Ethisch umstritten

Forscher wollen Freiwillige mit Covid infizieren

Wissenschaft
08.05.2020 14:13

Ein internationales Forscherteam hat sich dafür ausgesprochen, bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus auch Studien mit freiwillig infizierten Probanden vorzubereiten. „Angesichts der besonderen Umstände der Pandemie befürworten unser Rahmenmodell und unsere Analyse, eine Grundlage für SARS-CoV-2-Challenges zu legen“, schreibt das Team um Erstautorin Seema Shah.

Die Wissenschaftler um Shah von der Northwestern University in Chicago betonen im Fachjournal „Science“ aber auch, dass Risiken für Studienteilnehmer, Personal und Dritte minimiert werden müssten. So sollten etwa junge, gesunde Menschen als Probanden ausgewählt und deren Gesundheitszustand langfristig beobachtet werden.

Schon mehr als 14.000 Freiwillige
Mit einer Kampagne namens „1Day Sooner“ sucht ein Forscherteam um Chris Bakerlee von der Harvard University Menschen, die potenziell bereit wären, gezielt an Covid-19 zu erkranken, um so die Entwicklung eines Impfstoffes zu beschleunigen. Mehr als 14.000 Menschen aus mehr als 100 Ländern haben sich bereits auf der Website registriert.

Die Initiatoren von „1Day Sooner“ verweisen auf ihrer Homepage auf „Human Challenge Trials“ in der Vergangenheit. So wurden etwa in den 1970er-Jahren Probanden in den USA gezielt mit Cholera infiziert, um die Wirksamkeit eines Impfstoff-Kandidaten zu erproben. In verschiedenen Studien ließen sich Freiwillige außerdem Malaria-Erreger verabreichen.

Kritiker äußern ethische Bedenken
Klinische Studien mit freiwillig Infizierten könnten in der Corona-Krise „in mehrfacher Weise einen hohen sozialen Wert“ haben, argumentieren die Forscher. Solche sogenannten Human Challenge Trials - so lautet der englischsprachige Fachbegriff für diese Art von Studien - sind unter Wissenschaftlern aber umstritten. Befürworter argumentieren, dass sie die Entwicklung medizinischer Wirkstoffe beschleunigen können. Kritiker verweisen hingegen auf hohe gesundheitliche Risiken und äußern ethische Bedenken.

Im Rennen um brauchbare Therapien gegen die Folgen einer Coronavirus-Infektion werden weltweit mehr als 140 Wirkstoffe untersucht. 77 davon sind Medikamente, die für andere Krankheiten entwickelt wurden, 68 neue Entwicklungen. In mehreren Ländern wurde bereits grünes Licht für klinische Studien von vielversprechenden Impfstoff-Kandidaten gegeben.

Erster Impfstoff Anfang 2021 fertig?
Der Österreicher Florian Krammer glaubt, dass es Anfang 2021 erste Vakzine (Impfstoffe) geben wird. Als vielversprechend bezeichnete er etwa einen Ansatz mit inaktivierten SARS-CoV-2-Erregern. Erste Daten dazu „schauen super aus“, so der Wissenschaftler, der als Professor in der Abteilung für Mikrobiologie an der Icahn School of Medicine at Mount Sina in New York tätig ist.

Nicht ganz so optimistisch sind Experten der Europäischen Arzneimittelbehörde: Ihren Angaben zufolge könnte es noch mindestens ein Jahr dauern, bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen wird und auch in ausreichender Menge vorhanden ist.

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