Corona-Krise

Steuerberater sehen Chaos, Handel mit Minus

Wirtschaft
20.04.2020 18:14

Die Steuerberater sehen noch viele ungeklärte Fragen rund um die Umsetzung von Kurzarbeit, Härte- und Hilfsfonds. Besonders die in wenigen Wochen bevorstehende Auszahlung des Urlaubsgeldes „könnte der Todesstoß gerade für kleine und mittlere Unternehmen sein“, warnt der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW), Klaus Hübner. Der vorübergehende Shutdown führt im Handel bei kleineren und mittelgroßen Unternehmen zu teilweise massiven Umsatzeinbußen. Im Onlinehandel können die Händler die Verluste nicht ausgleichen, geht aus einer Montagnachmittag veröffentlichen Handelsverband-Umfrage hervor. Ein Viertel könnte schon im April von Zahlungsunfähigkeit betroffen sein.

Drei Viertel der KMU-Unternehmen gaben an, dass sich die Corona-Krise und der vorübergehende Shutdown negativ auf ihren Umsatz im stationären Handel ausgewirkt haben. Fast ein Drittel hat auch im Onlinehandel Umsatzrückgänge. Im April erwarten - trotz der schrittweisen Öffnung im Handel seit 14. April - 80 Prozent der Händler eine negative Umsatzentwicklung. Fast 60 Prozent rechnen mit einem starken Geschäftsrückgang von mehr als 50 Prozent.

14 Prozent der Befragten haben einen Webshop erstellt, weitere 24 Prozent ihren bestehenden Onlineshop ausgebaut. „Einen Teil der Umsatzverluste kann man damit schon auffangen, allerdings reden wir hier von maximal 50 Millionen Euro - bei einem wöchentlichen Umsatzverlust von bis zu einer Milliarde Euro im österreichischen Handel während des Shutdowns“, so der Handelsverband am Montag in einer Pressemitteilung.

Viertel der KMU-Händler vor Zahlungsunfähigkeit
42 Prozent der kleineren Händler hätten daher Teile der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt, 17 Prozent bereits Mitarbeiter gekündigt. Neueinstellungen habe es im März in 4 Prozent der Betriebe gegeben. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen haben um finanzielle Hilfen aus dem Corona-Rettungsschirm angesucht bzw. planen, dies noch zu tun.

Ein Viertel der KMU-Händler sage, dass sie „innerhalb eines Monats von Zahlungsunfähigkeit betroffen sein könnten“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. „Sieben Prozent der Unternehmen mussten bereits schließen oder werden in Kürze den Betrieb einstellen.“

200 ungeklärte Fragen bei Kurzarbeit
62 Prozent der befragten 233 KMU-Händler wünschen sich von der Regierung rasche und unbürokratische Hilfe - doch genau hier hapert es noch, wie Steuerberater-Kammerpräsident Hübner betont: „Die Bundesregierung hat schnell und richtig gehandelt, aber bei der Umsetzung steckt der Teufel im Detail“, sagte er am Montag in einer Mitteilung. Allein bei der Kurzarbeit seien seit Wochen 200 Fragen ungeklärt. „Wir vertreten 8000 Steuerberater/innen und diese betreuen 95 Prozent der heimischen Unternehmen. Wir werden derzeit bombardiert mit Hilferufen der Kolleg/innen, denn sie haben es bei Kurzarbeit, Härte- und Hilfsfonds mit Regelungen zu tun, die so nicht anwendbar sind“, so Hübner.

Auch die Abwicklungsstellen Arbeitsmarktservice (AMS) und Wirtschaftskammer seien durch die Flut an Anträgen völlig überfordert und könnten diese nicht schnell genug bearbeiten. Sachbezüge, Pauschalierungen, Dienstwagen, Zulagen, Urlaubsansprüche, Familienbonus, Kilometergeld, verschiedene Lohnarten - das seien nur einige offene Punkte, auf die es keine Antworten gebe. Die Steuerberater wollen deshalb bei der Umsetzung des Hilfsmaßnahmen eingebunden werden - derzeit würden sie aus vielen Antragsschritten ausgeschlossen und die ganze Arbeit bleibe bei den Unternehmern hängen.

27.500 Anträge für zweite Phase des Härtefallfonds
Was die Anträge angeht, so dürfte es den Mitarbeitern der WKO weiterhin nicht langweilig werden. Seit dem Start der zweiten Phase des Härtefallfonds für Selbstständige seit Montag, 12 Uhr hat die Wirtschaftskammer bis 17 Uhr rund 27.500 Anträge erhalten. Dies teilte die Kammer am frühen Montagabend mit. Die Unterstützungsleistung für Betroffene der Coronakrise kann auf der Website der Wirtschaftskammer beantragt werden. Zur Verfügung stehen bis zu 2000 Euro drei Monate lang, also insgesamt bis zu 6000 Euro. Betroffene bekommen, wenn sie eine „wirtschaftlich signifikante Bedrohung durch Covid-19“ nachweisen, in der Regel 80 Prozent des Verdienstentgangs ersetzt.

Nach Kritik an den Anspruchskriterien ist die Definition eines Härtefalls gelockert worden. In der zweiten Phase sind auch Mehrfachversicherte berechtigt. Nebeneinkünfte sind kein Ausschlusskriterium mehr und auch Gutverdiener, die vor der Krise mehr als 5000 Euro brutto im Monat verdient haben, gelten nun als Härtefälle. Ebenfalls gestrichen wurde die Untergrenze von rund 460 Euro monatlich.

Warten auf Gastronomie-Öffnung
Auch in der Gastronomie ist man mit der aktuellen Situation alles andere als glücklich. Mit einiger Spannung wird die schrittweise Öffnung ab Mitte Mai erwartet. „Unser Ziel ist es, ein ausgewogenes Gesamtpaket zu erreichen, damit die Betriebe die Möglichkeit haben, ihr Geschäft wieder auszurichten und damit in absehbarer Zeit zufriedenstellende Einnahmen erzielen können“, so WKÖ-Gastronomie-Obmann Mario Pulker am Montag.

Derzeit laufen Gespräche innerhalb der Branche und gemeinsam mit der Politik, wie die Öffnung in der Gastronomie organisiert werden soll. „Hier gilt es eine Reihe von Faktoren mit zu bedenken, wie etwa den Abstand in Innenräumen und in Gastgärten, die Öffnungszeiten und Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen“, sagte der Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich in einer Aussendung.

„Neustart so reibungslos wie möglich“
Die rund 60.000 Gastronomiebetriebe in Österreich erzielten zuletzt mit über 145.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von über 9 Milliarden Euro. Wie die Wiederöffnung der Gastronomiebetriebe in Zeiten des Coronavirus genau organisiert wird, ist derzeit noch Gegenstand von Verhandlungen. „Es ist uns allen daran gelegen, Lösungen und Möglichkeiten zu finden, die den Neustart so sicher aber auch so reibungslos wie möglich gelingen lassen“, so Pulker.

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