Tochter in Drogenhölle

Mutter ließ Dealer aus purer Verzweiflung bedrohen

Tirol
18.10.2020 11:15
Einige Familien haben sich bei der „Tiroler Krone“ mit Erlebnissen rund um ihre abhängigen Kinder gemeldet. Den ersten Schritt wagt eine Mutter aus Innsbruck. Sie schildert im Detail, wie ihre minderjährige Tochter drogenabhängig und im Rausch vergewaltigt wurde und wie sie es geschafft hat, sie aus dem Sumpf zu ziehen.

„Als ich den Artikel über das 13-jährige Mädchen, das an einer Überdosis gestorben ist, gelesen habe, sind mir die Tränen runtergelaufen. Denn es hätte auch meine Tochter sein können“, sagt eine Tiroler Mutter.

„Ecstasy zerkleinert und durch Nase gezogen“
Alles begann vor einem Jahr, Emilia (Name geändert) - damals 13 Jahre alt - kam zum ersten Mal mit Marihuana in Kontakt. Schritt für Schritt wagte sie sich weiter vor in der Drogenwelt. „Sie hat sich Ecstasy zerkleinert und wie Kokain durch die Nase gezogen. Auch Speed und Crystal Meth hat sie ausprobiert“, schildert ihre Mama.

Handy abgenommen und entsperren lassen
Sie hat ihrer Tochter das Handy abgenommen und durch einen Freund entsperren lassen. „Das war meine einzige Möglichkeit herauszufinden, in welchen Kreisen sie sich bewegte“, rechtfertigt sie diesen Schritt.

„Er hat ihr die große Liebe vorgespielt“
Sie fand heraus, dass Emilia von einem Drogendealer „albanischer Herkunft“ versorgt wurde. Sie dürfte ihn im Tivoli-Park in Innsbruck kennengelernt haben. „Er hat ihr die große Liebe vorgespielt, ihr Rosen geschenkt und sie so in seinen Bann gezogen. Er tauchte sogar bei uns zu Hause auf“, so die Mama. Geld hat er für die Substanzen nie verlangt.

„Seine Absicht war es, sie gefügig zu machen, was ihm auch gelungen ist. Heuer im Februar hat er sie richtig mit Drogen zugedröhnt, sie an das Sillufer hinter das Gebüsch geschleppt und sie dort mit anderen Ausländern vergewaltigt. Von der Tat haben sie ein Video gedreht und durch Innsbruck geschickt. Das Verfahren gegen die Täter wurde eingestellt, weil sie minderjährig waren“, erzählt die Mutter.

„Ich war Stammgast bei der Polizei
Sie sei tage- und nächtelang durch Innsbruck gefahren, um ihre Tochter zu suchen. Und natürlich habe sie sich um Hilfe bemüht. „Ich habe unter anderem das Jugendamt mehrmals kontaktiert und war Stammgast bei der Polizei. Ich habe sämtlichen Kontaktpersonen geschrieben und sie angerufen. Ich habe geweint, doch keiner hat uns wirklich geholfen“, kritisiert die Tirolerin.

Mit einem weiteren Drogencocktail intus habe sie Emilia in die Klinik gebracht. „Doch dort wurden wir nicht beachtet. Stunden später haben sie zu uns gesagt, dass meine Tochter eine Therapie machen solle. Zu diesem Zeitpunkt war sie aber bereits in Therapie, da das nach der Vergewaltigung war“, sagt die Mutter.

„Eine Mutter weiß, wann ihr Kind Hilfe braucht“
Mit der Polizei und einem Amtsarzt hat sie ihre Tochter auch in die Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall einliefern lassen. „24 Stunden später hieß es, dass ich mein Kinder wieder abholen solle, da es nicht akut fremd- oder selbstgefährdet sei. Meine Tochter war drogenabhängig, sie hat sich geritzt und wurde vergewaltigt. Sie muss in meinen Augen somit nicht artikulieren, dass sie sich umbringen will. Ich als Mutter kann hingegen sehr wohl entscheiden, wann mein Kind Hilfe benötigt“, schildert die Tirolerin.

Sie wusste nicht mehr, was sie machen sollte, und entschloss sich schließlich für einen unkonventionellen Weg: „Ich habe einen jungen Marokkaner auf der Straße angeheuert und ihn auf den albanischen Drogendealer angesetzt. Er hat diesen mit einem Messer bedroht und ihm gesagt, dass er meine Tochter in Ruhe lassen solle. Dafür habe ich ihm Geld bezahlt. Seither werden wir in Ruhe gelassen. Ich weiß, dass das illegal war, aber ich hatte keine Wahl“, sagt sie.

„Ihr Wunsch ist es, Richterin zu werden“
Emilia - heute 14 Jahre alt - hat einen Entzug zu Hause gemacht. Sie hat die Schule gewechselt - von der Stadt weg aufs Land. Sie hat alle Kontakte in die gefährlichen Kreise abgebrochen. Sie ist nach wie vor in Therapie, die nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Und sie will später Staatsanwältin oder Richterin werden, um für Gerechtigkeit zu sorgen. „Es geht ihr gut. Wir haben ein Jahr lang gekämpft und es aus der Hölle geschafft“, wirkt die Mutter von Emilia nun erleichtert.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

 Tiroler Krone
Tiroler Krone
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Tirol



Kostenlose Spiele