Wiener vor Gericht

Amoklauf geplant: Freispruch wegen „Gesetzeslücke“

Wien
22.10.2018 15:51

Das Entsetzen, das bei Amokläufen in Schulen durch die ganze Welt geht, löst bei ihm eher wohlige Schauer aus. Seine Fantasien machen sprachlos. Weil durchaus der Verdacht bestand, dass der 19-jährige Wiener auch auf diese morbide Art „berühmt“ werden wollte, saß er vor Gericht. Und wurde - freigesprochen!

Er ist all das, was man von Amokläufern so oft im Nachhinein weiß: ruhig, introvertiert, eher Einzelgänger, spielt gerne Video-Gewaltspiele, hat psychische Probleme. Der Gerichtsgutachter hält das Gesamtbild für „durchaus gefährlich“ und hätte den Schüler gerne bedingt eingewiesen.

Tagebucheinträge alleine reichen nicht
Grund genug gibt es, geht es nach dem Bauchgefühl wohl aller im Gerichtssaal Anwesenden. Doch nach dem Buchstaben des Gesetzes sind Tagebucheinträge - nichts! „Heute Amoklauf in Florida. Starke Leistung. 17 Bastarde weniger auf der Welt. Wie gerne würde ich das auch machen“ oder „Ich würde die Eingänge der Schule in Brand setzen, damit keiner rauskann. Und dann einen nach dem anderen erschießen“ oder „Ich will auch so großen Einfluss auf die Geschichte haben wie Hitler“ - nichts! Auch das kurzfristige Posten eines Fotos aus der Klasse, auf dem die Lehrerin und einige Schüler mit Kreuzen markiert sind - nichts!

Symbolbild (Bild: stock.adobe.com)
Symbolbild

Kein Landzwang, keine Drohung
Mitschüler hatten Klassenvorstand und Direktion alarmiert, diese ließ die Schule räumen. Allerdings während des Nachmittagsunterrichts. Für den angeklagten Landzwang müssten aber rund 800 Menschen in Furcht und Unruhe versetzt werden - es waren „nur“ 200 Schüler. Und eine gefährliche Drohung muss absichtlich und zielgerichtet sein, Tagebucheinträge reichen da für eine Verurteilung nicht aus.

„Zwei Herzen“ wohnen in seiner Brust, so ein sichtlich nachdenklicher Richter: „Ich bin überzeugt, dass der Angeklagte nicht ganz ungefährlich ist, wenn man ihn nicht behandelt.“ Weisungen zur Therapie kann er ihm allerdings keine erteilen, dazu bräuchte es ein Urteil. Das er nicht fällen kann, wenn es das Gesetz nicht hergibt ...

Kronen Zeitung

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