Robert K. vor Gericht

Hadishats Mutter: „Will, dass er Wahrheit sagt“

Wien
08.12.2018 06:00

Es gibt nichts Schlimmeres, als das eigene Kind zu verlieren. Zerema G. hat diese Tragödie erlebt. Am 11. Mai wurde ihre geliebte Tochter Hadishat (7) von einem Nachbarsbuben getötet. Kurz vor dem Prozess gegen den mutmaßlichen Täter spricht nun die verzweifelte Mutter in der „Krone“.

Sie wirkt müde, verloren - und unendlich traurig. Zarema G., Hadishats Mutter. „Wäre meine Tochter an einer Krankheit oder bei einem Unfall gestorben“, schluchzt sie, „würde ich es schaffen, mich mit ihrem Tod abzufinden. Aber zu wissen, dass sie ermordet wurde - damit werde ich nicht fertig.“

„Ich höre sie schreien: ,Mami, hilf mir!
Denn ständig sind sie da, die Gedanken daran, „welch entsetzliche Qualen Hadishat erleiden musste. Diese Angst, diese Schmerzen. Ich sehe dann in meiner Fantasie ihr Gesicht vor mir, Tränen, die aus ihren Augen laufen, ich höre, wie sie nach mir schreit: ,Mami, hilf mir!‘ Und ständig frage ich mich: Warum habe ich nichts gespürt, damals?“

Am 11. Mai - als das Mädchen „kurz zum Spielen in den Hof gegangen“ war, „und ich dachte, meine Kleine wäre dort in Sicherheit.“ Dass Robert K., „dieser unauffällige Nachbarsbub, dazu fähig sein könnte, Hadishat Böses anzutun, hätte ich niemals geglaubt“, vor der Tragödie, „die alles zerstört hat“. Ihr Leben, das ihrer anderen fünf Kinder: „Die beiden Kleinsten ahnen bis heute nichts von dem Verbrechen, ich habe ihnen erzählt, ihre Schwester sei mit ihrem Papa auf einer langen Reise.“ Der Vater - als die Tat geschah, verbüßte er wegen eines Schlepperdelikts in Italien eine Haftstrafe, den nächsten Freigang nutzte er für eine Flucht. Angeblich nach Tschetschenien, in sein Heimatdorf - wo Hadishat begraben wurde.

Vater tauchte unter
Frau G., wo befindet sich Ihr Mann jetzt? „Er ruft mich nicht an, ich bekomme keine Nachrichten von ihm, auch nicht auf anderen Wegen. Er ist einfach spurlos verschwunden. Dabei würde ich ihn doch so sehr brauchen.“ Verwandte des „Vermissten“ sollen Robert K. und dessen Familie Blutrache geschworen haben. „Das stimmt nicht. Wir halten uns an die österreichischen Gesetze. Wir wollen keine Rache, bloß Gerechtigkeit.“

Zarema G. und ihr ältester Sohn Rustam (17) werden beim Prozess gegen den Gymnasiasten am 19. Dezember - Hadishat wäre an diesem Tag acht Jahre alt geworden - dabei sein. „Wir fürchten uns davor, mit Robert in einem Raum zu sein, ihn ansehen zu müssen. Aber wir sind es Hadishat schuldig, dass wir uns dieser Aufgabe stellen. Und uns selbst auch.“

„Ich will, dass er endlich die Wahrheit sagt“
Denn vielleicht - so die Hoffnung der 35-Jährigen - bringe die Konfrontation „mit dem Peiniger meiner Tochter ja eine Art Abschluss“. Nachsatz: „Wenn der Bursch endlich die Wahrheit erzählt.“ Trotz eindeutiger Ermittlungsergebnisse - die Frau bleibt davon überzeugt, „dass Robert Mitwisser hatte, er von seinen Eltern gedeckt wurde“, sie ihm möglicherweise sogar dabei geholfen hätten, die Leiche des kleinen Mädchens zu verstecken. Im Ditteshof.

Monatelang lebten Zarema G. und ihre Kinder nach dem Drama noch in dem Gemeindebau, „ein unerträglicher Zustand. Dauernd musste ich an der Stiege, in der Hadishat umgebracht wurde, vorbeigehen - und an dem Müllcontainer, in dem ihre Leiche gefunden wurde.“

„Am Abend darf ich um sie weinen“
Nun, in ihrer neuen Wohnung - weit weg von Wien-Döbling -, stehen in ihrem Schlafzimmer drei große Kisten. Kleider ihrer toten Tochter, Schulhefte. Stofftiere und Puppen, die dem Mädchen einst gehörten, sind darin verstaut. „Abends, wenn ich alleine bin, ich mich endlich fallenlassen darf, packe ich ein paar der Sachen aus und nehme sie zu mir mit ins Bett. Ich spüre Hadishat dann ganz nah bei mir - und weine mich in den Schlaf.“ Und manchmal, „in besonderen Nächten, träume ich von ihr. Dass sie auf meinem Schoß sitzt, mir Bussis gibt, wir miteinander reden und lachen. So wie früher ...“

Die Gräueltat eines braven Gymnasiasten
Bis zu seinem Verbrechen galt Robert K. als „unauffällig“. Nach seiner Verhaftung sagte er, dass er Hadishat getötet habe, weil ihm „fremde Stimmen“ den Auftrag dazu gegeben hätten: „Und weil ich wissen wollte, wie es ist, einen Menschen zu killen.“ Laut Gerichtspsychiater Peter Hofmann war der 16-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig - erst danach sei er schizophren geworden. Mit Spannung wird nun eine weitere Sachverständigenexpertise zum Geisteszustand des mutmaßlichen Täters erwartet. Aber egal, wie sie ausfällt - er wird vermutlich sein restliches Leben hinter Gittern bleiben.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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