Amazonas-Katastrophe

Brände außer Kontrolle: Bangen um den Regenwald

Ausland
24.08.2019 16:54

Im Amazonas-Becken liegt das größte tropische Waldgebiet der Welt. Es umfasst 5,5 Millionen Quadratkilometer. Der Amazonas-Wald beherbergt einen beispiellosen ökologischen Schatz. Die schweren Rauchschwaden, die derzeit über dem riesigen Gebiet liegen, führen deutlich vor Augen, dass das gesamte Amazonas-Becken in Gefahr ist. Wie das staatliche brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE am Samstag mitteilte, entzündeten sich zwischen Donnerstag und Freitag 1663 neue Feuer. Auch aus Nachbarländern Brasiliens wurden bereits zahlreiche Feuer gemeldet. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat mittlerweile einen Militäreinsatz angeordnet. Einige Daten und Fakten.

Das Amazonas-Gebiet erstreckt sich über neun Länder Lateinamerikas - Bolivien, Brasilien, Ecuador, Französisch-Guyana, Guyana, Kolumbien, Peru, Suriname und Venezuela. Mehr als 60 Prozent liegen in Brasilien.

Einzigartige Vielfalt
2,1 Millionen Quadratkilometer des Waldes sind Schutzgebiete. Nach Auskunft des Amazonas-Kooperationsrats gibt es dort 30.000 Pflanzenarten, 2500 Fischarten, 1500 Vogelarten, 550 Reptilienarten und 2,5 Millionen Insektenarten. Die Entdeckung dieser einzigartigen Vielfalt st noch nicht abgeschlossen: In den vergangenen 20 Jahren wurden 2200 neue Pflanzen- und Wirbeltierarten entdeckt.

Riesiger CO2-Speicher
Im Amazonas-Gebiet steht ein Drittel des Urwalds der Welt. Der Wald nimmt unterm Strich Kohlendioxid (CO2) auf und gibt Sauerstoff ab. Nach Berechnungen des World Wide Fund for Nature (WWF) speichert der Wald am Amazonas 90 bis 140 Milliarden Tonnen CO2. Abholzen und Brandrodung mindern die Fähigkeiten zur Absorption von CO2.

Wasserspeicher
Der Amazonas-Fluss und seine Zuflüsse enthalten ein Fünftel der nicht gefrorenen Frischwasservorräte der Welt. Der Amazonas ist der breiteste Strom der Welt. Während früher der Nil als der längste Strom der Welt angesehen wurde, zeigten Berechnungen von 2007, dass der Amazonas 6.900 Kilometer lang und damit der längste Strom der Welt ist.

Menschliche Besiedelung
Die menschliche Besiedlung des Amazonas-Gebiets reicht mindestens 11.000 Jahre zurück. Derzeit leben in diesem weiträumigen Gebiet 34 Millionen Menschen, davon zwei Drittel in Städten. Die knapp drei Millionen Ureinwohner gehören 420 verschiedenen Ethnien an, von denen 60 laut Amazonas-Kooperationsrat fast vollständig abgekapselt leben. Es gibt 86 indigene Sprachen und 650 Dialekte. Die größte Ethnie am Amazonas sind die rund 40.000 Tikuna, die in Brasilien, Peru und Kolumbien leben. Der brasilianische Kayapo-Stammeschef Raoni Metuktire setzt sich seit Jahrzehnten weltweit gegen die Abholzung des Regenwaldes und für den Erhalt der Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung ein.

Alarmierdender Schwund
Der Amazonas-Wald schwindet in einem alarmierenden Ausmaß. Innerhalb von 50 Jahren ist laut WWF etwa ein Fünftel des Waldes verloren gegangen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Soja-Bauern und Viehzüchter roden den Wald, um neue Weide- und Anbauflächen zu erschließen. Andere Waldflächen fallen dem Bau von Stauseen mit Wasserkraftwerken, Straßen oder Bergbauunternehmen zum Opfer. Hinzu kommen - wie aktuell - verheerende Waldbrände, die zum Teil mit der Rodung zusammenhängen. Das brasilianische Weltraumforschungsinstitut INPE hat von Jänner bis August dieses Jahres 76.000 Waldbrände gezählt, die meisten im Amazonas-Gebiet. Das bedeutet einen Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. 

Entwaldungsrate unter Präsident Bolsanaro vervierfacht
Seit Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro Anfang 2019 an die Macht gelangte, hat sich die Entwaldungsrate laut INPE vervierfacht. Das Forschungsinstitut nutzt für diese Berechnungen Satellitenaufnahmen. Im Juli fielen der Rodung 2254 Quadratkilometer Amazonas-Wald zum Opfer, eine Zunahme um 278 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Eine Verlockung für die Abholzung des Regenwaldes sind auch die reichen Bodenschätze in diesem Gebiet. Dazu zählen Gold, Kupfer, Eisenerz, Nickel und Mangan.

„Jeder Baum, der verbrennt, ist schlecht“
Klima-Expertin und „Krone“-Kolumnistin Prof. Helga Kromp-Kolb zieht einen Vergleich: „Der Amazonas ist alleine deutlich größer als die Europäische Union.“ Meteorologe Steffen Dietz von UBIMET analysiert die Auswirkungen der aktuellen Brände: „Rußpartikel aus Südamerika gelangen nicht bis zu uns. Sie lösen sich auf. Aber jeder Baum, der verbrennt, ist schlecht - die entwickelten Treibhausgase haben Auswirkungen auf die Erderwärmung und betreffen so über Umwege auch Österreich.“ Die Aktivisten von Greenpeace in Wien legen nach: „Das Ausmaß dieses Infernos sprengt alle Grenzen.“

Militäreinsatz zur Brandbekämpfung im Amazonasgebiet läuft an
Angesichts der verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet setzt die brasilianische Regierung nun Soldaten bei den Löscharbeiten und der Verfolgung von Brandstiftern ein. Der Militäreinsatz begann am Samstag im Bundesstaat Rondonia, wie Verteidigungsminister Fernando Azevedo e Silva mitteilte. Insgesamt stünden in der Region 44.000 Soldaten zur Verfügung. Bisher haben vier Bundesstaaten die Unterstützung der Streitkräfte angefordert.

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