Unruhe im Königshaus

Bringen Rivalen Saudi-Kronprinz zu Fall?

Ausland
21.11.2018 08:12

Inmitten des Aufruhrs rund um die Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi wächst im saudischen Königshaus offenbar der Widerstand gegen Kronprinz Mohammed bin Salman. Mehrere Mitglieder des Hauses Al-Saud würden Vorbereitungen treffen, um zu verhindern, dass der Kronprinz König werde, sagten drei Insider aus dem Umfeld des Königshauses.

Dutzende Prinzen und Cousins aus mächtigen Zweigen der Familie Al-Saud seien für eine Änderung der Thronfolge. Sie würden aber nicht handeln, solange König Salman - der 82 Jahre alte Vater des Kronprinzen - noch am Leben ist. Ihnen ist klar, dass Salman sich kaum gegen seinen Lieblingssohn stellen würde, hieß es.

Stattdessen berieten sie mit anderen Familienmitgliedern über die Möglichkeit, dass nach dem Tod des Königs dessen jüngerer Bruder, Prinz Ahmed bin Abdulaziz, den Thron übernehmen könnte. Der 76-Jährige war fast 40 Jahre lang stellvertretender Innenminister und ist Salmans einziger noch lebender Bruder. Er hätte die Unterstützung der Familie, des Sicherheitsapparates und einiger westlicher Länder, sagte ein saudischer Insider. Der US-Geheimdienst CIA hält Kronprinz Mohammed nach Angaben aus US-Regierungskreisen für den Auftraggeber des Mordes an Khashoggi. Die saudische Staatsanwaltschaft weist diesen Vorwurf zurück.

Abneigung gegen den Kronprinzen?
Prinz Ahmed war im Oktober nach einem zweieinhalbmonatigen Auslandsaufenthalt in die saudische Hauptstadt Riad zurückgekehrt. Während seiner Reise schien er die saudische Führung zu kritisieren, als er in London auf Demonstranten einging, die den Sturz des Hauses Al-Saud forderten. Prinz Ahmed sei zudem eines von nur drei Mitgliedern des Familienrates gewesen, die 2017 die Ernennung Mohammed Bin Salmans zum Kronprinzen ablehnten, berichteten zwei Insider damals.

Königstitel geht an den „Geeignetsten“
Zum Haus Al-Saud zählen Hunderte Prinzen. Im Gegensatz zu traditionellen europäischen Monarchien geht der Königstitel hier aber nicht automatisch vom Vater auf den ältesten Sohn über. Stattdessen schreiben die Stammestraditionen vor, dass der König und hochrangige Mitglieder jedes Familienzweiges denjenigen als Nachfolger auswählen, der ihnen am besten geeignet erscheint. Stirbt der König oder kann er die Herrschaft nicht länger ausüben, würde demnach der 34-köpfige Familienrat, in dem alle Zweige des Königshauses vertreten sind, über die Nachfolge entscheiden.

USA dürften Prinz Ahmed unterstützen
Hochrangige US-Vertreter hätten in den vergangenen Wochen angedeutet, dass sie Prinz Ahmed als potenziellen Nachfolger Salmans unterstützen würden, sagten saudische Insider. Sie zeigten sich zugleich zuversichtlich, dass Prinz Ahmed keine der sozialen oder wirtschaftlichen Reformen Mohammed Bin Salmans rückgängig machen und bestehende Rüstungsverträge einhalten würde.

Das Verhältnis einiger US-Vertreter zu Mohammed Bin Salman sei zuletzt nicht nur wegen dessen mutmaßlicher Rolle bei der Ermordung Khashoggis abgekühlt, sagten die Insider. Die USA seien auch verärgert, weil der Kronprinz das Verteidigungsministerium in Riad angewiesen habe, Rüstungslieferungen aus Russland als Alternative zu Geschäften mit den USA zu prüfen.

Allerdings haben US-Präsident Donald Trump und sein Schwiegersohn und Berater Jared Kushner eine enge persönliche Beziehung zum Kronprinzen aufgebaut. Mohammed Bin Salman habe das Gefühl, dass er noch immer auf ihre Unterstützung zählen könne, erklärte ein saudischer Insider. Der Fall Khashoggi könnte die Beziehung aber ins Wanken bringen.

Haus Al-Saud gilt insgesamt als geschwächt
Der Aufruhr über den Mord an dem Journalisten hat den Druck auf das saudische Königshaus erhöht, wo der rasante Aufstieg des 33-jährigen Mohammed Bin Salman ohnehin umstritten ist. Der Kronprinz hat sich mit Reformen wie dem Ende des Fahrverbotes für Frauen und der Zulassung von Kinos in dem konservativen Land Popularität verschafft. Zugleich ging er jedoch hart gegen Oppositionelle und Gegner in der eigenen Familie vor und trieb den teuren Krieg im Jemen voran. Das Haus Al-Saud gilt daher insgesamt als geschwächt.

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