Die „Krone“ in Mati

Wie das Urlaubsparadies zur Aschehölle wurde

Ausland
26.07.2018 19:19

Der Rauchgeruch schmerzt in den Augen, er beißt sich in die Lungen. Er schwebt über Mati, und immer wieder brechen neue Brände aus. Lokalaugenschein der „Krone“ im Küstenort, der in einem Albtraum versinkt.

Joannhi Lamatonos ist 62 Jahre alt, geboren in Mati und immer hier geblieben. Mit 16 begann er bei der Feuerwehr zu arbeiten, 2002 wurde er zum Kommandanten befördert. Jetzt steht er in einem halb verkohlten Gebäude am Rande des Dorfs, dort, wo bis vor Kurzem seine Einsatzwagen postiert waren. Freiwillige Helfer, hauptsächlich Studenten aus Athen, bringen ihm Listen mit Namen von Menschen, die in einem der vielen Notlager rund um den Katastrophenort untergebracht sind.

„Bei jeder neuen Meldung“, schluchzt Joannhi, „beginne ich zu weinen. Vor Erleichterung.“ Der Grieche hat bei dem verheerenden Brand am vergangenen Montag Freunde, „die ich von Kindheit an kannte“, verloren, „und ich konnte ihnen nicht helfen“. Sein eigenes Haus, oben auf einem Hügel, war eines der ersten, die unter Feuer standen: „Meine Frau und meine zwei Töchter schafften in letzter Sekunde die Flucht, mit nicht mehr als dem Gewand, das sie am Körper trugen.“ Einer seiner beiden geliebten Hunde - tot, der andere liegt schwer verletzt neben ihm: „Ich spüre, auch er wird bald sterben.“ Ein junger Mann kommt zu Joannhi, fragt, ob seine Tante gefunden wurde. „Nein, es tut mir so leid.“

500 Meter von der Feuerwehrstation entfernt haben Dutzende Familien in einem Ferienresort, in dem vor einer Woche noch Österreicher Urlaub machten, Quartier bezogen. Bis zu acht Personen wohnen da nun in 26 Quadratmeter großen Bungalows. „Wir sind froh, dass wir ein Dach über dem Kopf haben“, sagt Elena Psirakis und zeigt auf ihrem Handy Fotos auf von Trümmern, die einmal ihr Zuhause waren. Die Villa, in der sie aufgewachsen ist, in der sie bis zuletzt mit ihren Eltern, ihrem Ehemann und ihren Kindern gelebt hat, ist dem Erdboden gleichgemacht. Genauso wie die ihres Bruders: „Wir halten fest zusammen. Und wir werden es schaffen, von vorne zu beginnen.“

Irgendwo anders: „In Mati gibt es für uns keine Zukunft mehr. Denn wer soll den Wiederaufbau bezahlen?“ Das Vertrauen in die Regierung: gering. Und Versicherungen bezahlen bei Naturkatastrophen nichts: „Selbst wenn das Feuer gelegt wurde, war ein Orkan daran schuld, dass es sich so weit ausbreiten konnte.“

„Botschaft richtete gleich Krisenstab ein“
Unsere Botschafterin in Athen, Mag. Andrea Ikic-Böhm, schildert im Telefon-„Krone“-Gespräch mit unserem Reporter Stefan Steinkogler die aktuelle Lage in Griechenland.

„Krone“: Frau Botschafterin, wie haben Sie von den Bränden erfahren?
Mag. Andrea Ikic-Böhm: Wir haben aus den griechischen Medien und fast zeitgleich aus Informationen, die das griechische Außenministerium aussandte, von den Bränden erfahren.

Welche ersten Schritte setzt man danach als Botschafterin?
Es geht darum, sämtliche verfügbare Informationen einzuholen, um die Lage einschätzen zu können. Die erste Frage lautet dabei: Sind Österreicherinnen oder Österreicher betroffen? Nach aktuellem Informationsstand gibt es derzeit keine Hinweise, wonach Landsleute unter den Opfern wären. An der Botschaft wurde umgehend ein Krisenstab eingerichtet. Als weitere Schritte geht es darum, insbesondere jenen Menschen zu helfen, die sich derzeit mit Wohnsitz oder als Touristen in Griechenland aufhalten. Dies erfolgt über die Homepage der Botschaft sowie soziale Medien. Als wichtigstes Hilfsmittel dient dazu die Registrierung als Auslandsösterreicherin oder Auslandsösterreicher.

Wissen Sie von geschädigten Landsleuten, die verletzt sind oder Hab und Gut verloren haben?
Bedauerlicherweise gibt es solche Fälle, welche die Botschaft persönlich kontaktiert hat, nachdem wir davon gehört hatten.

Wie viele Österreicher sind nun in der Gegend?
Insgesamt sind in Griechenland derzeit ca. 2500 Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher registriert. Zusätzlich gibt es rund 600 Reiseregistrierungen von österreichischen Touristinnen und Touristen. In beiden Gruppen befinden sich einige Menschen, die sich in den betroffenen Gegenden aufhalten könnten. Alle, von denen wir dank deren Registrierung wussten, dass sie sich in der Nähe der betroffenen Gebiete aufhalten könnten, versuchten wir zu kontaktieren. Die meisten konnten wir bislang auch erreichen.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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