"Punktlandung"

Schmied irritiert mit Verzicht auf 120 Budget-Millionen

Österreich
08.01.2010 08:27
SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied ist "stolz auf eine Punktlandung", Koalitionspartner ÖVP sieht eine "fatale Optik": Das Bildungsministerium hat im vergangenen Jahr auf 120 zusätzliche Millionen für sein Budget verzichtet, wie jetzt bekannt wurde. Dabei geht es um die von Schmied zur Budgetentlastung geforderte Stundung der Schulmieten. Die Zahlungsverschiebung war ein zentrales Element bei der Beilegung des "Zwei-Stunden-Streits" mit den Lehrern.

Dem Ministerium standen 2009 Budgetmittel in der Höhe von 7,2 Milliarden Euro zur Verfügung, rund 400 Millionen mehr als im Jahr davor. Weil Schmied für geplante Reformen (Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, Schulversuche zur Gesamtschule, Ausweitung der Nachmittagsbetreuung) mehr Geld braucht, hatte sie für 2009 und 2010 eine Stundung der Mieten für die Schulgebäude ausverhandelt (120 Millionen je Jahr). Ab 2011 hätte dieses Geld aber vermutlich zurückgezahlt werden müssen.

Die Mieten-Stundung war zugleich Kernstück des Kompromisses, den Schmied und die Lehrergewerkschaft erzielt hatten, nachdem die Ministerin davor die Lehrverpflichtung in den Klassen um zwei Stunden erhöhen hatte wollen, um ihr Budget im Lot zu halten. 

Millionen durch Lehrer-Altersteilzeit eingespart
Sie sei sehr froh, eine Punktlandung (in Bezug auf die Budgetmittel, Anm.) geschafft zu haben, erklärte die Ressortchefin am Freitag am Rande der SPÖ-Präsidiumsklausur in Bad Tatzmannsdorf. Der Verzicht sei möglich geworden, weil sich die Kosten für die Lehrer durch ein Altersteilzeitmodell günstiger entwickelt hätten als erwartet.

Im kommenden Jahr werde Schmied dieses Kunststück nach eigener Einschätzung aber nicht gelingen. Sie gehe davon aus, dass 2010 die Stundung mit einem Volumen von 120 Millionen Euro zur Gänze in Anspruch genommen werden müsse, so Schmied. 

Kritik der ÖVP, dass sie sich in ihrem Budget verschätzt habe, wies die Ministerin zurück. Es sei nicht einfach gewesen, mit einem Budget von immerhin 7,2 Milliarden Euro exakt auszukommen. Langfristig sei es für ihren Budgetrahmen wichtig gewesen, ohne die Stundung über die Runden zu kommen. Klar ist für Schmied, dass sie im nächsten Budget mehr Geld als bisher bekommen müsse. Auf Fragen, wie viel sie nun exakt von Finanzminister Josef Pröll herausschlagen will, ließ sich die Unterrichtsministerin nicht ein.

Amon: "Um 2.600 Lehrer verschätzt"
Wenn man daran denke, dass ein Pädagoge pro Schuljahr 45.000 Euro koste, habe sich Schmied in ihren Budgetplanungen um "2.600 Lehrer verschätzt", rechnete indes ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon im vor: "Die Optik ist fatal." Bisher habe Schmied bei jedem ihrer Projekte sofort nach dem Finanzminister gerufen und nun zahle sie 120 Millionen "locker weg": "Das passt nicht zusammen."

Auch würden sich nun jene Schulstandorte, die geschlossen werden mussten, bei der Ministerin "herzlich bedanken", wenn diese die 120 Millionen eingespart habe. Gebraucht hätte man dazu noch zusätzliche Lehrer, beispielsweise für einen ausgebauten Integrationsunterricht. Böses schwant dem Bildungssprecher nun, was die ohnehin sensiblen Verhandlungen mit der Gewerkschaft über ein neues Lehrerdienstrecht angeht. Wenn Schmied im Frühling fast schon panisch auf der Erhöhung der Lehrverpflichtung beharrt habe und sich jetzt herausstelle, dass sie das Geld gar nicht benötigt hätte, sei das nicht dazu angetan, vertrauensbildend zu wirken.

Wären Rückzahlungen gar nicht fällig geworden?
Ob sich die Ministerin nun verrechnet hat oder nur einfach eine höhere Lehrverpflichtung erzwingen wolle, möchte Amon nicht einschätzen: "Ich will weder an einen Rechenfehler glauben noch an böse Absicht." Dass er eigentlich froh sein könnte, dass sich das Bildungsressort jetzt nicht verschulden muss, sieht Amon nicht so. Denn die Mieten seien nun einmal für zwei Jahre gestundet worden und damit hätte man sich in die nächsten Budgetverhandlungen gerettet. Ob das Bildungsministerium das Geld wirklich zurückzahlen hätte müssen, sei alles andere als sicher, meinte Amon.

Lehrer-Gewerkschafter "sprachlos und wütend"
"Schon arg" ist für den Chef der ARGE Lehrer in der GÖD, Walter Riegler, der Verzicht auf die Stundung der Schulmieten. "Wenn Budget so betrieben wird, braucht sich niemand mehr hinstellen und sagen, ich brauche einen Beitrag der Lehrer", so Riegler. Für ihn stelle sich die Frage, welchen Zahlen die Gewerkschaft bei künftigen Verhandlungen noch trauen könne. Auch die Vorsitzende der AHS-Lehrergewerkschaft, Eva Scholik, ist "einigermaßen sprachlos und wütend, wie hier mit Zahlen umgegangen wird". Man müsse nun "vieles infrage stellen, dem wir zugestimmt haben" - als Beispiele nannte Scholik die vereinbarten zusätzlichen Supplierstunden und die Kürzung der Prüfungsgebühren.

Bei den Verhandlungen sei am Schluss um jede Million gestritten worden, so Riegler - "und jetzt haben wir auf einmal 120 Mio. Euro Schwankungsbreite". Die offenbar erzielten Einsparungen hätten Schmied bereits mit Beginn des Schuljahrs bekannt sein müssen und besser dazu verwendet werden können, die Reduktion der Klassenschülerhöchstzahlen in allen Klassen zu erreichen. Für Scholik sind das "Vertrauen und die Glaubwürdigkeit der Ministerin tief gestört". Bei künftigen Verhandlungen müsse man "noch mehr hinterfragen, was sie für Vorstellungen hat".

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