Überflieger

“Up in the Air”: George Clooney als Flugmeilenjäger

(Bild: Paramount Pictures)

In "Up in the Air", einer ironischen Parabel auf die Hetze unserer Zeit und ihr modernes Business-Nomadenleben, spielt Hollywood-Star George Clooney einen zynischen Flugmeilenjäger, der in Herzensdingen auf der Strecke bleibt.

Ja, es gibt sie, die manisch-unsteten Flugmeilensammler, die berufsbedingt mehr Zeit über den Wolken zubringen als auf Mutter Erde, und damit sind nicht einmal Piloten oder begleitendes Flugpersonal gemeint. Solche Menschen fliegen stets dem eigenen Jetlag davon und wissen an manchen Morgen nicht so recht, in welcher Stadt sie gerade aufwachen. Die Flughafen-Club-Lounges sind ihr Zuhause, wo sie für Stunden einen Hafen in ihrem bewegten Leben finden.

Ryan Bingham ist so ein Super-Frequent-Flyer, ein passionierter Vielflieger also, der mehr Zeit in der Luft als auf dem Boden verbringt. Ihn macht Jason Reitman, der für seine ironische Bissigkeit hofierte Regisseur - denken wir nur an "Thank you for Smoking" - zum smarten Überflieger in seiner nachdenklich gefärbten Comedy "Up in the Air". Dass ausgerechnet die charmante Silberschläfe George Clooney den Part des attraktiven Luftikus übernahm, ist ein Besetzungs-Coup der Sonderklasse. Er spielt die verlängerte Hand im Management großer Firmen, die ihn als Mann fürs Grobe, in Sachen beinharter Personal-Einsparungsmaßnahmen, losschicken. Ein Job, der Ryan Bingham keine Sympathie einbringt, sät er doch Verzweiflung, Wut und Ohnmacht. Allein - seine rhetorische Brillanz ist seine Rüstung.

Langstreckenqualität als Liebhaber
In einer Hotellobby wird er auf eine Gleichgesinnte treffen, Alex - Vera Farmiga -, ebenfalls im Management tätig und auch mehr unterwegs als zu Hause. Ihr Flirt entzündet sich am Spiel mit ihren Mitgliedskarten. Bei American Airlines steht Ryan, der in den letzten zwölf Monaten 322 Tage auf Reisen in den USA verbracht hat, knapp vor der Zehn-Millionen-Meilen-Schallmauer. Kein Wunder, dass Alex seine Langstreckenqualitäten als Liebhaber noch in derselben Nacht testen will. Doch nur für Stunden verleiht ihm die unerwartete Nähe süße Schwerkraft...

Grenzenlose Einsamkeit über den Wolken
Bald wird Ryan eine andere Frau Kopfzerbrechen bereiten. Und diesmal ist er es, der um seinen Job fürchten muss. Denn eine gewisse Natalie Keener - Anna Kendrick ("Twilight", "New Moon") -, die neue Office-Frontfrau und Harvard-Absolventin, hat einen Weg gefunden, wie man Leute via Internetkonferenzschaltung feuern kann. Freistellungen dieser Art verursachen null Reisespesen. Eine veritable Katastrophe für den notorischen Flugmeilenjäger Ryan. Wo soll er hin, wenn nicht in die First- oder Business-Class? Für Momente beginnt der gehetzte Zyniker, dem Sesshaftigkeit immer fremd war, gar an die Magie der Zweisamkeit zu glauben - mit Alex, die er gar auf eine familiäre Hochzeit mitnimmt. Bis, ja bis er wieder abhebt, um irgendwann frustriert festzustellen, dass die selbst gewählte Einsamkeit über den Wolken grenzenlos sein kann.

Kennt George Clooney so etwas wie Flugangst? "Das hängt ganz vom begleitenden Flugpersonal ab!" Wie bitte? Clooney: "In jungen Jahren bin ich einmal mit der Aeroflot geflogen. Die Stewardessen erweckten von der Statur her alle den Anschein, als könne sie kein Turbinenlüftchen umblasen. Ich hab mich dann den ganzen Flug über nicht aufs Klo getraut." Wie übersteht der Macho-Gentleman Langstrecken am besten? Clooney: "Zwei Drinks, eine Pille, eine Schlafbrille, ein Kaschmirplaid." Würde ihn gar ein Flug auf den Mond reizen? Clooney: "Nicht, solange man dort nicht ordentlich Basketball spielen kann!"

von Christina Krisch, Kronen Zeitung