Um eine Million Euro

Kirchen sammeln jetzt für neues Flüchtlingsschiff

Ausland
04.12.2019 12:01

Es ist ein deutliches politisches Signal: Auf Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich jetzt ein neues ziviles Bündnis für die Seenotrettung gegründet, die ein neues Schiff zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ankaufen will. Das Schiff soll voraussichtlich im Frühjahr 2020 in See stechen und von der umstrittenen Organisation Sea Watch betrieben werden. Beteiligt an „United4Rescue“ seien bisher mehr als 40 Kirchen, Vereine und Initiativen, berichtete Kathpress am Mittwoch. Ein kürzlich ins Leben gerufener Trägerverein will ab sofort Spenden dafür sammeln. Die Kosten für das geplante Schiff werden auf rund eine Million Euro geschätzt.

„Das Bündnis will die Verantwortlichen in Europa in die Pflicht nehmen, das Sterben im Mittelmeer zu beenden, und will zugleich einen eigenen Beitrag dazu leisten, Menschen zu retten“, sagte EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm. Die evangelische Kirche engagiere sich seit Jahrzehnten in den afrikanischen Herkunftsländern der Flüchtlinge. Gleichzeitig sei es ein Gebot der Menschlichkeit, denjenigen zu helfen, die in Not seien. Der Einsatz für die Seenotrettung sei deswegen „Teil einer diakonischen Gesamtstrategie“. Innerhalb der evangelischen Kirche erwarte er jedenfalls keinen größeren Widerstand gegen das Projekt.

Kosten von rund einer Million Euro
Für ein geeignetes Schiff rechnet der Vorsitzende des Trägervereins, Michael Schwickart, eigenen Worten nach mit Kosten von rund einer Million Euro. Das Bündnis habe bereits ein konkretes Fahrzeug im Auge, das das Land Schleswig-Holstein abgeben wolle. Dazu werde man sich am Gebotsverfahren beteiligen. Nach dem Kauf solle das Schiff der Organisation Sea Watch als Eigner übergeben werden. Sea Watch hatte im vergangenen Sommer mit dem Nervenkrieg um die deutsche Kapitänin Carola Rackete für Aufregung gesorgt.

Rackete war Ende Juni als Kapitänin des Rettungsschiffs Sea-Watch 3 trotz eines Verbots der italienischen Behörden in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. An Bord befanden sich Dutzende Gerettete. Die Kapitänin begründete ihre Entscheidung mit der Notsituation an Bord. Die Sea-Watch 3 war zu diesem Zeitpunkt bereits 17 Tage am Mittelmeer unterwegs. In Italien wird gegen Rackete wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung ermittelt. Die Deutsche wurde im Oktober in Klosterneuburg mit dem „Globart Award 2019“ für ihr „Engagement, Menschenrechte und Menschenleben zu verteidigen“, ausgezeichnet.

Zu den Mitgliedern des nun gegründeten Bündnisses zur Seenotrettung gehören die Organisation Ärzte ohne Grenzen, die Deutsche Seemannsmission, mehrere evangelische Landeskirchen und Kirchenkreise sowie die Vereinigung Evangelischer Freikirchen. Von der römisch-katholischen Kirche sind der Bund der Deutschen Katholischen Jugend und der Katholikenrat der Region Heinsberg beteiligt.

Unterstützung auch vom Bürgermeister Palermos
Unterstützung kam auch vom Bürgermeister Palermos, Leoluca Orlando, der sich in der Vergangenheit immer wieder solidarisch mit Seenotrettern gezeigt hatte. Die sizilianische Hauptstadt trat als erste Gemeinde dem neu gegründeten Bündnis bei. „Palermo ist ein sicherer Hafen“, so Orlando. „Bei uns sind alle Mitglieder der europäischen und internationalen Rettungsorganisationen mit ihren Schiffen und Flugzeugen willkommen.“

Im Mittelmeer sind mehrere Hilfsorganisationen immer wieder mit eigenen Rettungsschiffen unterwegs. Italien und Malta als nächste Anrainerstaaten verweigern regelmäßig die Einfahrt in ihre Häfen. Die geretteten Menschen an Bord müssen deswegen meist tagelang auf den Schiffen ausharren, bis sich genug europäische Staaten zu ihrer Aufnahme bereit erklären. Über eine dauerhafte Lösung wird in der EU seit Langem diskutiert.

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