Im Landesgericht Wien

Kardinal Schönborn als Zeuge zu 250.000-€-Spende

Österreich
30.06.2020 13:25

Eine Stunde lang hat Kardinal Christoph Schönborn am Dienstag im Wiener Landesgericht als Zeuge Rede und Antwort gestanden. Ruhig im Ton und mit wohl gewählten Worten berichtete er der Richterin von einer 250.000-Euro-Spende. Diese ist jetzt Prozessthema in einem Verfahren gegen vier honorige Beamte, denen Untreue vorgeworfen wird.

Kurz vor neun Uhr früh erschien der Kardinal vor dem Saal 106 im Wiener Landesgericht in Begleitung eines Mitarbeiters. Neben ihm saß bereits die frühere Innenministerin Maria Fekter, die ebenfalls auf ihre Aussage wartete. Die frühere ÖVP-Politikerin wurde zuerst in den Saal gerufen, Christoph Schönborn musste warten. Erst gegen 10.30 Uhr begann dann seine Befragung.

In dem Verfahren geht es um insgesamt eine Million Euro, die einmal dem Wiener Stadterweiterungsfonds gehörten. Dieser wurde im 19. Jahrhundert von Kaiser Franz Joseph gegründet. Damit sollte der prachtvolle Ausbau der Ringstraße finanziert werden. Die Million soll, so die Anklage, widmungswidrig verwendet worden sein. Und zwar für Spenden an karitative Organisationen, wie zum Beispiel an das St. Anna Kinderspital. Dies sei nicht im Sinne des Kaisers gewesen, meint der Staatsanwalt. Drei Beamte des Innenministeriums und der frühere Chef des Fonds stehen jetzt vor Gericht.

Spende sollte für Bau von Kirche in der Seestadt verwendet werden
In der Einvernahme des Kardinals ging es um eine Spende des Fonds in Höhe von 250.000 Euro an die katholische Kirche. Dieser sollte, wie in einem Gespräch im Jahr 2008 entschieden wurde, zum Bau eines Gotteshauses in der Seestadt in Wien-Donaustadt verwendet werden. „In einem so großen Gebiet der Stadterweiterung war uns die Seelsorge ein wichtiges Anliegen“, erklärte Schönborn: „Hier sollten ja in der Endausbaustufe Zehntausende Menschen leben.“ Grundsätzlich sei es ein wichtiges Anliegen der Kirche, in Gebieten der Stadterweiterung Präsenz zu zeigen.

Architektenwettbewerb im Juli
Im konkreten Fall sollte das Gotteshaus in einem Campus der Religionen eingebunden werden. Doch beim Projekt Seestadt gab es Verzögerungen, das Geld liegt noch immer auf einem Treuhandkonto des Bauamtes der katholischen Kirche. Denn erst jetzt wird das Baulos H2 der Seestadt langsam vollendet, in dem sich das neue Gotteshaus befinden soll. Im Juli fällt bei einem Architektenwettbewerb die Entscheidung über das Aussehen der Kirche.

Beschuldigte mit päpstlichem Orden ausgezeichnet
Zuletzt wollte die Richterin noch wissen, warum die vier Beschuldigten Jahre später mit einem päpstlichen Orden ausgezeichnet worden sind: „Stand das Ritterkreuz des päpstlichen Silvesterordens in einem Zusammenhang mit der Spende?“ Der Kardinal erläuterte zuerst: „Dieser Orden liegt bei den päpstlichen Orden auf einer unteren Stufe. Solche Auszeichnungen werden öfter vergeben. Auch Wiener Stadträte habe ich schon damit ausgezeichnet. Die Spende spielte zwar eine gewisse Rolle, war aber sicher nicht allein ausschlaggebend.“ Damit war der Auftritt bei Gericht für den Kardinal, der zu Christi Himmelfahrt erstmals nach der Coronavirus-bedingten Schließung der Kirchen wieder eine Messe im Stephansdom gehalten hatte, beendet.

Angeklagte von Fekter entlastet
Zuvor hatte Ex-Ministerin Maria Fekter die Angeklagten entlastet. Es sei durchaus auch in ihrem Sinn gewesen, dass die Fonds-Gelder für karitative Zwecke verwendet werden. Die Anklage hatte ja behauptet, die Beamten hätten die Gelder „an den Ministern vorbei“ vergeben. Der Prozess geht weiter.

Peter Grotter, Kronen Zeitung

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