Polit-Krieg im ORF

ORF-Infodirektor Elmar Oberhauser eiskalt abgesetzt

Österreich
11.11.2010 17:01
Die Polit-Schlammschlacht im ORF hat am Donnerstag ihr vorläufiges Ende gefunden: Informationsdirektor Elmar Oberhauser ist nach einem mehrstündigen Anhörungsprozedere vom obersten Aufsichtsgremium des Staatsfunks, dem Stiftungsrat, abgewählt worden. Davor waren Verhandlungen über eine einvernehmliche Trennung gescheitert, es heißt, Oberhauser könne nun vertragliche Ansprüche im Millionenbereich stellen. Der geschasste Info-Chef zeigte am Abend sich "stolz" über die Abwahl: "Ich werde mein Büro zusammenräumen und verschwinden!"

Wrabetz hatte einen Abwahlantrag gegen Oberhauser gestellt - krone.at berichtete -, nachdem dieser in einem ORF-internen Rundschreiben die Bestellung von Fritz Dittlbacher zum TV-Chefredakteur kritisiert und SPÖ-Einflussnahme rund um die Personalentscheidung geortet hatte. Wrabetz sah deshalb das Vertrauensverhältnis der beiden ORF-Manager gestört.

Abwahl durch rote und grüne Stiftungsräte
Im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat stimmten am Donnerstag insgesamt 18 Vertreter für die Abwahl des Info-Direktors, sechs enthielten sich des Votums, elf Stiftungsräte gaben Oberhauser Rückendeckung und sprachen sich gegen die Ablöse aus.

Die Stimmen für die Abwahl kamen von SPÖ-Räten, den Grünen sowie zwei unabhängigen Betriebsräten. Elf Vertreter des ÖVP-"Freundeskreises" votierten gegen die Ablöse des Infochefs. Enthaltungen kamen von den beiden FPÖ/FPK-Vertretern, BZÖ, den unabhängigen Stiftungsräten Alexander Hartig und Franz Küberl sowie der dem VP-angehörenden Gebriele Zuna-Kratky. 

ÖVP-"Freundeskreis" stand demonstrativ hinter Oberhauser
Der ÖVP-"Freundeskreis" hatte sich vor der Sitzung demonstrativ gegen eine Abwahl des Infodirektors gestellt. Es gebe keinen Entlassungsgrund, weswegen Oberhausers Vertrag ohnehin auszubezahlen sei, hieß es von den Stiftungsräten. Dann sollte der Info-Direktor aber auch eine Arbeitsleistung erbringen, so die Argumentation. "Arbeiten statt abwählen", formulierte dies der Leiter des VP-"Freundeskreises", Franz Medwenitsch.

ORF-Generaldirektor Wrabetz verteidigte die Abwahl. Es sei wichtig, dass es im Unternehmen klare Führungsstrukturen und Handlungsfähigkeit gebe. Die ORF-Führung habe jedenfalls Handlungsfähigkeit bewiesen. Oberhauser habe mit seiner Kritik an der Personalentscheidung in der TV-Chefredaktion und den Vorwürfen, wonach es dabei parteipolitische Einflussnahmen gegeben habe, dem Haus eine "unnötige Debatte" gebracht.

Oberhauser blieb stur und wollte sich nicht entschuldigen
Vor der Abstimmung war Oberhauser vom Stiftungsrat angehört worden und hatte dort eine "sachliche Rede" ohne die eigentlich erwartete Abrechnung gehalten (siehe Infobox). Er bekundete auch seine Bereitschaft zur Weiterarbeit als Direktor oder in anderer Position, hieß es nach dem Oberhauser-Auftritt.

Nach langen Debatten zwischen Stiftungsräten und Wrabetz wurde Oberhauser dann nochmals in den Stiftungsrat gebeten und dort mit der Frage konfrontiert, ob er bereit sei, sich für sein Verhalten zu entschuldigen. Oberhauser lehnte ab, danach ging es rasch zur Abstimmung. Um kurz nach 16 Uhr war die Sitzung zu Ende.

Oberhauser zeigte sich danach vor den im ORF-Zentrum versammelten Reportern "stolz auf diese Abwahl". "Ich habe Charakter gezeigt und mich gegen parteipolitische Einflüsse im ORF gewehrt und bin dafür von einer rot-grünen Mehrheit abgewählt worden." Er werde jetzt seine Freizeit genießen, sagte er.

Keine Einigung auf "Einvernehmliche" am Vormittag
Bis zuletzt waren vor der Stiftungsratssitzung die Gespräche der ORF-Geschäftsleitung mit Oberhausers Rechtsvertretern über eine einvernehmliche Ablöse gelaufen. So wurde etwa angedacht, Oberhauser weiter als Konsulent für Sportrechte zu beschäftigen, wenn er auf Bonifikationen wie den Dienstwagen und die äußerst günstige ORF-Dienstwohnung verzichtet. 

Als zu Mittag mit Beginn der Stiftungsratssitzung noch immer keine Einigung in Sicht war, wurde Oberhausers Anhörung vom Tagespunkt 4 ans Ende der Sitzung verschoben. Gegen 13 Uhr erschien "Elmo" dann vorm Sitzungsaal. Im Mediengetümmel davor meinte Oberhauser nur: "Ich hab's mir nicht ausgesucht." Die Abwahl des ORF-Schwergewichts galt angesichts der Ankündigungen der SP-Stiftungsräte des Gremiums schon im Vorfeld als gesichert. 

Es geht um viel Geld
Nach der gewaltsamen Entfernung Oberhausers geht es nun um dessen vertragsrechtliche Ansprüche, darunter laut "Krone"-Informationen auch die Frage, ob ihm eine Luxus-Pension von 10.000 Euro oder "nur" 7.000 Euro im Monat zusteht. Darüber hinaus hat Oberhauser laut Vertrag bis Ende 2011 noch Anspruch auf sein Gehalt, es geht um seine Dienstwohnung und um den Dienstwagen sowie etwaige Prämienzahlungen – insgesamt liegt die Gesamtsumme, über die die Anwälte reden, inklusive Luxus-Pension auf Lebenszeit für Oberhauser deutlich über der Millionen-Euro-Grenze, hieß es. 

Apropos Pension: Oberhauser hat Anspruch auf eine "ORF-Pension Alt" – diese wird aus einer Pensionskassa beglichen, in die der ORF Milliarden an Rücklagen eingezahlt hat.

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