Am 11. September fiel dem Steirer Max Zirngast ein großer Stein vom Herzen: An diesem Tag wurde er in der Türkei vom Gericht freigesprochen. Ihm und drei weiteren Angeklagten war die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen worden. Am Montag sprach er in Graz erstmals nach der Rückkehr über das Erlebte.
Bis auf den letzten Platz gefüllt ist der Saal des Bildungsvereins der KPÖ. Der Grund ist Max Zirngast, der zum ersten Mal nach seiner Freilassung in der Türkei vor Publikum über seine Zeit in der Haft und die Gerichtsverhandlung spricht. „Verhaftet wurde ich gegen 6 Uhr früh, meine Wohnung in Ankara wurde komplett auf den Kopf gestellt“, erzählt der 30-jährige Journalist und Aktivist.
Finster und kalt war es im Kellerkerker. „Am schlimmsten war die Unsicherheit, weil ich nicht wusste, wie lange ich dort bleiben muss. Eine Woche, ein Jahr?“
Anklage voller Fehler und Widersprüche
Als völlig an den Haaren herbeigezogen, voller Widersprüche und Übersetzungsfehler entpuppte sich schließlich die 120 Seiten lange Anklageschrift. Dass Prozesse dieser Art in der Türkei System haben, erklärt Alp Kayserilioglu, der gemeinsam mit Johanna Brose die Solidaritätskampagne „Freiheit für Max Zirngast“ ins Leben gerufen hat. Regimekritische Schreiber seien eben nicht gerne gesehen.
Darum habe sich die Polizei Einschüchterungsmaßnahmen einfallen lassen. Willkürlich gibt es Verhaftungen. Die Staatsanwälte bearbeiten diese Fälle zwar - ein Freispruch sei meistens aber vorprogrammiert. „Es geht nicht darum, gefährliche Verbrecher zu belangen. Die Staatsanwälte haben einfach durchgewunken, was die Anti-Terror-Polizei wollte“, ergänzt der Südsteirer Zirngast.
„Dimension war mir nicht bewusst“
Von den Solidaritätsaktionen hat er erst erfahren, als er vom Polizeigewahrsam in die Haft überstellt wurde. „Die Dimension war mir vorerst gar nicht bewusst, meine Mutter hat mir alles erzählt. So viele Botschaften und Briefe sind angekommen. Ohne diese und die Unterstützung meiner Eltern hätte ich das alles nicht durchgehalten“, bedankt sich Zirngast, dessen Eltern dem Vortrag ebenso beiwohnten.
Aus der Geschichte heraus ist auch das Buch „Die Türkei am Scheideweg“ entstanden, welches die aktuelle Entwicklung in der Türkei behandelt.
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