Geschlechtergerecht kam auch Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) in der Swingerclub-Causa zum Handkuss: "Der Mailath swingt, die Brauner lacht - wenn das ist Kunst - dann gute Nacht!" Und auch SP-Bürgermeister Michael Häupl blieb nicht verschont von der freiheitlichen Poesie: "Während alte Leute frieren, lässt Häupl schwitzend kopulieren."
"Orgien und Gruppensex, der Wiener Steuerzahler peckt's"
Anlass der ungewohnten Aussendung unter dem lyrischen Titel "Orgien und Gruppensex, der Wiener Steuerzahler peckt's" war die launige Diskussion am Freitag im Wiener Gemeinderat zur Swinger-Thematik, die von der FPÖ in der Fragestunde und mit einer Dringlichen Anfrage initiiert wurde.
Während die SPÖ dabei vornehmlich der Freiheit der Kunst die Stange hielt, wies FPÖ-Mandatar Gerald Ebinger den Vorwurf von sich, die Aktion des Schweizer Künstlers Christoph Büchel werde nur von den Freiheitlichen als Skandal gesehen: "Es sind nicht nur wir, die sabbern wie ein Pawlowscher Hund."
"Das, was nicht verboten ist in dieser Stadt, ist erlaubt"
Mailath-Pokorny wiederum bezichtigte die FPÖ, als "Werbeagentur für diesen Skandal" zu agieren: "Und angesichts der schnellen Wortwahl wie 'Gang-Bang' muss hier ein einschlägiges Wissen vorhanden sein." Dabei gelte abermals zu betonen: "Dieser Teil der Ausstellung erhält kein öffentliches Geld." Insofern sei eine etwaige - von der FPÖ geforderte - Rückforderung logischerweise auch nicht möglich.
Man solle in der Debatte eine größere Gelassenheit an den Tag legen, hielt Mailath-Pokorny einer offenen, liberalen Kulturmetropole die Stange, zumal Zensur ein Kennzeichen totalitärer Regime sei: "Was Kunst ist, definiert sicher nicht die Politik." Insofern gelte für Wien: "Das, was nicht verboten ist in dieser Stadt, ist erlaubt."
Ehrwürdige Kunsteinrichtung als "Tempel der Lust"
Ebinger hingegen meinte, wenn Mailath-Pokorny die Swingerclub-Idee für derart lukrativ halte, sollte man doch derartige Sexlokale in mehreren Wiener Kulturinstitutionen einrichten. "Das wäre eine wunderbare Einnahmequelle für ihre kränkelnden Museen", so der freiheitliche Mandatar, der dem Kulturstadtrat Präpotenz vorwarf. Weiters kritisierte die FPÖ die "erotischen Turnübungen" und den Umstand, dass eine ehrwürdige Kunsteinrichtung "in einen Tempel der Lust (inklusive Sadomaso-Kammer)" umgewandelt werde.
Der grüne Gemeinderat Marco Schreuder amüsierte sich über die Aufregung im Gemeinderat - zumal genau dies der Künstler beabsichtigt habe: "Ich finde es schön, dass wir hier für mehrere Stunden Teil eines Kunstprojekts sind." Schreuder schlug eine gemeinsame Fact-Finding-Mission der Rathausfraktionen in den Swingerclub vor, um sich vor Ort eingehend zu informieren.
Beethovenfries bei Tag, Gruppensex bei Nacht
Auslöser der Aufregung ist die seit vergangenem Wochenende laufende Ausstellung von Christoph Büchel in der Secession: Der Schweizer Künstler bespielt das Untergeschoß der Secession mit einem echten Swingerclub. Tagsüber werden jene Besucher, die sich für das dortige Beethovenfries interessieren, durch die leeren Räumlichkeiten geschickt, in der Nacht läuft im "Element6" Normalbetrieb.
Die mediale und politische Erregung ist dabei durchaus intendiert: Büchel spiele damit auf jenen Aufruhr an, den Gustav Klimt einst mit seinem Beethovenfries ausgelöst hatte, erläuterte Secessions-Pressesprecherin Urte Schmitt-Ulms. Die Installierung eines Swingerclubs in den Räumlichkeiten der Secession sei der damaligen Situation ähnlich.
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