Oper greift nun durch

Ballett-Skandal: „Kinder trauten sich nicht reden“

Wien
11.04.2019 06:00

Modernes Tanzmärchen oder Psycho-Folter für Kinder? Die Wiener Staatsoper greift nach Vorwürfen gegen die hauseigene Ballettschule hart durch. Ein „Krone“-Lokalaugenschein.

Weltruhm. Maria (Name geändert) träumt davon. Permanente Körperspannung, Schweiß, Blut - immer am Limit, all das macht ihr nichts aus. Denn irgendwann will das magere Mädchen auf der großen Ballettbühne stehen. Es ist ein verregneter Mittwochnachmittag. Maria und ihre Tanzkolleginnen reden, das 90-minütige Training der elitären Akademie wird unterbrochen. Die Mädchen fühlen sich „nicht gut genug“ für einen abendlichen Auftritt. „Ich bin froh, dass sie mutig genug waren, es mir zu sagen“, so Direktorin Simona Noja-Nebyla.

„Ich bin betroffen, traurig, böse“
Niemand muss an diesem Abend auf irgendeine Bühne. Zu lange wurde in den Räumen der Staatsoper geschwiegen. Wie berichtet, erschüttern schwere Vorwürfe die Grundmauern des ehrwürdigen Hauses am Ring. Gedrillt, gedemütigt, dressiert, missbraucht! Eine Lehrerin und ein Lehrer wurden gefeuert. Staatsoperndirektor Dominique Meyer hat die Notbremse gezogen: „Ich bin betroffen, traurig und böse.“ Und er räumt ein: „Wir haben zu spät reagiert.“ Eine Sonderkommission ist fix.

Eineinhalb Jahre ist es her, dass die ersten Gerüchte über die anerkannte Ballettlehrerin und ihre eigenwilligen Methoden kursierten. Verwarnungen folgten, Frau Lehrerin hatte sie aber schnell „vergessen“, so Meyer. Die Kinder schwiegen weiter. Noja-Nebyla weiß, warum: „Sie trauten sich nicht reden, sie fürchteten Konsequenzen.“ Und somit das Ende eines Traumes ...

„Sie war streng, aber ...“
Chiara (18) ist seit 2017 Tänzerin im Wiener Staatsballett und Absolventin der renommierten Ballett-Akademie. Mit der „Krone“ sprach sie über ihre Erfahrungen mit der betreffenden Lehrerin während ihres letzten Ausbildungsjahres.

„Krone“: Drill, Gewalt, Missbrauch. Sie gingen durch die Schule jener Lehrerin, die unter Beschuss steht. Welches dieser Schlagworte trifft auf sie zu?
Chiara: Keines davon. Ich hatte die Lehrerin in der Abschlussklasse, mit ihr habe ich am meisten gelernt. Sie war streng, hat viel gefordert, war aber wichtig für meine Entwicklung. Manchmal hat sie keine netten Sachen gesagt. Von Gewalt habe ich nichts gemerkt.

Ab welchem Zeitpunkt müssen Nachwuchs-Balletttänzer „Nein“ sagen?
Ab dem Moment, wo Gewalt angewendet wird. Das habe ich nie erlebt. Ich glaube, man hat ein Gespür für Grenzen. Bei Übergriffen würde ich raten, es sofort zu melden.

Muss man für den Erfolg solche Dinge über sich ergehen lassen?
Der Weg zur Tänzerin ist nicht leicht. Man braucht Dispziplin, muss sich oft zusammenreißen - aber es gibt Grenzen. 

Die gefeuerte Tanzlehrerin
Sie galt als klassische Ballett-Choreografin schlechthin, genoss internationalen Ruhm. Die in Russland geborene Tanzmeisterin brillierte mit ihren eigenen Choreografien - jahrelang. Nach ihrem Engagement bei der Ballettakademie „La Scala“ in Mailand zog es die Mitte-60-Jährige nach Österreich, genauer gesagt an die Ballettakademie der Wiener Staatsoper, von der sie jetzt nach mehreren Verwarnungen schlussendlich verwiesen wurde.

Brutalität, Gewalt und Autoritätsmissbrauch sollen an der Tagesordnung gestanden sein, Insidern zufolge schon damals in Mailand ...

Sandra Ramsauer, Kronen Zeitung

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