positives in die Welt hinauszutragen.“ 2021 sind auf jeden Fall viele Konzerte im In- und Ausland geplant. Man wird sehen, wie viel sich davon umsetzen lässt. Und dann steht ja auch das erste volle Album an. Anfang 2022 soll es soweit sein. „Es gibt viele Songs, die schon älter sind. Andere sind ganz neu. Andere werden vielleicht noch geschrieben. Aber egal welche es dann aufs Album schaffen, sie werden sicher sehr persönlich sein. Das ist die Art und Weise, wie ich schreibe und das wird sich nie ganz ändern.“

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